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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen

Nachdeme nun unsere Selige in der
Kirche durch die Gnade, in diesen erstau-
nenden, aber doch seligen Stand gesetzet
wurde, so konnte sie kaum das Ende des
öffentlichen Gottesdienstes erwarten. Sie
eilete nach Vollendung desselben in der äus-
sersten Bestürzung nach Hause, und legte
sich als eine Tod-Krankne und Schwache
zu Bette. Da gienge es ihr, wie David
saget: HErr! sey mir gnädig, dann ich
bin schwach, heile mich HErr, denn
meine Gebeine sind erschrocken.
Psalm
6:3. und Psalm 38:3.4. Deine Pfeile
stecken in mir, und deine Hand dru-
cket mich, es ist nichts gesundes an
meinem Leibe für deinem Dräuen,
und ist kein Friede in meinen Gebei-
nen für meiner Sünde.
Und wie der
Braut im Hohenlied Salom. 5:8. Saget
meinem Freund, daß ich für Liebe
krank liege.

Mitleidiger Arzt! reisse nicht nur in
meiner Seele die letzte Wunde auf, die noch
nicht geheftet und verbunden ist, (aber lin-
dere sie auch mit Wein und Oele,) sondern
verwunde mit deinen Liebespfeilen mein
ganzes Herz, und lasse es nicht anders ge-
nesen, als durch eine völlige und ewige Ver-
mählung mit dir, du Schönster unter den
Menschenkindern!

So
Der groſſen und ſeligen

Nachdeme nun unſere Selige in der
Kirche durch die Gnade, in dieſen erſtau-
nenden, aber doch ſeligen Stand geſetzet
wurde, ſo konnte ſie kaum das Ende des
oͤffentlichen Gottesdienſtes erwarten. Sie
eilete nach Vollendung deſſelben in der aͤuſ-
ſerſten Beſtuͤrzung nach Hauſe, und legte
ſich als eine Tod-Krankne und Schwache
zu Bette. Da gienge es ihr, wie David
ſaget: HErr! ſey mir gnaͤdig, dann ich
bin ſchwach, heile mich HErr, denn
meine Gebeine ſind erſchrocken.
Pſalm
6:3. und Pſalm 38:3.4. Deine Pfeile
ſtecken in mir, und deine Hand dru-
cket mich, es iſt nichts geſundes an
meinem Leibe fuͤr deinem Draͤuen,
und iſt kein Friede in meinen Gebei-
nen fuͤr meiner Suͤnde.
Und wie der
Braut im Hohenlied Salom. 5:8. Saget
meinem Freund, daß ich fuͤr Liebe
krank liege.

Mitleidiger Arzt! reiſſe nicht nur in
meiner Seele die letzte Wunde auf, die noch
nicht geheftet und verbunden iſt, (aber lin-
dere ſie auch mit Wein und Oele,) ſondern
verwunde mit deinen Liebespfeilen mein
ganzes Herz, und laſſe es nicht anders ge-
neſen, als durch eine voͤllige und ewige Ver-
maͤhlung mit dir, du Schoͤnſter unter den
Menſchenkindern!

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[36/0088] Der groſſen und ſeligen Nachdeme nun unſere Selige in der Kirche durch die Gnade, in dieſen erſtau- nenden, aber doch ſeligen Stand geſetzet wurde, ſo konnte ſie kaum das Ende des oͤffentlichen Gottesdienſtes erwarten. Sie eilete nach Vollendung deſſelben in der aͤuſ- ſerſten Beſtuͤrzung nach Hauſe, und legte ſich als eine Tod-Krankne und Schwache zu Bette. Da gienge es ihr, wie David ſaget: HErr! ſey mir gnaͤdig, dann ich bin ſchwach, heile mich HErr, denn meine Gebeine ſind erſchrocken. Pſalm 6:3. und Pſalm 38:3.4. Deine Pfeile ſtecken in mir, und deine Hand dru- cket mich, es iſt nichts geſundes an meinem Leibe fuͤr deinem Draͤuen, und iſt kein Friede in meinen Gebei- nen fuͤr meiner Suͤnde. Und wie der Braut im Hohenlied Salom. 5:8. Saget meinem Freund, daß ich fuͤr Liebe krank liege. Mitleidiger Arzt! reiſſe nicht nur in meiner Seele die letzte Wunde auf, die noch nicht geheftet und verbunden iſt, (aber lin- dere ſie auch mit Wein und Oele,) ſondern verwunde mit deinen Liebespfeilen mein ganzes Herz, und laſſe es nicht anders ge- neſen, als durch eine voͤllige und ewige Ver- maͤhlung mit dir, du Schoͤnſter unter den Menſchenkindern! So

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/88>, abgerufen am 13.05.2024.