nun dauernd einverleibt ist. Dieser subcutane Nothpfennig bietet dem Besitzer auch dann noch eine Hilfsquelle, wenn er das Unglück hatte, bis auf die Haut ausgeplündert zu werden, so lange man ihm nur diese gelassen hat.
Von allen Arten, Werthgegenstände zu sichern, die miß- lichste ist eine schon im Alterthume geübte. Daß sie leider noch nicht in Vergessenheit gerathen, beweist eine Mittheilung H. v. Maltzan's in Westermann's Monatsheften. Nach der- selben haust nämlich im südlichen Tunisien ein räuberischer Stamm, die Faraschisch, unter denen sich die Meinung ein- genistet hat, daß einige der durch ihr Gebiet reisenden Fremden "Goldmägen" seien. Den Ausdruck "Goldmagen" haben sie eigens ersonnen zur Bezeichnung eines Menschen, der seine Baarschaft in Goldmünzen "zwischen Seele und Körper" d. h. in seinen Eingeweiden verborgen hat. Einst herrschte unter den Räubern die Gewohnheit, einem ge- fangenen vermeintlichen Goldmagen kurzweg den Bauch auf- zuschlitzen, sie gingen aber später davon ab und beschränkten sich auf medicinische Behandlung ihrer Opfer. Hadsch Hamed, der alte Diener unseres Berichterstatters, erzählte ihm einen Fall der Art aus dem eigenen Jugendleben: er gerieth in die Hände der Faraschisch, erhielt einen vollen Monat hindurch statt aller Speise nur heißes Wasser und bitteres Salz und wäre verhungert, wenn ihn nicht eine Tochter des Stammes, die später ihn befreite, mit ihm entfloh und sein Weib ward, heimlich mit Nahrung versehen hätte.
Zu den wohlbedachten löblichen Vorsichtsmaßregeln, namentlich wenn es sich um Voraussendung von Koffern und Kisten handelt, gehört die Versicherung gegen Schein; die Assecuranzgebühren sind äußerst gering und jedenfalls ist der Schutz, den sie bietet, unter Anderm auch gegen die leider nicht selten vorkommenden Irrthümer und Nachlässigkeiten von Eisenbahnbeamten und Spediteurs, sowie gegen unterwegs dieserhalb erwachende Besorgnisse, hoch anzuschlagen. Wer nicht assecurirt hat, thut stets wohl, wo
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III. Goldmägen — Verſicherungsſchein.
nun dauernd einverleibt iſt. Dieſer ſubcutane Nothpfennig bietet dem Beſitzer auch dann noch eine Hilfsquelle, wenn er das Unglück hatte, bis auf die Haut ausgeplündert zu werden, ſo lange man ihm nur dieſe gelaſſen hat.
Von allen Arten, Werthgegenſtände zu ſichern, die miß- lichſte iſt eine ſchon im Alterthume geübte. Daß ſie leider noch nicht in Vergeſſenheit gerathen, beweiſt eine Mittheilung H. v. Maltzan’s in Weſtermann’s Monatsheften. Nach der- ſelben hauſt nämlich im ſüdlichen Tuniſien ein räuberiſcher Stamm, die Faraſchiſch, unter denen ſich die Meinung ein- geniſtet hat, daß einige der durch ihr Gebiet reiſenden Fremden „Goldmägen“ ſeien. Den Ausdruck „Goldmagen“ haben ſie eigens erſonnen zur Bezeichnung eines Menſchen, der ſeine Baarſchaft in Goldmünzen „zwiſchen Seele und Körper“ d. h. in ſeinen Eingeweiden verborgen hat. Einſt herrſchte unter den Räubern die Gewohnheit, einem ge- fangenen vermeintlichen Goldmagen kurzweg den Bauch auf- zuſchlitzen, ſie gingen aber ſpäter davon ab und beſchränkten ſich auf mediciniſche Behandlung ihrer Opfer. Hadſch Hamed, der alte Diener unſeres Berichterſtatters, erzählte ihm einen Fall der Art aus dem eigenen Jugendleben: er gerieth in die Hände der Faraſchiſch, erhielt einen vollen Monat hindurch ſtatt aller Speiſe nur heißes Waſſer und bitteres Salz und wäre verhungert, wenn ihn nicht eine Tochter des Stammes, die ſpäter ihn befreite, mit ihm entfloh und ſein Weib ward, heimlich mit Nahrung verſehen hätte.
Zu den wohlbedachten löblichen Vorſichtsmaßregeln, namentlich wenn es ſich um Vorausſendung von Koffern und Kiſten handelt, gehört die Verſicherung gegen Schein; die Aſſecuranzgebühren ſind äußerſt gering und jedenfalls iſt der Schutz, den ſie bietet, unter Anderm auch gegen die leider nicht ſelten vorkommenden Irrthümer und Nachläſſigkeiten von Eiſenbahnbeamten und Spediteurs, ſowie gegen unterwegs dieſerhalb erwachende Beſorgniſſe, hoch anzuſchlagen. Wer nicht aſſecurirt hat, thut ſtets wohl, wo
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III. Goldmägen — Verſicherungsſchein.
nun dauernd einverleibt iſt. Dieſer ſubcutane Nothpfennig
bietet dem Beſitzer auch dann noch eine Hilfsquelle, wenn er
das Unglück hatte, bis auf die Haut ausgeplündert zu werden,
ſo lange man ihm nur dieſe gelaſſen hat.
Von allen Arten, Werthgegenſtände zu ſichern, die miß-
lichſte iſt eine ſchon im Alterthume geübte. Daß ſie leider
noch nicht in Vergeſſenheit gerathen, beweiſt eine Mittheilung
H. v. Maltzan’s in Weſtermann’s Monatsheften. Nach der-
ſelben hauſt nämlich im ſüdlichen Tuniſien ein räuberiſcher
Stamm, die Faraſchiſch, unter denen ſich die Meinung ein-
geniſtet hat, daß einige der durch ihr Gebiet reiſenden
Fremden „Goldmägen“ ſeien. Den Ausdruck „Goldmagen“
haben ſie eigens erſonnen zur Bezeichnung eines Menſchen,
der ſeine Baarſchaft in Goldmünzen „zwiſchen Seele und
Körper“ d. h. in ſeinen Eingeweiden verborgen hat. Einſt
herrſchte unter den Räubern die Gewohnheit, einem ge-
fangenen vermeintlichen Goldmagen kurzweg den Bauch auf-
zuſchlitzen, ſie gingen aber ſpäter davon ab und beſchränkten
ſich auf mediciniſche Behandlung ihrer Opfer. Hadſch Hamed,
der alte Diener unſeres Berichterſtatters, erzählte ihm einen
Fall der Art aus dem eigenen Jugendleben: er gerieth in die
Hände der Faraſchiſch, erhielt einen vollen Monat hindurch
ſtatt aller Speiſe nur heißes Waſſer und bitteres Salz und
wäre verhungert, wenn ihn nicht eine Tochter des Stammes,
die ſpäter ihn befreite, mit ihm entfloh und ſein Weib ward,
heimlich mit Nahrung verſehen hätte.
Zu den wohlbedachten löblichen Vorſichtsmaßregeln,
namentlich wenn es ſich um Vorausſendung von Koffern
und Kiſten handelt, gehört die Verſicherung gegen
Schein; die Aſſecuranzgebühren ſind äußerſt gering und
jedenfalls iſt der Schutz, den ſie bietet, unter Anderm auch
gegen die leider nicht ſelten vorkommenden Irrthümer und
Nachläſſigkeiten von Eiſenbahnbeamten und Spediteurs, ſowie
gegen unterwegs dieſerhalb erwachende Beſorgniſſe, hoch
anzuſchlagen. Wer nicht aſſecurirt hat, thut ſtets wohl, wo
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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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