Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Der grossen und seligen Winter ihres Naturzustandes von der Sün-de und dem unreinen Wesen derselben, so abscheulich zugerichtet sey, wie alle Bemü- hungen der Gnade an dem bösen Grunde ihres Herzens bißhieher vergeblich gearbei- tet, und wie hart es nun halten werde, den- selben in den Stand der Reinigung und Heiligung zu bringen. Sahe sie das junge Graß so schön hervor wachsen, so demüthig- te sie ein jedes Gräßlein, sie dachte, es sey doch noch zu etwas gut, nämlich dem uns Menschen so nützlichen und nöthigen Viehe zum Futter, aber sie sey so verderbt, daß sie zu nichts gutem mehr tauge. War sie auf einem Acker, und sahe sie die Früchte so schön in Halm und Aehren wachsen, so dachte sie, dieses Geschöpflein erfüllet den Endzweck seines Schöpfers, wächset unter Regen und Taue, Wind und Sonnenschein zu seinem Preise auf, wird zur reifen Frucht, und dienet zum Unterhalt, Segen, Freude und Erquickung der Menschen, aber du hast nun schon so lange, unter häufigen Mitteln der Gnaden, zur Unehre dessen, der dich ge- macht hat, und zur Last und Aergerniß dei- nes Nächsten gelebet, und den Acker der äus- sern Kirche als ein Unkraut beschweret, und daher nichts anders zu erwarten, als das Feuergericht, so auf das Unkraut an dem grossen Erndtetage der Ewigkeit wartet. Sahe
Der groſſen und ſeligen Winter ihres Naturzuſtandes von der Suͤn-de und dem unreinen Weſen derſelben, ſo abſcheulich zugerichtet ſey, wie alle Bemuͤ- hungen der Gnade an dem boͤſen Grunde ihres Herzens bißhieher vergeblich gearbei- tet, und wie hart es nun halten werde, den- ſelben in den Stand der Reinigung und Heiligung zu bringen. Sahe ſie das junge Graß ſo ſchoͤn hervor wachſen, ſo demuͤthig- te ſie ein jedes Graͤßlein, ſie dachte, es ſey doch noch zu etwas gut, naͤmlich dem uns Menſchen ſo nuͤtzlichen und noͤthigen Viehe zum Futter, aber ſie ſey ſo verderbt, daß ſie zu nichts gutem mehr tauge. War ſie auf einem Acker, und ſahe ſie die Fruͤchte ſo ſchoͤn in Halm und Aehren wachſen, ſo dachte ſie, dieſes Geſchoͤpflein erfuͤllet den Endzweck ſeines Schoͤpfers, waͤchſet unter Regen und Taue, Wind und Sonnenſchein zu ſeinem Preiſe auf, wird zur reifen Frucht, und dienet zum Unterhalt, Segen, Freude und Erquickung der Menſchen, aber du haſt nun ſchon ſo lange, unter haͤufigen Mitteln der Gnaden, zur Unehre deſſen, der dich ge- macht hat, und zur Laſt und Aergerniß dei- nes Naͤchſten gelebet, und den Acker der aͤuſ- ſern Kirche als ein Unkraut beſchweret, und daher nichts anders zu erwarten, als das Feuergericht, ſo auf das Unkraut an dem groſſen Erndtetage der Ewigkeit wartet. Sahe
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Der groſſen und ſeligen
Winter ihres Naturzuſtandes von der Suͤn-
de und dem unreinen Weſen derſelben, ſo
abſcheulich zugerichtet ſey, wie alle Bemuͤ-
hungen der Gnade an dem boͤſen Grunde
ihres Herzens bißhieher vergeblich gearbei-
tet, und wie hart es nun halten werde, den-
ſelben in den Stand der Reinigung und
Heiligung zu bringen. Sahe ſie das junge
Graß ſo ſchoͤn hervor wachſen, ſo demuͤthig-
te ſie ein jedes Graͤßlein, ſie dachte, es ſey
doch noch zu etwas gut, naͤmlich dem uns
Menſchen ſo nuͤtzlichen und noͤthigen Viehe
zum Futter, aber ſie ſey ſo verderbt, daß
ſie zu nichts gutem mehr tauge. War ſie
auf einem Acker, und ſahe ſie die Fruͤchte ſo
ſchoͤn in Halm und Aehren wachſen, ſo
dachte ſie, dieſes Geſchoͤpflein erfuͤllet den
Endzweck ſeines Schoͤpfers, waͤchſet unter
Regen und Taue, Wind und Sonnenſchein
zu ſeinem Preiſe auf, wird zur reifen Frucht,
und dienet zum Unterhalt, Segen, Freude
und Erquickung der Menſchen, aber du haſt
nun ſchon ſo lange, unter haͤufigen Mitteln
der Gnaden, zur Unehre deſſen, der dich ge-
macht hat, und zur Laſt und Aergerniß dei-
nes Naͤchſten gelebet, und den Acker der aͤuſ-
ſern Kirche als ein Unkraut beſchweret, und
daher nichts anders zu erwarten, als das
Feuergericht, ſo auf das Unkraut an dem
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