Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. Cap. der
vnd Argumenten in dem Gedächtnuß.
Wie ist die Ordnung so künstlich gefas-
set? Wie ist der Klang in den Sprachen
so lieblich verendert? Wie stattlich seyn
die Gebehrden/ wenn sie sich beweget ?
Wie tieff seyn die Gedancken/ wenn sie
sich besinnet? Gering erzeiget sie sich in
kleinen Stücken/ Leicht in Mittelmäs-
sigen Dingen? Was sollen wir ferner
sagen? Wer die Wohlredenheit höret/
wird gezwungen zuglauben/ was er zu-
vor verneinete: zulieben/ was er zuvor
hassete: zuloben/ was er zuvor lästerte.
Wenn sie der Menschen gemüther wi[-]
dereinander verhetzet/ entstehet die feind-
seligste Zwieträchtigkeit: Wenn sie die
Thaten rühmet/ entstehet die stoltze
Hoffertigkeit. Sie ist eine Vberwinde-
[e]in der Seelen/ vnd Vbermeisterin
der Sinnen. Bißher aus Marti-
an Capella.



Das

Das 1. Cap. der
vnd Argumenten in dem Gedaͤchtnuß.
Wie iſt die Ordnung ſo kuͤnſtlich gefaſ-
ſet? Wie iſt der Klang in den Sprachen
ſo lieblich verendert? Wie ſtattlich ſeyn
die Gebehrden/ wenn ſie ſich beweget ?
Wie tieff ſeyn die Gedancken/ wenn ſie
ſich beſinnet? Gering erzeiget ſie ſich in
kleinen Stuͤcken/ Leicht in Mittelmaͤſ-
ſigen Dingen? Was ſollen wir ferner
ſagen? Wer die Wohlredenheit hoͤret/
wird gezwungen zuglauben/ was er zu-
vor verneinete: zulieben/ was er zuvor
haſſete: zuloben/ was er zuvor laͤſterte.
Wenn ſie der Menſchen gemuͤther wi[-]
dereinander verhetzet/ entſtehet die feind-
ſeligſte Zwietraͤchtigkeit: Wenn ſie die
Thaten ruͤhmet/ entſtehet die ſtoltze
Hoffertigkeit. Sie iſt eine Vberwinde-
[e]in der Seelen/ vnd Vbermeiſterin
der Sinnen. Bißher aus Marti-
an Capella.



Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="10"/><fw place="top" type="header">Das 1. Cap. der</fw><lb/>
vnd Argumenten in dem Geda&#x0364;chtnuß.<lb/>
Wie i&#x017F;t die Ordnung &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tlich gefa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et? Wie i&#x017F;t der Klang in den Sprachen<lb/>
&#x017F;o lieblich verendert? Wie &#x017F;tattlich &#x017F;eyn<lb/>
die Gebehrden/ wenn &#x017F;ie &#x017F;ich beweget ?<lb/>
Wie tieff &#x017F;eyn die Gedancken/ wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;innet? Gering erzeiget &#x017F;ie &#x017F;ich in<lb/>
kleinen Stu&#x0364;cken/ Leicht in Mittelma&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen Dingen? Was &#x017F;ollen wir ferner<lb/>
&#x017F;agen? Wer die Wohlredenheit ho&#x0364;ret/<lb/>
wird gezwungen zuglauben/ was er zu-<lb/>
vor verneinete: zulieben/ was er zuvor<lb/>
ha&#x017F;&#x017F;ete: zuloben/ was er zuvor la&#x0364;&#x017F;terte.<lb/>
Wenn &#x017F;ie der Men&#x017F;chen gemu&#x0364;ther wi<supplied>-</supplied><lb/>
dereinander verhetzet/ ent&#x017F;tehet die feind-<lb/>
&#x017F;elig&#x017F;te Zwietra&#x0364;chtigkeit: Wenn &#x017F;ie die<lb/>
Thaten ru&#x0364;hmet/ ent&#x017F;tehet die &#x017F;toltze<lb/>
Hoffertigkeit. Sie i&#x017F;t eine Vberwinde-<lb/><hi rendition="#c"><supplied>e</supplied>in der Seelen/ vnd Vbermei&#x017F;terin<lb/>
der Sinnen. Bißher aus Marti-<lb/>
an Capella.</hi></p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Das</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0030] Das 1. Cap. der vnd Argumenten in dem Gedaͤchtnuß. Wie iſt die Ordnung ſo kuͤnſtlich gefaſ- ſet? Wie iſt der Klang in den Sprachen ſo lieblich verendert? Wie ſtattlich ſeyn die Gebehrden/ wenn ſie ſich beweget ? Wie tieff ſeyn die Gedancken/ wenn ſie ſich beſinnet? Gering erzeiget ſie ſich in kleinen Stuͤcken/ Leicht in Mittelmaͤſ- ſigen Dingen? Was ſollen wir ferner ſagen? Wer die Wohlredenheit hoͤret/ wird gezwungen zuglauben/ was er zu- vor verneinete: zulieben/ was er zuvor haſſete: zuloben/ was er zuvor laͤſterte. Wenn ſie der Menſchen gemuͤther wi- dereinander verhetzet/ entſtehet die feind- ſeligſte Zwietraͤchtigkeit: Wenn ſie die Thaten ruͤhmet/ entſtehet die ſtoltze Hoffertigkeit. Sie iſt eine Vberwinde- ein der Seelen/ vnd Vbermeiſterin der Sinnen. Bißher aus Marti- an Capella. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/30
Zitationshilfe: Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/30>, abgerufen am 09.11.2024.