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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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dem Vater, indem er allerlei Tröstliches und Hoffnungsreiches beifügte, ohne indeß, ähnlich dem Andres, in Lobeserhebungen über das neue Land auszubrechen. Nach dem ersten Schreiben kam lange kein zweites, und der Vater mußte den Freunden und Dorfgenossen, die sich nach dem Paare erkundigten, besorgte Antworten geben. Endlich langte ein großer Brief an von der Bäbe. Er enthielt Aufklärung und Nachrichten, die den alten Schneider um so mehr erfreuten, als die Schwiegertochter noch während ihres Hierseins durch ihr liebenswürdiges Benehmen ihn ganz einzunehmen gewußt und er sie förmlich in sein Herz geschlossen hatte. Die Hauptstellen sind folgende:

"Ich hab' Euch beim Abschied versprochen, keine Lüge zu melden; und so dachte ich, ich wollte mit dem Schreiben warten, bis es uns besser hier gefiele. Mir hat es im Anfange sehr "and gethan", und meinem Mann auch. Es ist hart für eins, wenn es gleich zu englischen Leuten kommt und versteht ihre Sprache nicht; wenn man aber sprechen kann mit ihnen, dann hat man es gut, und als wir dieses lernten, befanden wir uns gleich viel besser. Jetzt brauch' ich Niemand mehr zu fragen, was das Englische bedeutet; ich kann so gut Englisch, wie Eins von den Deutschen hier, und jetzt gefällt es mir und meinem Mann ganz gut, und es geht uns auch gut, besser als wir denken konnten.

"Wir sind nämlich jetzt nicht mehr in Diensten, sondern haben eine Farm angenommen. Wir haben uns

dem Vater, indem er allerlei Tröstliches und Hoffnungsreiches beifügte, ohne indeß, ähnlich dem Andres, in Lobeserhebungen über das neue Land auszubrechen. Nach dem ersten Schreiben kam lange kein zweites, und der Vater mußte den Freunden und Dorfgenossen, die sich nach dem Paare erkundigten, besorgte Antworten geben. Endlich langte ein großer Brief an von der Bäbe. Er enthielt Aufklärung und Nachrichten, die den alten Schneider um so mehr erfreuten, als die Schwiegertochter noch während ihres Hierseins durch ihr liebenswürdiges Benehmen ihn ganz einzunehmen gewußt und er sie förmlich in sein Herz geschlossen hatte. Die Hauptstellen sind folgende:

„Ich hab' Euch beim Abschied versprochen, keine Lüge zu melden; und so dachte ich, ich wollte mit dem Schreiben warten, bis es uns besser hier gefiele. Mir hat es im Anfange sehr „and gethan“, und meinem Mann auch. Es ist hart für eins, wenn es gleich zu englischen Leuten kommt und versteht ihre Sprache nicht; wenn man aber sprechen kann mit ihnen, dann hat man es gut, und als wir dieses lernten, befanden wir uns gleich viel besser. Jetzt brauch' ich Niemand mehr zu fragen, was das Englische bedeutet; ich kann so gut Englisch, wie Eins von den Deutschen hier, und jetzt gefällt es mir und meinem Mann ganz gut, und es geht uns auch gut, besser als wir denken konnten.

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[0207] dem Vater, indem er allerlei Tröstliches und Hoffnungsreiches beifügte, ohne indeß, ähnlich dem Andres, in Lobeserhebungen über das neue Land auszubrechen. Nach dem ersten Schreiben kam lange kein zweites, und der Vater mußte den Freunden und Dorfgenossen, die sich nach dem Paare erkundigten, besorgte Antworten geben. Endlich langte ein großer Brief an von der Bäbe. Er enthielt Aufklärung und Nachrichten, die den alten Schneider um so mehr erfreuten, als die Schwiegertochter noch während ihres Hierseins durch ihr liebenswürdiges Benehmen ihn ganz einzunehmen gewußt und er sie förmlich in sein Herz geschlossen hatte. Die Hauptstellen sind folgende: „Ich hab' Euch beim Abschied versprochen, keine Lüge zu melden; und so dachte ich, ich wollte mit dem Schreiben warten, bis es uns besser hier gefiele. Mir hat es im Anfange sehr „and gethan“, und meinem Mann auch. Es ist hart für eins, wenn es gleich zu englischen Leuten kommt und versteht ihre Sprache nicht; wenn man aber sprechen kann mit ihnen, dann hat man es gut, und als wir dieses lernten, befanden wir uns gleich viel besser. Jetzt brauch' ich Niemand mehr zu fragen, was das Englische bedeutet; ich kann so gut Englisch, wie Eins von den Deutschen hier, und jetzt gefällt es mir und meinem Mann ganz gut, und es geht uns auch gut, besser als wir denken konnten. „Wir sind nämlich jetzt nicht mehr in Diensten, sondern haben eine Farm angenommen. Wir haben uns

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/207>, abgerufen am 18.05.2024.