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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VI. Abrechnung.
ihn fort, damit er, der Arzt, und die Angehörigen des Pa-
tienten sich zu Hause einmal erholen können. Von den
hieraus entspringenden Unzuträglichkeiten cassiren der Wirth
und seine Leute neben Rechnungen und Trinkgeldern erkleck-
liche Summen in jedem Geschäftsjahr ein, welche auch wir,
wenn wir Bilanz ziehen, zu buchen haben.

Vergeben wir ihnen dagegen -- selbstverständlich
bin ich weit entfernt, es gutzuheißen
-- wenn
sie Bedienung eigens berechnen, aber dennoch dulden, daß
der Kellner dem Fremden über die Natur dieses Postens An-
deutungen gibt, welche unbeachtet zu lassen Jedem zusteht; ver-
zeihen wir ihnen, wenn sie nicht benutzte Lichte *) besonders
ansetzen; wenn sie die Zimmermiethe von Mitternacht zu
Mitternacht und jeden Bruchtag für voll rechnen, so daß für
acht Stunden Nießbrauch zwei Tage angekreidet werden,
mithin Bevortheilung weit über die Hälfte. Erweist sich die
Totalsumme nicht allzu hoch getrieben und war die Ver-
pflegung gut, so mag's drum sein. Vielleicht geschieht es
aus Zartgefühl, sie wollen uns nicht erschrecken durch hohen
Satz für Zimmermiethe, machen deshalb mehre kleinere
Ziffern unter verschiedenen Benennungen daraus, weil, wie
sie an den Packträgern täglich bemerken, jede Last minder
drückt, wenn sie über den Rücken breit vertheilt, als wenn sie
auf eine Schulter gepackt ist. Nehmen wir es ihnen ferner
nicht allzu übel, wenn sie ihr Interesse an unsrer Person in
oben angedeuteter tief eingehender Weise bethätigen. Meinet-
wegen mögen Einzelne sogar, wie vorkommen soll, unsren
Ausgängen auf der Straße von ferne nachspähen, ja an

*) Wer spät Abends eintrifft, blos um zu nächtigen, und gewahrt, daß der
Kellner zwei neue Kerzen für ihn anzünden will, damit das berüchtigte Bougies-
Item auf der Rechnung erscheint, darf dies sehr füglich verbieten und sich ent-
weder ein Stück Licht geben lassen, oder sein eigenes Wachslichtchen aus der
Tasche ziehen und es die wenigen Minuten anbrennen. Aus der Betonung des
"Gutenacht" des Kellners kann er dann schon berechnen, ob die Lichtsteuer nieder-,
oder zum "logement" geschlagen wird.

VI. Abrechnung.
ihn fort, damit er, der Arzt, und die Angehörigen des Pa-
tienten ſich zu Hauſe einmal erholen können. Von den
hieraus entſpringenden Unzuträglichkeiten caſſiren der Wirth
und ſeine Leute neben Rechnungen und Trinkgeldern erkleck-
liche Summen in jedem Geſchäftsjahr ein, welche auch wir,
wenn wir Bilanz ziehen, zu buchen haben.

Vergeben wir ihnen dagegen — ſelbſtverſtändlich
bin ich weit entfernt, es gutzuheißen
— wenn
ſie Bedienung eigens berechnen, aber dennoch dulden, daß
der Kellner dem Fremden über die Natur dieſes Poſtens An-
deutungen gibt, welche unbeachtet zu laſſen Jedem zuſteht; ver-
zeihen wir ihnen, wenn ſie nicht benutzte Lichte *) beſonders
anſetzen; wenn ſie die Zimmermiethe von Mitternacht zu
Mitternacht und jeden Bruchtag für voll rechnen, ſo daß für
acht Stunden Nießbrauch zwei Tage angekreidet werden,
mithin Bevortheilung weit über die Hälfte. Erweiſt ſich die
Totalſumme nicht allzu hoch getrieben und war die Ver-
pflegung gut, ſo mag’s drum ſein. Vielleicht geſchieht es
aus Zartgefühl, ſie wollen uns nicht erſchrecken durch hohen
Satz für Zimmermiethe, machen deshalb mehre kleinere
Ziffern unter verſchiedenen Benennungen daraus, weil, wie
ſie an den Packträgern täglich bemerken, jede Laſt minder
drückt, wenn ſie über den Rücken breit vertheilt, als wenn ſie
auf eine Schulter gepackt iſt. Nehmen wir es ihnen ferner
nicht allzu übel, wenn ſie ihr Intereſſe an unſrer Perſon in
oben angedeuteter tief eingehender Weiſe bethätigen. Meinet-
wegen mögen Einzelne ſogar, wie vorkommen ſoll, unſren
Ausgängen auf der Straße von ferne nachſpähen, ja an

*) Wer ſpät Abends eintrifft, blos um zu nächtigen, und gewahrt, daß der
Kellner zwei neue Kerzen für ihn anzünden will, damit das berüchtigte Bougies-
Item auf der Rechnung erſcheint, darf dies ſehr füglich verbieten und ſich ent-
weder ein Stück Licht geben laſſen, oder ſein eigenes Wachslichtchen aus der
Taſche ziehen und es die wenigen Minuten anbrennen. Aus der Betonung des
„Gutenacht“ des Kellners kann er dann ſchon berechnen, ob die Lichtſteuer nieder-,
oder zum „logement“ geſchlagen wird.
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[183/0197] VI. Abrechnung. ihn fort, damit er, der Arzt, und die Angehörigen des Pa- tienten ſich zu Hauſe einmal erholen können. Von den hieraus entſpringenden Unzuträglichkeiten caſſiren der Wirth und ſeine Leute neben Rechnungen und Trinkgeldern erkleck- liche Summen in jedem Geſchäftsjahr ein, welche auch wir, wenn wir Bilanz ziehen, zu buchen haben. Vergeben wir ihnen dagegen — ſelbſtverſtändlich bin ich weit entfernt, es gutzuheißen — wenn ſie Bedienung eigens berechnen, aber dennoch dulden, daß der Kellner dem Fremden über die Natur dieſes Poſtens An- deutungen gibt, welche unbeachtet zu laſſen Jedem zuſteht; ver- zeihen wir ihnen, wenn ſie nicht benutzte Lichte *) beſonders anſetzen; wenn ſie die Zimmermiethe von Mitternacht zu Mitternacht und jeden Bruchtag für voll rechnen, ſo daß für acht Stunden Nießbrauch zwei Tage angekreidet werden, mithin Bevortheilung weit über die Hälfte. Erweiſt ſich die Totalſumme nicht allzu hoch getrieben und war die Ver- pflegung gut, ſo mag’s drum ſein. Vielleicht geſchieht es aus Zartgefühl, ſie wollen uns nicht erſchrecken durch hohen Satz für Zimmermiethe, machen deshalb mehre kleinere Ziffern unter verſchiedenen Benennungen daraus, weil, wie ſie an den Packträgern täglich bemerken, jede Laſt minder drückt, wenn ſie über den Rücken breit vertheilt, als wenn ſie auf eine Schulter gepackt iſt. Nehmen wir es ihnen ferner nicht allzu übel, wenn ſie ihr Intereſſe an unſrer Perſon in oben angedeuteter tief eingehender Weiſe bethätigen. Meinet- wegen mögen Einzelne ſogar, wie vorkommen ſoll, unſren Ausgängen auf der Straße von ferne nachſpähen, ja an *) Wer ſpät Abends eintrifft, blos um zu nächtigen, und gewahrt, daß der Kellner zwei neue Kerzen für ihn anzünden will, damit das berüchtigte Bougies- Item auf der Rechnung erſcheint, darf dies ſehr füglich verbieten und ſich ent- weder ein Stück Licht geben laſſen, oder ſein eigenes Wachslichtchen aus der Taſche ziehen und es die wenigen Minuten anbrennen. Aus der Betonung des „Gutenacht“ des Kellners kann er dann ſchon berechnen, ob die Lichtſteuer nieder-, oder zum „logement“ geſchlagen wird.

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/197>, abgerufen am 24.11.2024.