Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

für mich -- sie allein meint's gut mit mir, sonst Niemand. Und das Mädchen lass' ich nicht, die muß mein Weib werden, und wenn die ganze Welt des Teufels wird. Ich lass' mir's nun einmal nicht nehmen, ich thu's nicht anders -- und damit Punktum!

Der Alte hatte diese Rede, in welcher sich Tobias zum Gipfel des Muthes und Trotzes hinaufsteigerte, mit einer Anwandlung von Schrecken gehört, wie man ihn empfindet, wenn man Jemand plötzlich gegen alle bisherige Gewohnheit und Natur handeln sieht. Er betrachtete ihn mit immer größer werdenden Augen von oben bis unten, und nur durch Schnaufen erleichterte er sein Herz. Endlich fand er Worte und rief: Dahin ist's gekommen! Ich hab' dir also die Narrheit noch nicht ausgetrieben? -- Im Gegentheil, erwiderte der jetzt im Zuge befindliche und von der Wirksamkeit seines Verfahrens überzeugte Bursch, hineingetrieben hast du's in mich, nicht ausgetrieben! -- Das war zu viel -- es war nicht nur Trotz, sondern Hohn! Bebend vor Zorn stellte sich der Alte vor den Rebellen hin und rief: Jetzt horch, ich will dir was sagen! Ich hab' dir gestern gezeigt, wie man's ungerathenen Buben macht, auch wenn sie so alt sind, wie du bist. Aber das ist noch nicht das Beste gewesen, ich kann's noch ganz anders! Und wenn du mich erzürnst --! Seine rechte Hand ballte sich und seine Augen sprühten Feuer, als ob er den Burschen verbrennen wollte. Dieser, der sich erhoben hatte, entgegnete jedoch fest und nachdrück-

für mich — sie allein meint's gut mit mir, sonst Niemand. Und das Mädchen lass' ich nicht, die muß mein Weib werden, und wenn die ganze Welt des Teufels wird. Ich lass' mir's nun einmal nicht nehmen, ich thu's nicht anders — und damit Punktum!

Der Alte hatte diese Rede, in welcher sich Tobias zum Gipfel des Muthes und Trotzes hinaufsteigerte, mit einer Anwandlung von Schrecken gehört, wie man ihn empfindet, wenn man Jemand plötzlich gegen alle bisherige Gewohnheit und Natur handeln sieht. Er betrachtete ihn mit immer größer werdenden Augen von oben bis unten, und nur durch Schnaufen erleichterte er sein Herz. Endlich fand er Worte und rief: Dahin ist's gekommen! Ich hab' dir also die Narrheit noch nicht ausgetrieben? — Im Gegentheil, erwiderte der jetzt im Zuge befindliche und von der Wirksamkeit seines Verfahrens überzeugte Bursch, hineingetrieben hast du's in mich, nicht ausgetrieben! — Das war zu viel — es war nicht nur Trotz, sondern Hohn! Bebend vor Zorn stellte sich der Alte vor den Rebellen hin und rief: Jetzt horch, ich will dir was sagen! Ich hab' dir gestern gezeigt, wie man's ungerathenen Buben macht, auch wenn sie so alt sind, wie du bist. Aber das ist noch nicht das Beste gewesen, ich kann's noch ganz anders! Und wenn du mich erzürnst —! Seine rechte Hand ballte sich und seine Augen sprühten Feuer, als ob er den Burschen verbrennen wollte. Dieser, der sich erhoben hatte, entgegnete jedoch fest und nachdrück-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="4">
        <p><pb facs="#f0129"/>
für mich &#x2014; sie allein meint's gut mit mir, sonst      Niemand. Und das Mädchen lass' ich nicht, die muß mein Weib werden, und wenn die ganze Welt des      Teufels wird. Ich lass' mir's nun einmal nicht nehmen, ich thu's nicht anders &#x2014; und damit      Punktum!</p><lb/>
        <p>Der Alte hatte diese Rede, in welcher sich Tobias zum Gipfel des Muthes und Trotzes      hinaufsteigerte, mit einer Anwandlung von Schrecken gehört, wie man ihn empfindet, wenn man      Jemand plötzlich gegen alle bisherige Gewohnheit und Natur handeln sieht. Er betrachtete ihn      mit immer größer werdenden Augen von oben bis unten, und nur durch Schnaufen erleichterte er      sein Herz. Endlich fand er Worte und rief: Dahin ist's gekommen! Ich hab' dir also die Narrheit      noch nicht ausgetrieben? &#x2014; Im Gegentheil, erwiderte der jetzt im Zuge befindliche und von der      Wirksamkeit seines Verfahrens überzeugte Bursch, hineingetrieben hast du's in mich, nicht      ausgetrieben! &#x2014; Das war zu viel &#x2014; es war nicht nur Trotz, sondern Hohn! Bebend vor Zorn stellte      sich der Alte vor den Rebellen hin und rief: Jetzt horch, ich will dir was sagen! Ich hab' dir      gestern gezeigt, wie man's ungerathenen Buben macht, auch wenn sie so alt sind, wie du bist.      Aber das ist noch nicht das Beste gewesen, ich kann's noch ganz anders! Und wenn du mich      erzürnst &#x2014;! Seine rechte Hand ballte sich und seine Augen sprühten Feuer, als ob er den      Burschen verbrennen wollte. Dieser, der sich erhoben hatte, entgegnete jedoch fest und      nachdrück-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0129] für mich — sie allein meint's gut mit mir, sonst Niemand. Und das Mädchen lass' ich nicht, die muß mein Weib werden, und wenn die ganze Welt des Teufels wird. Ich lass' mir's nun einmal nicht nehmen, ich thu's nicht anders — und damit Punktum! Der Alte hatte diese Rede, in welcher sich Tobias zum Gipfel des Muthes und Trotzes hinaufsteigerte, mit einer Anwandlung von Schrecken gehört, wie man ihn empfindet, wenn man Jemand plötzlich gegen alle bisherige Gewohnheit und Natur handeln sieht. Er betrachtete ihn mit immer größer werdenden Augen von oben bis unten, und nur durch Schnaufen erleichterte er sein Herz. Endlich fand er Worte und rief: Dahin ist's gekommen! Ich hab' dir also die Narrheit noch nicht ausgetrieben? — Im Gegentheil, erwiderte der jetzt im Zuge befindliche und von der Wirksamkeit seines Verfahrens überzeugte Bursch, hineingetrieben hast du's in mich, nicht ausgetrieben! — Das war zu viel — es war nicht nur Trotz, sondern Hohn! Bebend vor Zorn stellte sich der Alte vor den Rebellen hin und rief: Jetzt horch, ich will dir was sagen! Ich hab' dir gestern gezeigt, wie man's ungerathenen Buben macht, auch wenn sie so alt sind, wie du bist. Aber das ist noch nicht das Beste gewesen, ich kann's noch ganz anders! Und wenn du mich erzürnst —! Seine rechte Hand ballte sich und seine Augen sprühten Feuer, als ob er den Burschen verbrennen wollte. Dieser, der sich erhoben hatte, entgegnete jedoch fest und nachdrück-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/129
Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/129>, abgerufen am 18.05.2024.