get, und so ausserordentlich von ihrer Se- ligkeit versichert worden, so darf ich mit eben dem Rechte hoffen, noch an dem Ende meiner Tage Gnade zu finden, wenn ich mich zuvor schon nicht mit so vieler Mühe um meine Seligkeit gräme und schleppe.
Es ist daher nöthig, jedermann zu war- nen, daß man sich doch nicht verleiten lasse, auf dieses Exempel der Gnade hin sich muth- willig zu versündigen, sondern vielmehr de- nen ersten Aufforderungen JEsu zu folgen, und getreu zu seyn. ... Merke dar- um, o Seele! diese Person ist von ihrer Todeskrankheit nicht in ihrer völligen Si- cherheit überfallen worden, sondern die Gna- de hatte schon lange zuvor ihre Bemühun- gen an sie gewendet, sie aufgeweckt, und gezogen. Freylich hat die Macht des Ver- derbens sie von dem völligen Durchbruche aufgehalten, ja sie wieder in den Koth ge- worfen, es bliebe aber doch (wie aus dem vorhergehenden erhellet) ein Fünklein in dem Herze übrig, welches durch den letzten gewaltigen Schlag leicht hat aufgeweckt, und angeblasen werden können. Zu dem ist sie die Untreue, die sie gegen die herzli- chen Bemühungen der vorbereitenden Gna- de erzeiget, theuer genug zu stehen kommen, da sie in einem recht blutigen Kampf und in den heftigsten Schmerzen dasjenige wieder-
suchen
Q 4
Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
get, und ſo auſſerordentlich von ihrer Se- ligkeit verſichert worden, ſo darf ich mit eben dem Rechte hoffen, noch an dem Ende meiner Tage Gnade zu finden, wenn ich mich zuvor ſchon nicht mit ſo vieler Muͤhe um meine Seligkeit graͤme und ſchleppe.
Es iſt daher noͤthig, jedermann zu war- nen, daß man ſich doch nicht verleiten laſſe, auf dieſes Exempel der Gnade hin ſich muth- willig zu verſuͤndigen, ſondern vielmehr de- nen erſten Aufforderungen JEſu zu folgen, und getreu zu ſeyn. ... Merke dar- um, o Seele! dieſe Perſon iſt von ihrer Todeskrankheit nicht in ihrer voͤlligen Si- cherheit uͤberfallen worden, ſondern die Gna- de hatte ſchon lange zuvor ihre Bemuͤhun- gen an ſie gewendet, ſie aufgeweckt, und gezogen. Freylich hat die Macht des Ver- derbens ſie von dem voͤlligen Durchbruche aufgehalten, ja ſie wieder in den Koth ge- worfen, es bliebe aber doch (wie aus dem vorhergehenden erhellet) ein Fuͤnklein in dem Herze uͤbrig, welches durch den letzten gewaltigen Schlag leicht hat aufgeweckt, und angeblaſen werden koͤnnen. Zu dem iſt ſie die Untreue, die ſie gegen die herzli- chen Bemuͤhungen der vorbereitenden Gna- de erzeiget, theuer genug zu ſtehen kommen, da ſie in einem recht blutigen Kampf und in den heftigſten Schmerzen dasjenige wieder-
ſuchen
Q 4
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
get, und ſo auſſerordentlich von ihrer Se-
ligkeit verſichert worden, ſo darf ich mit
eben dem Rechte hoffen, noch an dem Ende
meiner Tage Gnade zu finden, wenn ich
mich zuvor ſchon nicht mit ſo vieler Muͤhe
um meine Seligkeit graͤme und ſchleppe.
Es iſt daher noͤthig, jedermann zu war-
nen, daß man ſich doch nicht verleiten laſſe,
auf dieſes Exempel der Gnade hin ſich muth-
willig zu verſuͤndigen, ſondern vielmehr de-
nen erſten Aufforderungen JEſu zu folgen,
und getreu zu ſeyn. ... Merke dar-
um, o Seele! dieſe Perſon iſt von ihrer
Todeskrankheit nicht in ihrer voͤlligen Si-
cherheit uͤberfallen worden, ſondern die Gna-
de hatte ſchon lange zuvor ihre Bemuͤhun-
gen an ſie gewendet, ſie aufgeweckt, und
gezogen. Freylich hat die Macht des Ver-
derbens ſie von dem voͤlligen Durchbruche
aufgehalten, ja ſie wieder in den Koth ge-
worfen, es bliebe aber doch (wie aus dem
vorhergehenden erhellet) ein Fuͤnklein in
dem Herze uͤbrig, welches durch den letzten
gewaltigen Schlag leicht hat aufgeweckt,
und angeblaſen werden koͤnnen. Zu dem
iſt ſie die Untreue, die ſie gegen die herzli-
chen Bemuͤhungen der vorbereitenden Gna-
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/299>, abgerufen am 21.11.2024.
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