Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.Bedürfnisse oder die staatsbürgerliche Gleichheit. Die Gleichheit So mußte der Widerspruch des Werths, der in der Volks- Bedürfniſſe oder die ſtaatsbürgerliche Gleichheit. Die Gleichheit So mußte der Widerſpruch des Werths, der in der Volks- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0114" n="104"/> Bedürfniſſe oder die ſtaatsbürgerliche Gleichheit. Die Gleichheit<lb/> der unumſchränkten Perſönlichkeit beherbergt alle Unterſchiede kühn<lb/> in ſich, ohne in ihrem unerſchütterlichen Weſen getrübt zu wer-<lb/> den: ſie drückt ſich aus nach der Seite der Perſonen als der freie<lb/> Arbeiter, der denkende Producent; nach der Seite der Dinge als<lb/> der Lohn der Arbeit, der Beſitz durch den Tauſch. Jm Werthe<lb/> der Arbeit, als dem von dem Geiſte der arbeitenden Perſönlich-<lb/> keit durchdrungenen Preiſe, veräußere ich mein innerliches Weſen<lb/> frei einem Andern gegen einen gleichen Werth, der zur Befruch-<lb/> tung dieſes meines Weſen dient, nehme alſo das fremde Selbſt<lb/> an, indem ich mich ſelbſt ihm in anderer Form zurückgebe. Der<lb/> Werth iſt die Ueberſetzung des Einen Jch in das andere oder in<lb/> tauſend Bruchtheile von tauſend andern.</p><lb/> <p>So mußte der Widerſpruch des Werths, der in der Volks-<lb/> wirthſchaft aus der Nothwendigkeit des freien Willens entſprang,<lb/> von der Verhältnißmäßigkeit des Werths beſiegt werden, d. h.<lb/> von jener andern Nothwendigkeit, welche das Ergebniß der ver-<lb/> einigten Freiheit und Vernunft iſt. Damit aber dieſer Sieg der<lb/> vernünftigen und freien Arbeit alle ſeine Folgerungen zöge, mußte<lb/> die Geſellſchaft nothwendig durch eine lange Entwickelungsreihe<lb/> von Qualen wandern. Es war eine Nothwendigkeit, daß die Ar-<lb/> beit, um ihre Macht zu erhöhen, ſich theilte; und um dieſer Thei-<lb/> lung willen eine Nothwendigkeit, daß der Arbeiter entwürdigt<lb/> wurde und verarmte: aber auch dieſe Theilung wieder überwinde,<lb/> und durch Vergeſellſchaftung der Arbeit erſtarke. Es war eine<lb/> Nothwendigkeit, daß dieſe urſprüngliche Theilung ſich durch Werk-<lb/> zeuge und die Kunſt der Mechanik wieder zuſammenſetzte; und um<lb/> dieſer Zuſammenſetzung willen eine Nothwendigkeit, daß der un-<lb/> tergeordnete Arbeiter zugleich mit dem rechtmäßigen Lohne die<lb/> Stelle im Gewerbfleiße verlor, die ihn ernährte: aber auch, daß<lb/> er in der Geſellſchaft Mit-Eigenthümer der Maſchine werde und<lb/> ſeinen verdienten Antheil am Gewinn wiedererhalte. Es war eine<lb/> Nothwendigkeit, daß die Concurrenz eintrat um die ihrem Unter-<lb/> gange naheſtehende Freiheit zu retten: und wieder eine Nothwen-<lb/> digkeit, daß dieſe Befreiung zu einer ungeheuern Bedrängung der<lb/> Arbeiter ausſchlug; damit die Sieger in dieſem Weltkampf nun-<lb/> mehr ſelbſt der Beſiegten ſich brüderlich annehmen, und dieſe den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0114]
Bedürfniſſe oder die ſtaatsbürgerliche Gleichheit. Die Gleichheit
der unumſchränkten Perſönlichkeit beherbergt alle Unterſchiede kühn
in ſich, ohne in ihrem unerſchütterlichen Weſen getrübt zu wer-
den: ſie drückt ſich aus nach der Seite der Perſonen als der freie
Arbeiter, der denkende Producent; nach der Seite der Dinge als
der Lohn der Arbeit, der Beſitz durch den Tauſch. Jm Werthe
der Arbeit, als dem von dem Geiſte der arbeitenden Perſönlich-
keit durchdrungenen Preiſe, veräußere ich mein innerliches Weſen
frei einem Andern gegen einen gleichen Werth, der zur Befruch-
tung dieſes meines Weſen dient, nehme alſo das fremde Selbſt
an, indem ich mich ſelbſt ihm in anderer Form zurückgebe. Der
Werth iſt die Ueberſetzung des Einen Jch in das andere oder in
tauſend Bruchtheile von tauſend andern.
So mußte der Widerſpruch des Werths, der in der Volks-
wirthſchaft aus der Nothwendigkeit des freien Willens entſprang,
von der Verhältnißmäßigkeit des Werths beſiegt werden, d. h.
von jener andern Nothwendigkeit, welche das Ergebniß der ver-
einigten Freiheit und Vernunft iſt. Damit aber dieſer Sieg der
vernünftigen und freien Arbeit alle ſeine Folgerungen zöge, mußte
die Geſellſchaft nothwendig durch eine lange Entwickelungsreihe
von Qualen wandern. Es war eine Nothwendigkeit, daß die Ar-
beit, um ihre Macht zu erhöhen, ſich theilte; und um dieſer Thei-
lung willen eine Nothwendigkeit, daß der Arbeiter entwürdigt
wurde und verarmte: aber auch dieſe Theilung wieder überwinde,
und durch Vergeſellſchaftung der Arbeit erſtarke. Es war eine
Nothwendigkeit, daß dieſe urſprüngliche Theilung ſich durch Werk-
zeuge und die Kunſt der Mechanik wieder zuſammenſetzte; und um
dieſer Zuſammenſetzung willen eine Nothwendigkeit, daß der un-
tergeordnete Arbeiter zugleich mit dem rechtmäßigen Lohne die
Stelle im Gewerbfleiße verlor, die ihn ernährte: aber auch, daß
er in der Geſellſchaft Mit-Eigenthümer der Maſchine werde und
ſeinen verdienten Antheil am Gewinn wiedererhalte. Es war eine
Nothwendigkeit, daß die Concurrenz eintrat um die ihrem Unter-
gange naheſtehende Freiheit zu retten: und wieder eine Nothwen-
digkeit, daß dieſe Befreiung zu einer ungeheuern Bedrängung der
Arbeiter ausſchlug; damit die Sieger in dieſem Weltkampf nun-
mehr ſelbſt der Beſiegten ſich brüderlich annehmen, und dieſe den
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