Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.Thaten der Gnade. III. Stück. Heylandes theilhaftig worden, sie machetsich darum auf den Weg, fasset einen redli- chen Entschluß, es zu wagen, es möge ko- sten, was es wolle, man wolle lieber sterben, als ohne JEsum leben. Kommt indessen der Feind, stellt er sich in den Weg, streuet Hindernisse ein, die Seele von dem Suchen und Eilen nach dem Heylande aufzuhalten, giebt er ein, du hast zu lange gewartet, nun kommst du mit denen thörichten Jungfrauen zu spät, die Thüre ist verschlossen, u. d. g. so läßt die Seele sich doch nicht zurücke hal- ten, denn sie siehet nun, daß doch niemand als JEsus helfen könne, und daß er auch zum helfen geneigt seyn müsse, schliesset sie aus seinen eigenen Worten, da er sich er- kläret: Er als der Sohn des Menschen sey kommen, zu suchen, und selig zu machen, das verlohren ist, Luc. 19:10. und daß er selbsten bezeuge: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Da aber der Glaube den Heyland unmöglich finden kann, es sey denn, daß man alle bißhieher betrettene Wege der Sünde, Si- cherheit und geistlicher Trägheit, Welt und Jrdischgesinntheit, der eigenen Gerechtig- keit, Creatur und Eigenliebe verlasse, und sich ganz aufrichtig dem HErrn JEsu über- gebe, so ist nun die Seele, die da siehet, daß ein einiger Augenblick, den man in der Ver- M 3
Thaten der Gnade. III. Stuͤck. Heylandes theilhaftig worden, ſie machetſich darum auf den Weg, faſſet einen redli- chen Entſchluß, es zu wagen, es moͤge ko- ſten, was es wolle, man wolle lieber ſterben, als ohne JEſum leben. Kommt indeſſen der Feind, ſtellt er ſich in den Weg, ſtreuet Hinderniſſe ein, die Seele von dem Suchen und Eilen nach dem Heylande aufzuhalten, giebt er ein, du haſt zu lange gewartet, nun kommſt du mit denen thoͤrichten Jungfrauen zu ſpaͤt, die Thuͤre iſt verſchloſſen, u. d. g. ſo laͤßt die Seele ſich doch nicht zuruͤcke hal- ten, denn ſie ſiehet nun, daß doch niemand als JEſus helfen koͤnne, und daß er auch zum helfen geneigt ſeyn muͤſſe, ſchlieſſet ſie aus ſeinen eigenen Worten, da er ſich er- klaͤret: Er als der Sohn des Menſchen ſey kommen, zu ſuchen, und ſelig zu machen, das verlohren iſt, Luc. 19:10. und daß er ſelbſten bezeuge: Die Starken beduͤrfen des Arztes nicht, ſondern die Kranken. Da aber der Glaube den Heyland unmoͤglich finden kann, es ſey denn, daß man alle bißhieher betrettene Wege der Suͤnde, Si- cherheit und geiſtlicher Traͤgheit, Welt und Jrdiſchgeſinntheit, der eigenen Gerechtig- keit, Creatur und Eigenliebe verlaſſe, und ſich ganz aufrichtig dem HErrn JEſu uͤber- gebe, ſo iſt nun die Seele, die da ſiehet, daß ein einiger Augenblick, den man in der Ver- M 3
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
Heylandes theilhaftig worden, ſie machet
ſich darum auf den Weg, faſſet einen redli-
chen Entſchluß, es zu wagen, es moͤge ko-
ſten, was es wolle, man wolle lieber ſterben,
als ohne JEſum leben. Kommt indeſſen
der Feind, ſtellt er ſich in den Weg, ſtreuet
Hinderniſſe ein, die Seele von dem Suchen
und Eilen nach dem Heylande aufzuhalten,
giebt er ein, du haſt zu lange gewartet, nun
kommſt du mit denen thoͤrichten Jungfrauen
zu ſpaͤt, die Thuͤre iſt verſchloſſen, u. d. g.
ſo laͤßt die Seele ſich doch nicht zuruͤcke hal-
ten, denn ſie ſiehet nun, daß doch niemand
als JEſus helfen koͤnne, und daß er auch
zum helfen geneigt ſeyn muͤſſe, ſchlieſſet ſie
aus ſeinen eigenen Worten, da er ſich er-
klaͤret: Er als der Sohn des Menſchen ſey
kommen, zu ſuchen, und ſelig zu machen,
das verlohren iſt, Luc. 19:10. und daß er
ſelbſten bezeuge: Die Starken beduͤrfen des
Arztes nicht, ſondern die Kranken. Da
aber der Glaube den Heyland unmoͤglich
finden kann, es ſey denn, daß man alle
bißhieher betrettene Wege der Suͤnde, Si-
cherheit und geiſtlicher Traͤgheit, Welt und
Jrdiſchgeſinntheit, der eigenen Gerechtig-
keit, Creatur und Eigenliebe verlaſſe, und
ſich ganz aufrichtig dem HErrn JEſu uͤber-
gebe, ſo iſt nun die Seele, die da ſiehet, daß
ein einiger Augenblick, den man in der
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