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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Was fehlt dem Mädchen? -- Nun, sagte Tobias mit halbem Lächeln, zum Lieben ist sie doch wahrhaftig nicht gemacht. Und wenn man Eine heirathet und man sie haben muß sein ganzes Leben lang, da sollte man sie doch auch gern haben, sollt' ich meinen. Die Eh' ist am End' eine heilige Sach', und da geht's hernach doch nicht so mir nichts dir nichts.

Das Befremden des Alten war bei diesen Worten in einem Grade gestiegen, daß er den Sohn braunern Gesichts mit großen Augen ansah und ihn unterbrechend rief: Was sind das für Einfäll'? Steckt dir von deinem Doten noch was im Kopf? Die Sibylle ist brav, ist geschickt und fleißig bei der Arbeit, und ich hab' in meinem Leben gar Manche gesehen, die lang' nicht so schön gewesen ist und doch einen Mann gekriegt und gut mit ihm gehaus't hat. Willst du etwa gar heikel sein und den Vornehmen spielen und aus dummem Stolz dein Glück verpassen? Oder -- hast du vielleicht eine Andere? -- Tobias erröthete bei dieser Frage, rief aber schnell mit so tiefer Empfindung: Ach, wie sollt' ich zu einer Andern kommen! daß der Vater bei der geringen Meinung, die er überhaupt von seinen Fähigkeiten hatte, die Röthe falsch deutete und spöttisch erwiderte: Ja, das möcht' ich auch wissen! Ernsthaft setzte er hinzu: Also laß diese Späß' jetzt und mach vorwärts! Du weißt, lang Streiten ist meine Sach' nicht. Ich hoff', ich hör' die Woch' noch, daß du im Reinen bist! -- Aber so

Was fehlt dem Mädchen? — Nun, sagte Tobias mit halbem Lächeln, zum Lieben ist sie doch wahrhaftig nicht gemacht. Und wenn man Eine heirathet und man sie haben muß sein ganzes Leben lang, da sollte man sie doch auch gern haben, sollt' ich meinen. Die Eh' ist am End' eine heilige Sach', und da geht's hernach doch nicht so mir nichts dir nichts.

Das Befremden des Alten war bei diesen Worten in einem Grade gestiegen, daß er den Sohn braunern Gesichts mit großen Augen ansah und ihn unterbrechend rief: Was sind das für Einfäll'? Steckt dir von deinem Doten noch was im Kopf? Die Sibylle ist brav, ist geschickt und fleißig bei der Arbeit, und ich hab' in meinem Leben gar Manche gesehen, die lang' nicht so schön gewesen ist und doch einen Mann gekriegt und gut mit ihm gehaus't hat. Willst du etwa gar heikel sein und den Vornehmen spielen und aus dummem Stolz dein Glück verpassen? Oder — hast du vielleicht eine Andere? — Tobias erröthete bei dieser Frage, rief aber schnell mit so tiefer Empfindung: Ach, wie sollt' ich zu einer Andern kommen! daß der Vater bei der geringen Meinung, die er überhaupt von seinen Fähigkeiten hatte, die Röthe falsch deutete und spöttisch erwiderte: Ja, das möcht' ich auch wissen! Ernsthaft setzte er hinzu: Also laß diese Späß' jetzt und mach vorwärts! Du weißt, lang Streiten ist meine Sach' nicht. Ich hoff', ich hör' die Woch' noch, daß du im Reinen bist! — Aber so

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[0035] Was fehlt dem Mädchen? — Nun, sagte Tobias mit halbem Lächeln, zum Lieben ist sie doch wahrhaftig nicht gemacht. Und wenn man Eine heirathet und man sie haben muß sein ganzes Leben lang, da sollte man sie doch auch gern haben, sollt' ich meinen. Die Eh' ist am End' eine heilige Sach', und da geht's hernach doch nicht so mir nichts dir nichts. Das Befremden des Alten war bei diesen Worten in einem Grade gestiegen, daß er den Sohn braunern Gesichts mit großen Augen ansah und ihn unterbrechend rief: Was sind das für Einfäll'? Steckt dir von deinem Doten noch was im Kopf? Die Sibylle ist brav, ist geschickt und fleißig bei der Arbeit, und ich hab' in meinem Leben gar Manche gesehen, die lang' nicht so schön gewesen ist und doch einen Mann gekriegt und gut mit ihm gehaus't hat. Willst du etwa gar heikel sein und den Vornehmen spielen und aus dummem Stolz dein Glück verpassen? Oder — hast du vielleicht eine Andere? — Tobias erröthete bei dieser Frage, rief aber schnell mit so tiefer Empfindung: Ach, wie sollt' ich zu einer Andern kommen! daß der Vater bei der geringen Meinung, die er überhaupt von seinen Fähigkeiten hatte, die Röthe falsch deutete und spöttisch erwiderte: Ja, das möcht' ich auch wissen! Ernsthaft setzte er hinzu: Also laß diese Späß' jetzt und mach vorwärts! Du weißt, lang Streiten ist meine Sach' nicht. Ich hoff', ich hör' die Woch' noch, daß du im Reinen bist! — Aber so

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/35>, abgerufen am 22.12.2024.