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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Weiter konnte er nicht reden. Der Alte, aufs Höchste erzürnt über die Widersetzlichkeit und über die Vorwürfe, die er von "seinem Buben" zu hören bekam, ging auf ihn los, um die ultima ratio der Despoten gegen ihn anzuwenden; aber Tobias trat rasch weiter zurück, ergriff schnell wie der Blitz die auf dem Tisch liegende große Tuchscheere, erhob sie und schrie mit flammenden Augen: Schlag' mich nicht -- oder es giebt ein Unglück!

Der Alte hielt inne und starrte ihn an. Er war erschreckt -- nicht von der Scheere, obwohl die an rechter Stelle sehr gut treffen konnte -- sondern von dem Anblick des Tobias. Bleich bis in die Lippen, schnaubend und zitternd stand er vor ihm. Aus den Augen blitzte rasender Grimm, und aus dem Gesicht ging der tiefunheimliche Glanz eines bis zum Wahnsinn gereizten und rachewüthigen Menschen. Der Vater, obwohl erzürnt, war doch nüchtern und sonst bei gesunden Sinnen -- er trat zurück, wie der Vernünftige vor dem Tollen, indem er nur mit gedämpfter Stimme gleichsam für sich ausrief: Das muß ich sagen! -- Mit ordentlicher Spannung sah er den Burschen an, mit dumpfer Neugier, was er nun beginnen werde.

Tobias ließ den mit der Scheere bewaffneten Arm sinken, aber nur so weit, daß er gegen einen erneuerten Angriff immer gerüstet war, und mit einem Ton, der halb wüthend, halb klagend und weinend klang, begann er: Nein, es ist zu arg -- es ist eine Sünd' und eine

Weiter konnte er nicht reden. Der Alte, aufs Höchste erzürnt über die Widersetzlichkeit und über die Vorwürfe, die er von „seinem Buben“ zu hören bekam, ging auf ihn los, um die ultima ratio der Despoten gegen ihn anzuwenden; aber Tobias trat rasch weiter zurück, ergriff schnell wie der Blitz die auf dem Tisch liegende große Tuchscheere, erhob sie und schrie mit flammenden Augen: Schlag' mich nicht — oder es giebt ein Unglück!

Der Alte hielt inne und starrte ihn an. Er war erschreckt — nicht von der Scheere, obwohl die an rechter Stelle sehr gut treffen konnte — sondern von dem Anblick des Tobias. Bleich bis in die Lippen, schnaubend und zitternd stand er vor ihm. Aus den Augen blitzte rasender Grimm, und aus dem Gesicht ging der tiefunheimliche Glanz eines bis zum Wahnsinn gereizten und rachewüthigen Menschen. Der Vater, obwohl erzürnt, war doch nüchtern und sonst bei gesunden Sinnen — er trat zurück, wie der Vernünftige vor dem Tollen, indem er nur mit gedämpfter Stimme gleichsam für sich ausrief: Das muß ich sagen! — Mit ordentlicher Spannung sah er den Burschen an, mit dumpfer Neugier, was er nun beginnen werde.

Tobias ließ den mit der Scheere bewaffneten Arm sinken, aber nur so weit, daß er gegen einen erneuerten Angriff immer gerüstet war, und mit einem Ton, der halb wüthend, halb klagend und weinend klang, begann er: Nein, es ist zu arg — es ist eine Sünd' und eine

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[0172] Weiter konnte er nicht reden. Der Alte, aufs Höchste erzürnt über die Widersetzlichkeit und über die Vorwürfe, die er von „seinem Buben“ zu hören bekam, ging auf ihn los, um die ultima ratio der Despoten gegen ihn anzuwenden; aber Tobias trat rasch weiter zurück, ergriff schnell wie der Blitz die auf dem Tisch liegende große Tuchscheere, erhob sie und schrie mit flammenden Augen: Schlag' mich nicht — oder es giebt ein Unglück! Der Alte hielt inne und starrte ihn an. Er war erschreckt — nicht von der Scheere, obwohl die an rechter Stelle sehr gut treffen konnte — sondern von dem Anblick des Tobias. Bleich bis in die Lippen, schnaubend und zitternd stand er vor ihm. Aus den Augen blitzte rasender Grimm, und aus dem Gesicht ging der tiefunheimliche Glanz eines bis zum Wahnsinn gereizten und rachewüthigen Menschen. Der Vater, obwohl erzürnt, war doch nüchtern und sonst bei gesunden Sinnen — er trat zurück, wie der Vernünftige vor dem Tollen, indem er nur mit gedämpfter Stimme gleichsam für sich ausrief: Das muß ich sagen! — Mit ordentlicher Spannung sah er den Burschen an, mit dumpfer Neugier, was er nun beginnen werde. Tobias ließ den mit der Scheere bewaffneten Arm sinken, aber nur so weit, daß er gegen einen erneuerten Angriff immer gerüstet war, und mit einem Ton, der halb wüthend, halb klagend und weinend klang, begann er: Nein, es ist zu arg — es ist eine Sünd' und eine

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/172>, abgerufen am 22.12.2024.