Schmerzen und Schwachheit ungeachtet vieles sehr beweglich nachgesprochen.
Von dieser Zeit an, ließ sich unsere nun selige Person sehr ernstlich und herzlich an- gelegen seyn, sich mit dem Heylande im Glauben bekannt zu machen, ihn zu ihrem einigen Arzte, und sein Blut zu dem eini- gen Genesungsmittel für ihre kranke Seele zu suchen. Sie trat darum in einen gar redlichen und anhaltenden Glaubenskampf, und wollte, als eine, den leiblichen und ewigen Tod vor Augen sehende, nicht von dem HErrn JEsu ablassen, ehender zu sei- nen Füssen sterben, als ungetröstet von ihm weggehen. Es kostete indessen manches Ringen, ängstliches Sehnen und Kämpfen, manches Durchweinen und Durchdringen, bis diese Seele einen Schein der Hofnung vor sich sahe, daß der heilige und reine Bräutigam mit einer so garstig befleckten Seele in eine Vermählung tretten könne. Sie ließ aber auch nicht nach, dem Hey- lande seine Verheissungen vorzuhalten, sich standhaft und unbeweglich an denselben zu halten, bis sie seine Gnade gefunden, und durch den Glauben in seine Versöhnung eingedrungen.
Freylich kostet es gewiß viel, bis man glauben lernt. Wer Erfahrung, Licht und Gnade hat, der wird sagen können, daß es
hier
Der groſſen und ſeligen
Schmerzen und Schwachheit ungeachtet vieles ſehr beweglich nachgeſprochen.
Von dieſer Zeit an, ließ ſich unſere nun ſelige Perſon ſehr ernſtlich und herzlich an- gelegen ſeyn, ſich mit dem Heylande im Glauben bekannt zu machen, ihn zu ihrem einigen Arzte, und ſein Blut zu dem eini- gen Geneſungsmittel fuͤr ihre kranke Seele zu ſuchen. Sie trat darum in einen gar redlichen und anhaltenden Glaubenskampf, und wollte, als eine, den leiblichen und ewigen Tod vor Augen ſehende, nicht von dem HErrn JEſu ablaſſen, ehender zu ſei- nen Fuͤſſen ſterben, als ungetroͤſtet von ihm weggehen. Es koſtete indeſſen manches Ringen, aͤngſtliches Sehnen und Kaͤmpfen, manches Durchweinen und Durchdringen, bis dieſe Seele einen Schein der Hofnung vor ſich ſahe, daß der heilige und reine Braͤutigam mit einer ſo garſtig befleckten Seele in eine Vermaͤhlung tretten koͤnne. Sie ließ aber auch nicht nach, dem Hey- lande ſeine Verheiſſungen vorzuhalten, ſich ſtandhaft und unbeweglich an denſelben zu halten, bis ſie ſeine Gnade gefunden, und durch den Glauben in ſeine Verſoͤhnung eingedrungen.
Freylich koſtet es gewiß viel, bis man glauben lernt. Wer Erfahrung, Licht und Gnade hat, der wird ſagen koͤnnen, daß es
hier
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0322"n="270"/><fwplace="top"type="header">Der groſſen und ſeligen</fw><lb/>
Schmerzen und Schwachheit ungeachtet<lb/>
vieles ſehr beweglich nachgeſprochen.</p><lb/><p>Von dieſer Zeit an, ließ ſich unſere nun<lb/>ſelige Perſon ſehr ernſtlich und herzlich an-<lb/>
gelegen ſeyn, ſich mit dem Heylande im<lb/>
Glauben bekannt zu machen, ihn zu ihrem<lb/>
einigen Arzte, und ſein Blut zu dem eini-<lb/>
gen Geneſungsmittel fuͤr ihre kranke Seele<lb/>
zu ſuchen. Sie trat darum in einen gar<lb/>
redlichen und anhaltenden Glaubenskampf,<lb/>
und wollte, als eine, den leiblichen und<lb/>
ewigen Tod vor Augen ſehende, nicht von<lb/>
dem HErrn JEſu ablaſſen, ehender zu ſei-<lb/>
nen Fuͤſſen ſterben, als ungetroͤſtet von ihm<lb/>
weggehen. Es koſtete indeſſen manches<lb/>
Ringen, aͤngſtliches Sehnen und Kaͤmpfen,<lb/>
manches Durchweinen und Durchdringen,<lb/>
bis dieſe Seele einen Schein der Hofnung<lb/>
vor ſich ſahe, daß der heilige und reine<lb/>
Braͤutigam mit einer ſo garſtig befleckten<lb/>
Seele in eine Vermaͤhlung tretten koͤnne.<lb/>
Sie ließ aber auch nicht nach, dem Hey-<lb/>
lande ſeine Verheiſſungen vorzuhalten, ſich<lb/>ſtandhaft und unbeweglich an denſelben zu<lb/>
halten, bis ſie ſeine Gnade gefunden, und<lb/>
durch den Glauben in ſeine Verſoͤhnung<lb/>
eingedrungen.</p><lb/><p>Freylich koſtet es gewiß viel, bis man<lb/>
glauben lernt. Wer Erfahrung, Licht und<lb/>
Gnade hat, der wird ſagen koͤnnen, daß es<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hier</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[270/0322]
Der groſſen und ſeligen
Schmerzen und Schwachheit ungeachtet
vieles ſehr beweglich nachgeſprochen.
Von dieſer Zeit an, ließ ſich unſere nun
ſelige Perſon ſehr ernſtlich und herzlich an-
gelegen ſeyn, ſich mit dem Heylande im
Glauben bekannt zu machen, ihn zu ihrem
einigen Arzte, und ſein Blut zu dem eini-
gen Geneſungsmittel fuͤr ihre kranke Seele
zu ſuchen. Sie trat darum in einen gar
redlichen und anhaltenden Glaubenskampf,
und wollte, als eine, den leiblichen und
ewigen Tod vor Augen ſehende, nicht von
dem HErrn JEſu ablaſſen, ehender zu ſei-
nen Fuͤſſen ſterben, als ungetroͤſtet von ihm
weggehen. Es koſtete indeſſen manches
Ringen, aͤngſtliches Sehnen und Kaͤmpfen,
manches Durchweinen und Durchdringen,
bis dieſe Seele einen Schein der Hofnung
vor ſich ſahe, daß der heilige und reine
Braͤutigam mit einer ſo garſtig befleckten
Seele in eine Vermaͤhlung tretten koͤnne.
Sie ließ aber auch nicht nach, dem Hey-
lande ſeine Verheiſſungen vorzuhalten, ſich
ſtandhaft und unbeweglich an denſelben zu
halten, bis ſie ſeine Gnade gefunden, und
durch den Glauben in ſeine Verſoͤhnung
eingedrungen.
Freylich koſtet es gewiß viel, bis man
glauben lernt. Wer Erfahrung, Licht und
Gnade hat, der wird ſagen koͤnnen, daß es
hier
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/322>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.