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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Thaten der Gnade. IV. Stück.
werden, sein Haus von dem gefährlichen
Sandgrund der eigenen Gerechtigkeit, auf
den Felsengrund der allein vor GOtt gelten-
den Gerechtigkeit JEsu zu gründen, damit
man den Sturm des Todes muthig erwar-
ten dürfe. So selige und gute Absichten hat
der HErr bey einer jeden Gnadenrührung,
und eben so herzlich erfreuet er sich, wenn
es ihm gelinget, durch dieselbe die Seele zu
denen Quellen seiner seligmachenden Gna-
denwohlthaten zu bringen.

Hätte nun unsere Person diese Evange-
lische Gnadenrührung recht gebrauchet, wä-
re sie durch diese süsse Lockstimme in ein auf-
richtiges Nachfragen und Suchen des guten
Hirtens gebracht worden, hätte sie diesen
ersten Gnadenfunke durch eyferiges und an-
haltendes Seufzen und Beten aufgeblasen,
hätte sie einem gesalbeten Lehrer oder ande-
ren in denen Wegen der Gnade erfahrnen
Christen diese Gnadenheimsuchung entdecket,
und sich Raths erhohlet, wie ihrer Seele
zum F[o]rtgange sollte geholfen werden, so
würde der HErr gewiß dieses erste Liebes-
seil an ihr gesegnet, und zu einem Mittel
ihrer geistlichen Vereinigung mit dem Freun-
de ihrer Seele gemacht haben. Aber sie
merkte die Absicht des Heylandes nicht, sie
war auch nicht bemühet, bey anderen selbi-
ge kennen zu lernen. Sie behielt eine ge-

raume
U 5

Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
werden, ſein Haus von dem gefaͤhrlichen
Sandgrund der eigenen Gerechtigkeit, auf
den Felſengrund der allein vor GOtt gelten-
den Gerechtigkeit JEſu zu gruͤnden, damit
man den Sturm des Todes muthig erwar-
ten duͤrfe. So ſelige und gute Abſichten hat
der HErr bey einer jeden Gnadenruͤhrung,
und eben ſo herzlich erfreuet er ſich, wenn
es ihm gelinget, durch dieſelbe die Seele zu
denen Quellen ſeiner ſeligmachenden Gna-
denwohlthaten zu bringen.

Haͤtte nun unſere Perſon dieſe Evange-
liſche Gnadenruͤhrung recht gebrauchet, waͤ-
re ſie durch dieſe ſuͤſſe Lockſtimme in ein auf-
richtiges Nachfragen und Suchen des guten
Hirtens gebracht worden, haͤtte ſie dieſen
erſten Gnadenfunke durch eyferiges und an-
haltendes Seufzen und Beten aufgeblaſen,
haͤtte ſie einem geſalbeten Lehrer oder ande-
ren in denen Wegen der Gnade erfahrnen
Chriſten dieſe Gnadenheimſuchung entdecket,
und ſich Raths erhohlet, wie ihrer Seele
zum F[o]rtgange ſollte geholfen werden, ſo
wuͤrde der HErr gewiß dieſes erſte Liebes-
ſeil an ihr geſegnet, und zu einem Mittel
ihrer geiſtlichen Vereinigung mit dem Freun-
de ihrer Seele gemacht haben. Aber ſie
merkte die Abſicht des Heylandes nicht, ſie
war auch nicht bemuͤhet, bey anderen ſelbi-
ge kennen zu lernen. Sie behielt eine ge-

raume
U 5
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[313/0365] Thaten der Gnade. IV. Stuͤck. werden, ſein Haus von dem gefaͤhrlichen Sandgrund der eigenen Gerechtigkeit, auf den Felſengrund der allein vor GOtt gelten- den Gerechtigkeit JEſu zu gruͤnden, damit man den Sturm des Todes muthig erwar- ten duͤrfe. So ſelige und gute Abſichten hat der HErr bey einer jeden Gnadenruͤhrung, und eben ſo herzlich erfreuet er ſich, wenn es ihm gelinget, durch dieſelbe die Seele zu denen Quellen ſeiner ſeligmachenden Gna- denwohlthaten zu bringen. Haͤtte nun unſere Perſon dieſe Evange- liſche Gnadenruͤhrung recht gebrauchet, waͤ- re ſie durch dieſe ſuͤſſe Lockſtimme in ein auf- richtiges Nachfragen und Suchen des guten Hirtens gebracht worden, haͤtte ſie dieſen erſten Gnadenfunke durch eyferiges und an- haltendes Seufzen und Beten aufgeblaſen, haͤtte ſie einem geſalbeten Lehrer oder ande- ren in denen Wegen der Gnade erfahrnen Chriſten dieſe Gnadenheimſuchung entdecket, und ſich Raths erhohlet, wie ihrer Seele zum Fortgange ſollte geholfen werden, ſo wuͤrde der HErr gewiß dieſes erſte Liebes- ſeil an ihr geſegnet, und zu einem Mittel ihrer geiſtlichen Vereinigung mit dem Freun- de ihrer Seele gemacht haben. Aber ſie merkte die Abſicht des Heylandes nicht, ſie war auch nicht bemuͤhet, bey anderen ſelbi- ge kennen zu lernen. Sie behielt eine ge- raume U 5

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/365>, abgerufen am 21.11.2024.