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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ernst; aber das macht mir nichts, seitdem ich ihn besser kennen gelernt hab' und weiß, wie er's in seinem Herzen meint. Seine Fehler sind Kleinigkeiten, die er ablegen wird mit der Zeit. Und wenn ihm auch was davon bliebe -- meinen Sie, Frau Pfarrerin, daß ich nicht im Stande wär', mich seiner anzunehmen? In meinem Beisein würd' ihm Niemand etwas thun -- dafür ständ' ich gut!

Die Wangen des Mädchens hatten sich höher gefärbt und ihre Augen einen so muthigen Schein bekommen, daß die Frau sich nicht enthalten konnte, sie beifällig anzusehen und zu nicken, als ob sie sagen wollte: Du wärst's im Stande! -- Die Bäbe fuhr fort: Der neue Streit zwischen Vater und Sohn ist zu bedauern, und ich kann ganz ehrlich sagen, daß er mir so unlieb ist wie Ihnen. Aber was wird dran Schuld sein? Daß der Vater ihn wieder hat zwingen wollen, die Andere zu nehmen, und daß er sich nicht dazu hat bringen lassen. Und das muß mir doch auch wieder gefallen an ihm, und ich muß denken: wenn ihm auch Manches fehlt zu einem rechten Mann -- die Hauptsach' hat er doch! Wenn er so furchtsam gewesen ist von jeher und sich nichts getraut hat und nun einem so starken und gewaltthätigen Mann, wie sein Vater ist, doch nicht nachgiebt, sondern sich gegen ihn stellt und lieber Alles aushält, als von mir läßt -- muß ich ihm nicht auch lieber sein, als Alles? Und so einen Menschen sollt' ich

Ernst; aber das macht mir nichts, seitdem ich ihn besser kennen gelernt hab' und weiß, wie er's in seinem Herzen meint. Seine Fehler sind Kleinigkeiten, die er ablegen wird mit der Zeit. Und wenn ihm auch was davon bliebe — meinen Sie, Frau Pfarrerin, daß ich nicht im Stande wär', mich seiner anzunehmen? In meinem Beisein würd' ihm Niemand etwas thun — dafür ständ' ich gut!

Die Wangen des Mädchens hatten sich höher gefärbt und ihre Augen einen so muthigen Schein bekommen, daß die Frau sich nicht enthalten konnte, sie beifällig anzusehen und zu nicken, als ob sie sagen wollte: Du wärst's im Stande! — Die Bäbe fuhr fort: Der neue Streit zwischen Vater und Sohn ist zu bedauern, und ich kann ganz ehrlich sagen, daß er mir so unlieb ist wie Ihnen. Aber was wird dran Schuld sein? Daß der Vater ihn wieder hat zwingen wollen, die Andere zu nehmen, und daß er sich nicht dazu hat bringen lassen. Und das muß mir doch auch wieder gefallen an ihm, und ich muß denken: wenn ihm auch Manches fehlt zu einem rechten Mann — die Hauptsach' hat er doch! Wenn er so furchtsam gewesen ist von jeher und sich nichts getraut hat und nun einem so starken und gewaltthätigen Mann, wie sein Vater ist, doch nicht nachgiebt, sondern sich gegen ihn stellt und lieber Alles aushält, als von mir läßt — muß ich ihm nicht auch lieber sein, als Alles? Und so einen Menschen sollt' ich

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[0191] Ernst; aber das macht mir nichts, seitdem ich ihn besser kennen gelernt hab' und weiß, wie er's in seinem Herzen meint. Seine Fehler sind Kleinigkeiten, die er ablegen wird mit der Zeit. Und wenn ihm auch was davon bliebe — meinen Sie, Frau Pfarrerin, daß ich nicht im Stande wär', mich seiner anzunehmen? In meinem Beisein würd' ihm Niemand etwas thun — dafür ständ' ich gut! Die Wangen des Mädchens hatten sich höher gefärbt und ihre Augen einen so muthigen Schein bekommen, daß die Frau sich nicht enthalten konnte, sie beifällig anzusehen und zu nicken, als ob sie sagen wollte: Du wärst's im Stande! — Die Bäbe fuhr fort: Der neue Streit zwischen Vater und Sohn ist zu bedauern, und ich kann ganz ehrlich sagen, daß er mir so unlieb ist wie Ihnen. Aber was wird dran Schuld sein? Daß der Vater ihn wieder hat zwingen wollen, die Andere zu nehmen, und daß er sich nicht dazu hat bringen lassen. Und das muß mir doch auch wieder gefallen an ihm, und ich muß denken: wenn ihm auch Manches fehlt zu einem rechten Mann — die Hauptsach' hat er doch! Wenn er so furchtsam gewesen ist von jeher und sich nichts getraut hat und nun einem so starken und gewaltthätigen Mann, wie sein Vater ist, doch nicht nachgiebt, sondern sich gegen ihn stellt und lieber Alles aushält, als von mir läßt — muß ich ihm nicht auch lieber sein, als Alles? Und so einen Menschen sollt' ich

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/191>, abgerufen am 22.12.2024.