Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Bedürfniß und Ueberfluß -- Stiftungen. gymnastik, deutschen Turnanstalten etc. aufwarten können.Ja, großmächtige Trink- und Badequellen, deren Ruhm zurückdatirt bis in altrömische Kaiserzeit, verschmähen es nicht, sich zugleich als Luftbäder zu empfehlen. Kurz, die Machtstellung des neuen Souveräns ist allseitig anerkannt, befestigt, seine Zukunft gesichert. Auch Goethe, so sehr er den Karlsbader Mineralquellen zugethan war, wußte, daß man sich im "Thau der Berge" gesund baden könne, und Gustav Schwab räth: Geh' in ein Bad, doch nicht um da zu baden, Zum Brunnen, doch das Glas nicht an den Mund, Viel lieber laß zum Firnewein Dich laden, Hinab zur Kühle dort im Felsengrund, Empor im Schweiß auf steilen Tannenpfaden, Lern' wieder leben und du wirst gesund. Betrachten wir nun aber die Residenzen des neuen Sou- V. Bedürfniß und Ueberfluß — Stiftungen. gymnaſtik, deutſchen Turnanſtalten ꝛc. aufwarten können.Ja, großmächtige Trink- und Badequellen, deren Ruhm zurückdatirt bis in altrömiſche Kaiſerzeit, verſchmähen es nicht, ſich zugleich als Luftbäder zu empfehlen. Kurz, die Machtſtellung des neuen Souveräns iſt allſeitig anerkannt, befeſtigt, ſeine Zukunft geſichert. Auch Goethe, ſo ſehr er den Karlsbader Mineralquellen zugethan war, wußte, daß man ſich im „Thau der Berge“ geſund baden könne, und Guſtav Schwab räth: Geh’ in ein Bad, doch nicht um da zu baden, Zum Brunnen, doch das Glas nicht an den Mund, Viel lieber laß zum Firnewein Dich laden, Hinab zur Kühle dort im Felſengrund, Empor im Schweiß auf ſteilen Tannenpfaden, Lern’ wieder leben und du wirſt geſund. Betrachten wir nun aber die Reſidenzen des neuen Sou- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0117" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Bedürfniß und Ueberfluß — Stiftungen.</fw><lb/> gymnaſtik, deutſchen Turnanſtalten ꝛc. aufwarten können.<lb/> Ja, großmächtige Trink- und Badequellen, deren Ruhm<lb/> zurückdatirt bis in altrömiſche Kaiſerzeit, verſchmähen es<lb/> nicht, ſich zugleich als Luftbäder zu empfehlen. Kurz, die<lb/> Machtſtellung des neuen Souveräns iſt allſeitig anerkannt,<lb/> befeſtigt, ſeine Zukunft geſichert. Auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118540238">Goethe</persName>, ſo ſehr er<lb/> den <placeName>Karlsbader Mineralquellen</placeName> zugethan war, wußte, daß<lb/> man ſich im „Thau der Berge“ geſund baden könne, und<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118762745">Guſtav Schwab</persName> räth:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Geh’ in ein Bad, doch nicht um da zu baden,</l><lb/> <l>Zum Brunnen, doch das Glas nicht an den Mund,</l><lb/> <l>Viel lieber laß zum Firnewein Dich laden,</l><lb/> <l>Hinab zur Kühle dort im Felſengrund,</l><lb/> <l>Empor im Schweiß auf ſteilen Tannenpfaden,</l><lb/> <l>Lern’ wieder leben und du wirſt geſund.</l> </lg><lb/> <p>Betrachten wir nun aber die Reſidenzen des neuen Sou-<lb/> veräns, ſo zeigt ſich, daß es da in vielen recht windig aus-<lb/> ſieht. Nur zu oft fehlt es gerade am Nothwendigen, während<lb/> man allerhand Ueberflüſſigkeiten auf Koſten der erſten Be-<lb/> dürfniſſe herbeizuſchaffen wußte: ein Zeichen, daß es weniger<lb/> an Geld und gutem Willen, als an Ueberlegung und Er-<lb/> fahrung gebricht. Was hier unter Nothwendigem verſtanden<lb/> iſt, wird weiterhin hinlänglich erhellen, kurz und bündig läßt<lb/> es ſich <hi rendition="#aq">in abstracto</hi> nicht wohl ſagen, weil für den einen Ort<lb/> ein Bedürfniß ſein kann, was für den andern entbehrlich iſt,<lb/> und eine Prüfung der einzelnen Curorte außerhalb der Auf-<lb/> gabe dieſes Büchleins liegt. Was nicht darunter zu rechnen,<lb/> iſt deſto leichter geſagt. Es ſind zunächſt perſönliche Artig-<lb/> keiten und Liebedienereien, jene Unzahl von Dedications-<lb/> tafeln, Gedenkſäulen, Büſten, Medaillons, von denen unſre<lb/> Badeorte ſtrotzen und in deren Anlage Ortsvorſtände und<lb/> Fremde wetteifern. Auf öffentliche Koſten ſollte derlei über-<lb/> haupt nie angelegt werden, denn jeder dafür verausgabte<lb/> Gulden wäre vortheilhafter für die Beſucher und die ein-<lb/> heimiſchen Armen auf Anlage neuer und Verbeſſerung alter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0117]
V. Bedürfniß und Ueberfluß — Stiftungen.
gymnaſtik, deutſchen Turnanſtalten ꝛc. aufwarten können.
Ja, großmächtige Trink- und Badequellen, deren Ruhm
zurückdatirt bis in altrömiſche Kaiſerzeit, verſchmähen es
nicht, ſich zugleich als Luftbäder zu empfehlen. Kurz, die
Machtſtellung des neuen Souveräns iſt allſeitig anerkannt,
befeſtigt, ſeine Zukunft geſichert. Auch Goethe, ſo ſehr er
den Karlsbader Mineralquellen zugethan war, wußte, daß
man ſich im „Thau der Berge“ geſund baden könne, und
Guſtav Schwab räth:
Geh’ in ein Bad, doch nicht um da zu baden,
Zum Brunnen, doch das Glas nicht an den Mund,
Viel lieber laß zum Firnewein Dich laden,
Hinab zur Kühle dort im Felſengrund,
Empor im Schweiß auf ſteilen Tannenpfaden,
Lern’ wieder leben und du wirſt geſund.
Betrachten wir nun aber die Reſidenzen des neuen Sou-
veräns, ſo zeigt ſich, daß es da in vielen recht windig aus-
ſieht. Nur zu oft fehlt es gerade am Nothwendigen, während
man allerhand Ueberflüſſigkeiten auf Koſten der erſten Be-
dürfniſſe herbeizuſchaffen wußte: ein Zeichen, daß es weniger
an Geld und gutem Willen, als an Ueberlegung und Er-
fahrung gebricht. Was hier unter Nothwendigem verſtanden
iſt, wird weiterhin hinlänglich erhellen, kurz und bündig läßt
es ſich in abstracto nicht wohl ſagen, weil für den einen Ort
ein Bedürfniß ſein kann, was für den andern entbehrlich iſt,
und eine Prüfung der einzelnen Curorte außerhalb der Auf-
gabe dieſes Büchleins liegt. Was nicht darunter zu rechnen,
iſt deſto leichter geſagt. Es ſind zunächſt perſönliche Artig-
keiten und Liebedienereien, jene Unzahl von Dedications-
tafeln, Gedenkſäulen, Büſten, Medaillons, von denen unſre
Badeorte ſtrotzen und in deren Anlage Ortsvorſtände und
Fremde wetteifern. Auf öffentliche Koſten ſollte derlei über-
haupt nie angelegt werden, denn jeder dafür verausgabte
Gulden wäre vortheilhafter für die Beſucher und die ein-
heimiſchen Armen auf Anlage neuer und Verbeſſerung alter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |