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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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IV. Durst -- Erkältungen -- kalter Thee und Kaffee -- Fleischbrühe.
kräftige, wohlgenährte Naturen den treuen, nützlichen Wan-
dergefährten, den Schweiß, nicht so ängstlich scheuen, nur
selbstverständlich sich nicht jäher Abkühlung in Zugluft aus-
setzen, besonders nach großen Gewaltmärschen eines heißen
Tages sich nicht dem Nachtthau preisgeben. Ist nach der
Seite hin dennoch gesündigt, so daß eine Erkältung winkt, so
läßt sich dieser oft dadurch vorbeugen, daß man sich rasch von
Neuem tüchtig heiß läuft und dann wohlverhüllt langsam
abkühlt. Auch den folterndsten Durst -- er tritt ohne Appetit
auf und wird in der Schweiz Dursthunger, anderwärts
Magenblödigkeit genannt -- suche man nie durch Schnee zu
dämpfen, denn der steigert ihn. Das beste Mittel dagegen
ist kalter Thee oder Kaffee, jeder Branntweinmischung
durchaus vorzuziehen. Französische Rothweine verursachen
bei Einigen Trockenheit des Schlundes. Um diese zu ver-
meiden, nehmen Manche einen Grashalm in den Mund,
Andere kauen ein Stückchen Cigarre. Bei äußerster Er-
schöpfung trinken Vorsichtige vermittelst Theelöffeln, und es
scheint, daß so eine mäßige Quantität durstlöschender wirkt
und den Magen weniger belästigt, als die mehrfache in
langen Zügen getrunkene. -- Wohl noch lange wird es
dauern, bis unsre Köchinnen ihr Vorurtheil abgelegt haben,
daß in Fleischbrühe nur der Eidotter ohne das Weiße gehöre,
ich bestelle deshalb immer neben der Brühe rohe Eier in der
Schale und rühre deren ganzen Inhalt eigenhändig hinein,
schäme mich auch nicht, dies der Welt offen einzugestehen.

Getränk bei großer Hitze zu kühlen, dienen unglasirte
Thonkrüge; fehlt es an solchen, so schlägt man um das Ge-
fäß ein feuchtes Tuch und setzt es so der Sonne aus. -- Auf
Wanderungen und beim Aufenthalt an fremden Orten ver-
meidet der Vorsichtige, von dem ungewohnten Wasser
viel auf einmal unvermischt und kalt zu trinken, sei dasselbe
an sich auch noch so vortrefflich und sein Magen noch so gut,
sondern begnügt sich mit mäßiger Quantität, setzt auch ent-

IV. Durſt — Erkältungen — kalter Thee und Kaffee — Fleiſchbrühe.
kräftige, wohlgenährte Naturen den treuen, nützlichen Wan-
dergefährten, den Schweiß, nicht ſo ängſtlich ſcheuen, nur
ſelbſtverſtändlich ſich nicht jäher Abkühlung in Zugluft aus-
ſetzen, beſonders nach großen Gewaltmärſchen eines heißen
Tages ſich nicht dem Nachtthau preisgeben. Iſt nach der
Seite hin dennoch geſündigt, ſo daß eine Erkältung winkt, ſo
läßt ſich dieſer oft dadurch vorbeugen, daß man ſich raſch von
Neuem tüchtig heiß läuft und dann wohlverhüllt langſam
abkühlt. Auch den folterndſten Durſt — er tritt ohne Appetit
auf und wird in der Schweiz Durſthunger, anderwärts
Magenblödigkeit genannt — ſuche man nie durch Schnee zu
dämpfen, denn der ſteigert ihn. Das beſte Mittel dagegen
iſt kalter Thee oder Kaffee, jeder Branntweinmiſchung
durchaus vorzuziehen. Franzöſiſche Rothweine verurſachen
bei Einigen Trockenheit des Schlundes. Um dieſe zu ver-
meiden, nehmen Manche einen Grashalm in den Mund,
Andere kauen ein Stückchen Cigarre. Bei äußerſter Er-
ſchöpfung trinken Vorſichtige vermittelſt Theelöffeln, und es
ſcheint, daß ſo eine mäßige Quantität durſtlöſchender wirkt
und den Magen weniger beläſtigt, als die mehrfache in
langen Zügen getrunkene. — Wohl noch lange wird es
dauern, bis unſre Köchinnen ihr Vorurtheil abgelegt haben,
daß in Fleiſchbrühe nur der Eidotter ohne das Weiße gehöre,
ich beſtelle deshalb immer neben der Brühe rohe Eier in der
Schale und rühre deren ganzen Inhalt eigenhändig hinein,
ſchäme mich auch nicht, dies der Welt offen einzugeſtehen.

Getränk bei großer Hitze zu kühlen, dienen unglaſirte
Thonkrüge; fehlt es an ſolchen, ſo ſchlägt man um das Ge-
fäß ein feuchtes Tuch und ſetzt es ſo der Sonne aus. — Auf
Wanderungen und beim Aufenthalt an fremden Orten ver-
meidet der Vorſichtige, von dem ungewohnten Waſſer
viel auf einmal unvermiſcht und kalt zu trinken, ſei daſſelbe
an ſich auch noch ſo vortrefflich und ſein Magen noch ſo gut,
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[90/0104] IV. Durſt — Erkältungen — kalter Thee und Kaffee — Fleiſchbrühe. kräftige, wohlgenährte Naturen den treuen, nützlichen Wan- dergefährten, den Schweiß, nicht ſo ängſtlich ſcheuen, nur ſelbſtverſtändlich ſich nicht jäher Abkühlung in Zugluft aus- ſetzen, beſonders nach großen Gewaltmärſchen eines heißen Tages ſich nicht dem Nachtthau preisgeben. Iſt nach der Seite hin dennoch geſündigt, ſo daß eine Erkältung winkt, ſo läßt ſich dieſer oft dadurch vorbeugen, daß man ſich raſch von Neuem tüchtig heiß läuft und dann wohlverhüllt langſam abkühlt. Auch den folterndſten Durſt — er tritt ohne Appetit auf und wird in der Schweiz Durſthunger, anderwärts Magenblödigkeit genannt — ſuche man nie durch Schnee zu dämpfen, denn der ſteigert ihn. Das beſte Mittel dagegen iſt kalter Thee oder Kaffee, jeder Branntweinmiſchung durchaus vorzuziehen. Franzöſiſche Rothweine verurſachen bei Einigen Trockenheit des Schlundes. Um dieſe zu ver- meiden, nehmen Manche einen Grashalm in den Mund, Andere kauen ein Stückchen Cigarre. Bei äußerſter Er- ſchöpfung trinken Vorſichtige vermittelſt Theelöffeln, und es ſcheint, daß ſo eine mäßige Quantität durſtlöſchender wirkt und den Magen weniger beläſtigt, als die mehrfache in langen Zügen getrunkene. — Wohl noch lange wird es dauern, bis unſre Köchinnen ihr Vorurtheil abgelegt haben, daß in Fleiſchbrühe nur der Eidotter ohne das Weiße gehöre, ich beſtelle deshalb immer neben der Brühe rohe Eier in der Schale und rühre deren ganzen Inhalt eigenhändig hinein, ſchäme mich auch nicht, dies der Welt offen einzugeſtehen. Getränk bei großer Hitze zu kühlen, dienen unglaſirte Thonkrüge; fehlt es an ſolchen, ſo ſchlägt man um das Ge- fäß ein feuchtes Tuch und ſetzt es ſo der Sonne aus. — Auf Wanderungen und beim Aufenthalt an fremden Orten ver- meidet der Vorſichtige, von dem ungewohnten Waſſer viel auf einmal unvermiſcht und kalt zu trinken, ſei daſſelbe an ſich auch noch ſo vortrefflich und ſein Magen noch ſo gut, ſondern begnügt ſich mit mäßiger Quantität, ſetzt auch ent-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/104>, abgerufen am 21.11.2024.