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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nicht dazu kam, den Sohn in seinem Vertilgungswerke zu stören, obwohl der dadurch angerichtete Schaden ihm sehr empfindlich sein mußte. Nur als Tobias endlich auch die in der Nähe des Ofens aufgestellten Milchscherben (Töpfe) zerschlug, daß die gestockte Milch in der ganzen Stube herumflog, da rief er dringend, ja flehentlich: Um Gottes willen, Tobias! Hör auf! Bist du denn ganz rasend? Hör doch auf! Ich bitte dich!

Dieser Zuruf brachte den Fürchterlichen wieder zu einiger Besinnung. Durch die letzten Thaten gekühlt, mit gestilltem Vernichtungsdurst, hielt er inne. Die Zornwogen sanken, und Vernunft kehrte wieder in sein Haupt zurück. Als er nun aber umherschauend die Splitter und die Milchflocken auf dem Boden und den Vater seinen Stuhl vorhaltend hinter dem Ofen erblickte, da empfand er nicht Scham und Reue, vielleicht gar Schreck über das verübte Werk, nein, Stolz, höchsten Stolz -- und die Süßigkeit der vollgesättigten Rache. Endlich hatte er seine Rede wahr gemacht und seinen Willen behauptet, nicht wie ein Esel, der sich schlagen ließ, sondern wie ein Löwe, der auf seine Gegner losgeht und Alles in die Flucht jagt! Ein Gefühl durchdrang ihn, so herrlich wie niemals in seinem Leben -- die Seligkeit eines durch Muth und Schlagkraft errungenen vollständigen Sieges! Und in dem Bewußtsein des Geleisteten erhellte ein Genius seinen Geist und gab ihm die Fähigkeit, den Sieg auch zu benutzen. Hatte die Springflut des Zornes ihm vorhin den Sitz

nicht dazu kam, den Sohn in seinem Vertilgungswerke zu stören, obwohl der dadurch angerichtete Schaden ihm sehr empfindlich sein mußte. Nur als Tobias endlich auch die in der Nähe des Ofens aufgestellten Milchscherben (Töpfe) zerschlug, daß die gestockte Milch in der ganzen Stube herumflog, da rief er dringend, ja flehentlich: Um Gottes willen, Tobias! Hör auf! Bist du denn ganz rasend? Hör doch auf! Ich bitte dich!

Dieser Zuruf brachte den Fürchterlichen wieder zu einiger Besinnung. Durch die letzten Thaten gekühlt, mit gestilltem Vernichtungsdurst, hielt er inne. Die Zornwogen sanken, und Vernunft kehrte wieder in sein Haupt zurück. Als er nun aber umherschauend die Splitter und die Milchflocken auf dem Boden und den Vater seinen Stuhl vorhaltend hinter dem Ofen erblickte, da empfand er nicht Scham und Reue, vielleicht gar Schreck über das verübte Werk, nein, Stolz, höchsten Stolz — und die Süßigkeit der vollgesättigten Rache. Endlich hatte er seine Rede wahr gemacht und seinen Willen behauptet, nicht wie ein Esel, der sich schlagen ließ, sondern wie ein Löwe, der auf seine Gegner losgeht und Alles in die Flucht jagt! Ein Gefühl durchdrang ihn, so herrlich wie niemals in seinem Leben — die Seligkeit eines durch Muth und Schlagkraft errungenen vollständigen Sieges! Und in dem Bewußtsein des Geleisteten erhellte ein Genius seinen Geist und gab ihm die Fähigkeit, den Sieg auch zu benutzen. Hatte die Springflut des Zornes ihm vorhin den Sitz

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[0175] nicht dazu kam, den Sohn in seinem Vertilgungswerke zu stören, obwohl der dadurch angerichtete Schaden ihm sehr empfindlich sein mußte. Nur als Tobias endlich auch die in der Nähe des Ofens aufgestellten Milchscherben (Töpfe) zerschlug, daß die gestockte Milch in der ganzen Stube herumflog, da rief er dringend, ja flehentlich: Um Gottes willen, Tobias! Hör auf! Bist du denn ganz rasend? Hör doch auf! Ich bitte dich! Dieser Zuruf brachte den Fürchterlichen wieder zu einiger Besinnung. Durch die letzten Thaten gekühlt, mit gestilltem Vernichtungsdurst, hielt er inne. Die Zornwogen sanken, und Vernunft kehrte wieder in sein Haupt zurück. Als er nun aber umherschauend die Splitter und die Milchflocken auf dem Boden und den Vater seinen Stuhl vorhaltend hinter dem Ofen erblickte, da empfand er nicht Scham und Reue, vielleicht gar Schreck über das verübte Werk, nein, Stolz, höchsten Stolz — und die Süßigkeit der vollgesättigten Rache. Endlich hatte er seine Rede wahr gemacht und seinen Willen behauptet, nicht wie ein Esel, der sich schlagen ließ, sondern wie ein Löwe, der auf seine Gegner losgeht und Alles in die Flucht jagt! Ein Gefühl durchdrang ihn, so herrlich wie niemals in seinem Leben — die Seligkeit eines durch Muth und Schlagkraft errungenen vollständigen Sieges! Und in dem Bewußtsein des Geleisteten erhellte ein Genius seinen Geist und gab ihm die Fähigkeit, den Sieg auch zu benutzen. Hatte die Springflut des Zornes ihm vorhin den Sitz

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/175>, abgerufen am 22.12.2024.