Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Das 12. Cap. der
[S]rs inae-
qualis Lite-
ratorum &
Benorum.
Die Musen mögen sitzen
Bey harter Kälte schwitzen/
Beanen in Pallasten
Auff sanfften Polstern rasten.
Die Musen mögen tragen
Den Hunger/ den Durst klagen
Beanen von den Reben
Vnd zarten Speisen leben.
Jst auch hart geredt den Hunger tragen.
Gebrauch.

Zu mercken ist das solche harte Reden sehr
selten müssen gebrauchet werden/ vnd stehet
schändlich/ wenn ein jeder den Poeten in die-
sem Theil nachaffen wil. Jedoch wenn man
die Gemüther der Zuhorer anfrischen wil/
stehet es nicht vnzierlich/ als wenn Cicero
saget/ eine vneingescharrete Begräbniß.

Sonst ist leichtlich verstossen/ vnd kan
der Redener mit geringer Mühe machen/
daß die Zuhörer solche harte Wort aushö-
nen vnd verspotten. Jedoch dienen solche
harte Wort bißweilen seinen Widerpart zu
erzürnen/ zubestürtzen vnd verwirren/
denn wer ist so weise/ daß er geschwind
diese harte Wort mit kluger Geschickligkeit
widerlegen könne.

Lächerlich were es/ wenn ein Teutscher
wolte/ wie Persius gethan/ sagen/ sie singen

den
Das 12. Cap. der
[S]rs inæ-
qualis Lite-
ratorum &
Benorum.
Die Muſen moͤgen ſitzen
Bey harter Kaͤlte ſchwitzen/
Beanen in Pallaſten
Auff ſanfften Polſtern raſten.
Die Muſen moͤgen tragen
Den Hunger/ den Durſt klagen
Beanen von den Reben
Vnd zarten Speiſen leben.
Jſt auch hart geredt den Hunger tragen.
Gebrauch.

Zu mercken iſt das ſolche harte Reden ſehr
ſelten muͤſſen gebrauchet werden/ vnd ſtehet
ſchaͤndlich/ wenn ein jeder den Poeten in die-
ſem Theil nachaffen wil. Jedoch wenn man
die Gemuͤther der Zuhorer anfriſchen wil/
ſtehet es nicht vnzierlich/ als wenn Cicero
ſaget/ eine vneingeſcharꝛete Begraͤbniß.

Sonſt iſt leichtlich verſtoſſen/ vnd kan
der Redener mit geringer Muͤhe machen/
daß die Zuhoͤrer ſolche harte Wort aushoͤ-
nen vnd verſpotten. Jedoch dienen ſolche
harte Wort bißweilen ſeinen Widerpart zu
erzuͤrnen/ zubeſtuͤrtzen vnd verwirꝛen/
denn wer iſt ſo weiſe/ daß er geſchwind
dieſe harte Wort mit kluger Geſchickligkeit
widerlegen koͤnne.

Laͤcherlich were es/ wenn ein Teutſcher
wolte/ wie Perſius gethan/ ſagen/ ſie ſingen

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0148" n="128"/>
        <fw place="top" type="header">Das 12. Cap. der</fw><lb/>
        <note place="left"> <hi rendition="#aq"><supplied>S</supplied>rs inæ-<lb/>
qualis Lite-<lb/>
ratorum &amp;<lb/>
Benorum.</hi> </note>
        <lg rendition="#fr" type="poem">
          <l>Die Mu&#x017F;en mo&#x0364;gen &#x017F;itzen</l><lb/>
          <l>Bey harter Ka&#x0364;lte &#x017F;chwitzen/</l><lb/>
          <l>Beanen in Palla&#x017F;ten</l><lb/>
          <l>Auff &#x017F;anfften Pol&#x017F;tern ra&#x017F;ten.</l><lb/>
          <l>Die Mu&#x017F;en mo&#x0364;gen tragen</l><lb/>
          <l>Den Hunger/ den Dur&#x017F;t klagen</l><lb/>
          <l>Beanen von den Reben</l><lb/>
          <l>Vnd zarten Spei&#x017F;en leben.</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t auch hart geredt den Hunger tragen.</l>
        </lg><lb/>
        <note place="left">Gebrauch.</note>
        <p>Zu mercken i&#x017F;t das &#x017F;olche harte Reden &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;elten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gebrauchet werden/ vnd &#x017F;tehet<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlich/ wenn ein jeder den Poeten in die-<lb/>
&#x017F;em Theil nachaffen wil. Jedoch wenn man<lb/>
die Gemu&#x0364;ther der Zuhorer anfri&#x017F;chen wil/<lb/>
&#x017F;tehet es nicht vnzierlich/ als wenn Cicero<lb/>
&#x017F;aget/ eine vneinge&#x017F;char&#xA75B;ete Begra&#x0364;bniß.</p><lb/>
        <p>Son&#x017F;t i&#x017F;t leichtlich ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ vnd kan<lb/>
der Redener mit geringer Mu&#x0364;he machen/<lb/>
daß die Zuho&#x0364;rer &#x017F;olche harte Wort ausho&#x0364;-<lb/>
nen vnd ver&#x017F;potten. Jedoch dienen &#x017F;olche<lb/>
harte Wort bißweilen &#x017F;einen Widerpart zu<lb/>
erzu&#x0364;rnen/ zube&#x017F;tu&#x0364;rtzen vnd verwir&#xA75B;en/<lb/>
denn wer i&#x017F;t &#x017F;o wei&#x017F;e/ daß er ge&#x017F;chwind<lb/>
die&#x017F;e harte Wort mit kluger Ge&#x017F;chickligkeit<lb/>
widerlegen ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>La&#x0364;cherlich were es/ wenn ein Teut&#x017F;cher<lb/>
wolte/ wie Per&#x017F;ius gethan/ &#x017F;agen/ &#x017F;ie &#x017F;ingen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0148] Das 12. Cap. der Die Muſen moͤgen ſitzen Bey harter Kaͤlte ſchwitzen/ Beanen in Pallaſten Auff ſanfften Polſtern raſten. Die Muſen moͤgen tragen Den Hunger/ den Durſt klagen Beanen von den Reben Vnd zarten Speiſen leben. Jſt auch hart geredt den Hunger tragen. Zu mercken iſt das ſolche harte Reden ſehr ſelten muͤſſen gebrauchet werden/ vnd ſtehet ſchaͤndlich/ wenn ein jeder den Poeten in die- ſem Theil nachaffen wil. Jedoch wenn man die Gemuͤther der Zuhorer anfriſchen wil/ ſtehet es nicht vnzierlich/ als wenn Cicero ſaget/ eine vneingeſcharꝛete Begraͤbniß. Sonſt iſt leichtlich verſtoſſen/ vnd kan der Redener mit geringer Muͤhe machen/ daß die Zuhoͤrer ſolche harte Wort aushoͤ- nen vnd verſpotten. Jedoch dienen ſolche harte Wort bißweilen ſeinen Widerpart zu erzuͤrnen/ zubeſtuͤrtzen vnd verwirꝛen/ denn wer iſt ſo weiſe/ daß er geſchwind dieſe harte Wort mit kluger Geſchickligkeit widerlegen koͤnne. Laͤcherlich were es/ wenn ein Teutſcher wolte/ wie Perſius gethan/ ſagen/ ſie ſingen den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/148
Zitationshilfe: Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/148>, abgerufen am 23.11.2024.