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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
Ordnung des Heyls, eine kraftlose und ma-
gere Sittenlehre predigen, oder sonsten in
ihrem Vortrage mehr bey dem äusseren
Buchstaben, als dem wahren Wesen selb-
sten sich aufhalten. Am meisten aber wenn
sie zu heftig gegen Schwache wären, oder
den Mangel der Liebe allzusehr von sich wür-
den blicken lassen.

Neben dem HErrn JEsu, und dem
Worte des Heyls liebte unsere Selige die
Kinder GOttes auch unter aller Schmach,
Verspottung und Verachtung der Welt gar
herzlich, und hielt sich gern zu denen, die
das Bild JEsu an ihnen trugen, und die
die gleichen Wege der Gnade mit ihr erfah-
ren hatten. O wie herzlich erfreute sie sich!
wenn sie mit andern Mitpilgern von denen
Wegen der Gnade reden, mit ihnen ihre
Knie biegen, und ihre Hände aufheben
konte, ihrem GOtt die Opfer der Dankbar-
keit zu bringen.

Wo man einmahl aus GOtt gebohren
ist, da bekommt man geistliche Brüder und
Schwestern, welche man als Glieder an
dem HErrn JEsu herzlich lieber. Das
giebt ein Band, welches weit enger ver-
bindet, als alle natürliche Blutsverwand-
schaft. Hieraus entsteht die Gemeinschaft
der Heiligen. Hat man zuvor in seinem

Natur-

Der groſſen und ſeligen
Ordnung des Heyls, eine kraftloſe und ma-
gere Sittenlehre predigen, oder ſonſten in
ihrem Vortrage mehr bey dem aͤuſſeren
Buchſtaben, als dem wahren Weſen ſelb-
ſten ſich aufhalten. Am meiſten aber wenn
ſie zu heftig gegen Schwache waͤren, oder
den Mangel der Liebe allzuſehr von ſich wuͤr-
den blicken laſſen.

Neben dem HErrn JEſu, und dem
Worte des Heyls liebte unſere Selige die
Kinder GOttes auch unter aller Schmach,
Verſpottung und Verachtung der Welt gar
herzlich, und hielt ſich gern zu denen, die
das Bild JEſu an ihnen trugen, und die
die gleichen Wege der Gnade mit ihr erfah-
ren hatten. O wie herzlich erfreute ſie ſich!
wenn ſie mit andern Mitpilgern von denen
Wegen der Gnade reden, mit ihnen ihre
Knie biegen, und ihre Haͤnde aufheben
konte, ihrem GOtt die Opfer der Dankbar-
keit zu bringen.

Wo man einmahl aus GOtt gebohren
iſt, da bekommt man geiſtliche Bruͤder und
Schweſtern, welche man als Glieder an
dem HErrn JEſu herzlich lieber. Das
giebt ein Band, welches weit enger ver-
bindet, als alle natuͤrliche Blutsverwand-
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[360/0412] Der groſſen und ſeligen Ordnung des Heyls, eine kraftloſe und ma- gere Sittenlehre predigen, oder ſonſten in ihrem Vortrage mehr bey dem aͤuſſeren Buchſtaben, als dem wahren Weſen ſelb- ſten ſich aufhalten. Am meiſten aber wenn ſie zu heftig gegen Schwache waͤren, oder den Mangel der Liebe allzuſehr von ſich wuͤr- den blicken laſſen. Neben dem HErrn JEſu, und dem Worte des Heyls liebte unſere Selige die Kinder GOttes auch unter aller Schmach, Verſpottung und Verachtung der Welt gar herzlich, und hielt ſich gern zu denen, die das Bild JEſu an ihnen trugen, und die die gleichen Wege der Gnade mit ihr erfah- ren hatten. O wie herzlich erfreute ſie ſich! wenn ſie mit andern Mitpilgern von denen Wegen der Gnade reden, mit ihnen ihre Knie biegen, und ihre Haͤnde aufheben konte, ihrem GOtt die Opfer der Dankbar- keit zu bringen. Wo man einmahl aus GOtt gebohren iſt, da bekommt man geiſtliche Bruͤder und Schweſtern, welche man als Glieder an dem HErrn JEſu herzlich lieber. Das giebt ein Band, welches weit enger ver- bindet, als alle natuͤrliche Blutsverwand- ſchaft. Hieraus entſteht die Gemeinſchaft der Heiligen. Hat man zuvor in ſeinem Natur-

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/412>, abgerufen am 24.11.2024.