Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634.Teutschen Rhetorica. aber seine Augen weren trübe/ die Zunge matt/die Glieder erschrocken. Eben dieses ereignet sich auch in dem Predig Amyt: Welcher Prediger in seinem Hertzen keine Got- tesfurcht hat/ kan keine in die Hertzen der Zuhörer bawen. So jemand dieses wohl in acht nimmet/ der wird zu seiner Zeit als ein wackerer Redener passiren. Der Poet spricht lustiger Weise: Du wilt daß ich sol weinen? Du must zuvor mir greinen. Hiervon seyn nachfolgende Regulen zu- mit G g iij
Teutſchen Rhetorica. aber ſeine Augen weren truͤbe/ die Zunge matt/die Glieder erſchrocken. Eben dieſes ereignet ſich auch in dem Predig Amyt: Welcher Prediger in ſeinem Hertzen keine Got- tesfurcht hat/ kan keine in die Hertzen der Zuhoͤrer bawen. So jemand dieſes wohl in acht nimmet/ der wird zu ſeiner Zeit als ein wackerer Redener paſſiren. Der Poet ſpricht luſtiger Weiſe: Du wilt daß ich ſol weinen? Du muſt zuvor mir greinen. Hiervon ſeyn nachfolgende Regulen zu- mit G g iij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0489" n="27"/><fw place="top" type="header">Teutſchen Rhetorica.</fw><lb/> aber ſeine Augen weren truͤbe/ die Zunge matt/<lb/> die Glieder erſchrocken. Eben dieſes ereignet<lb/> ſich auch in dem Predig Amyt: Welcher<lb/> Prediger in ſeinem Hertzen keine Got-<lb/> tesfurcht hat/ kan keine in die Hertzen<lb/> der Zuhoͤrer bawen. So jemand dieſes wohl<lb/> in acht nimmet/ der wird zu ſeiner Zeit als<lb/> ein wackerer Redener paſſiren. Der Poet<lb/> ſpricht luſtiger Weiſe:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#fr">Du wilt daß ich ſol weinen?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Du muſt zuvor mir greinen.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Hiervon ſeyn nachfolgende Regulen zu-<lb/> mercken. Erſtlich/ in erbaͤrmlichen Sa-<note place="right"><hi rendition="#aq">I.</hi></note><lb/> chen ſol die Stimme zwar vollkommen/<lb/> aber weinerlich/ klaͤglich/ auch hin vnd<lb/> her beweglich ſeyn. Alſo ſprach Gracchus<lb/> zu Rom: Wohin ſol ich Armer/ wohin<lb/> ſol ich mich begeben? Wohin kan ich<lb/> mich wenden? Sol ich mich begeben<lb/> auff das Capitol? Ach! Das iſt mit<lb/> dem Blute meines Bruders befloſſen:<lb/> Kan ich mich wenden zu meinem Hau-<lb/> ſe? Ach! Daß ich daſelbſt muͤſſe ſehen<lb/> meine Arme/ weinende vnd bekuͤmmerte<lb/> Mutter. Cicero ſpricht/ Gracchus hette<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g iij</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0489]
Teutſchen Rhetorica.
aber ſeine Augen weren truͤbe/ die Zunge matt/
die Glieder erſchrocken. Eben dieſes ereignet
ſich auch in dem Predig Amyt: Welcher
Prediger in ſeinem Hertzen keine Got-
tesfurcht hat/ kan keine in die Hertzen
der Zuhoͤrer bawen. So jemand dieſes wohl
in acht nimmet/ der wird zu ſeiner Zeit als
ein wackerer Redener paſſiren. Der Poet
ſpricht luſtiger Weiſe:
Du wilt daß ich ſol weinen?
Du muſt zuvor mir greinen.
Hiervon ſeyn nachfolgende Regulen zu-
mercken. Erſtlich/ in erbaͤrmlichen Sa-
chen ſol die Stimme zwar vollkommen/
aber weinerlich/ klaͤglich/ auch hin vnd
her beweglich ſeyn. Alſo ſprach Gracchus
zu Rom: Wohin ſol ich Armer/ wohin
ſol ich mich begeben? Wohin kan ich
mich wenden? Sol ich mich begeben
auff das Capitol? Ach! Das iſt mit
dem Blute meines Bruders befloſſen:
Kan ich mich wenden zu meinem Hau-
ſe? Ach! Daß ich daſelbſt muͤſſe ſehen
meine Arme/ weinende vnd bekuͤmmerte
Mutter. Cicero ſpricht/ Gracchus hette
mit
I.
G g iij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/489 |
Zitationshilfe: | Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/489>, abgerufen am 27.07.2024. |