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Micraelius, Johann: Ander Theil Deß Dritten Buches Vom Alten Sächsischen PommerLand. Bd. 3, 2. Stettin, 1639.

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Vorrede
rische Arbeit dermassen angesehen werden/ das Jch dabey jhre wolgeneigenheit vnd
günstige Affection zu verspüren habe. Es wird zweiffels ohne E. E. W. vnd G. nicht vn-
angenehm sein/ das Jch in dieser meiner Arbeit dargethan habe/ wie in diesem Lande/
da jhre wollerbawete Städte gelegen sein/ die Tapffreste Helden der Teutschen Nation
vormahls gewohnet haben. Vnd ob wol etliche an solcher Relation einen zweiffel
fassen möchten/ so ist sie doch mit solchen Historischen vnd Geographischen Gründen
beleget/ daran ein Liebhaber der Antiquitäten woll kan begnüget sein. Das möchte
wol einem einen wiedrigen Gedancken machen/ wann in diesem Lande zuvorn Teutsche
Völcker gewohnet/ wie dann ein solch gantz Land seine erste Muttersprache hette verlie-
ren können. Aber wenn dieses nicht in anderen Ländern auch geschehen were/ auch
noch heutiges Tages nicht geschehe/ so möchte solcher Einwurff etwas gelten. Jst
nicht das Königreich Böhmen gleichsam cortotius Germaniae? Noch hat die Sarma-
tische Sprache sich daselbst so feste gegründet/ das sie annoch vernacula ist. Ein eben-
messiges könte fast in allen Ländern der gantzen Welt erwiesen werden. Wie es aber
mit vnserem Lande/ bey veränderung der Sprache/ daher gegangen/ ist leicht abzuneh-
men/ wenn man nur den Zustand des alten Teutschlandes bedencket. Tacitus schreibet:
Nullas Germanorum urbes habitari, satis notum est: ne pati quidem inter se junctas se-
des: Colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, nemus placuit. Vicos locant non in
nostrum morem, connexis & cohaerentibus aedificiis. Suam quisq; domum spacio
circumdat, sive adversus casus ignis remedium, sive inscitia aedificandi. Ne caemento-
rum quidem apud illos aut tegularum usus. Materia ad omnia utuntur informi & ex-
tra speciemaut delectationem.
Darauß ist abzunehmen/ das die alten Teutschen keine
bemawrete Städte gehabt/ weil sie nicht einmahl den gebrauch des Kalckes vnd des Lei-
mens zun Ziegeln gewust haben. Welches gleichwol nicht also zu verstehen/ als wenn
gar keine Leute in Communen vnd Gemeinen bey einander gewohnet hetten. Dann es
saget ja Caesar außdrücklich lib. 4. vnd 6. das sie oppida gehabt/ dahin sie zu Kriegeszei-
ten das Vieh auffm Felde zusammen getrieben/ oder so sie den Ort wieder den Feind
nicht halten könten/ jhre Weib vnd Kind/ vnd alle das jhrige/ in die Wälder verborgen
haben. Vnd Ptolomaeus rechnet wol xc. oppida auff disseyt des Reines/ biß an die Weis-
sel. Diese Oppida, wie gesagt/ sind nicht bemawret/ sondern offene Hagen gewesen/
doch mit Graben vnd Pfälen in etwas verwahret. Derowegen wir auch nirgends
lesen/ das die Römer für einiger Vestung oder Stadt sich haben dürffen auffhalten/
solche zu gewinnen/ da sie zwischen dem Reine vnd der Elbe lange Zeit Kriege in Teutsch-
land führeten. Die Gemeinen aber/ so sich in den Hagen (dann so nenneten sie jhre
Oppida) zusammen hielten/ sind offtmahlen sehr groß gewesen/ vnd haben etliche Tau-
send Mann herauß geben können. Wann sie dann nun einen Zug ausser Landes vor-
hetten/ so zündeten sie/ wie die Helvetii zun Zeiten Caesaris gethan haben/ jhre Hagen
vnd die Gebäwde drinnen an/ vnd sucheten bessere Wohnung/ da sie sich mit Weib vnd
Kind niederliessen. Gleichwol haben offtmahlen die Orter vnd Plätze/ da sie vorhin

gewoh-

Vorꝛede
riſche Arbeit dermaſſen angeſehen werden/ das Jch dabey jhre wolgeneigenheit vnd
guͤnſtige Affection zu verſpuͤren habe. Es wird zweiffels ohne E. E. W. vnd G. nicht vn-
angenehm ſein/ das Jch in dieſer meiner Arbeit dargethan habe/ wie in dieſem Lande/
da jhre wollerbawete Staͤdte gelegen ſein/ die Tapffreſte Helden der Teutſchen Nation
vormahls gewohnet haben. Vnd ob wol etliche an ſolcher Relation einen zweiffel
faſſen moͤchten/ ſo iſt ſie doch mit ſolchen Hiſtoriſchen vnd Geographiſchen Gruͤnden
beleget/ daran ein Liebhaber der Antiquitaͤten woll kan begnuͤget ſein. Das moͤchte
wol einem einen wiedrigen Gedancken machen/ wann in dieſem Lande zuvorn Teutſche
Voͤlcker gewohnet/ wie dann ein ſolch gantz Land ſeine erſte Mutterſprache hette verlie-
ren koͤnnen. Aber wenn dieſes nicht in anderen Laͤndern auch geſchehen were/ auch
noch heutiges Tages nicht geſchehe/ ſo moͤchte ſolcher Einwurff etwas gelten. Jſt
nicht das Koͤnigreich Boͤhmen gleichſam cortotius Germaniæ? Noch hat die Sarma-
tiſche Sprache ſich daſelbſt ſo feſte gegruͤndet/ das ſie annoch vernacula iſt. Ein eben-
meſſiges koͤnte faſt in allen Laͤndern der gantzen Welt erwieſen werden. Wie es aber
mit vnſerem Lande/ bey veraͤnderung der Sprache/ daher gegangen/ iſt leicht abzuneh-
men/ wenn man nur den Zuſtand des alten Teutſchlandes bedencket. Tacitus ſchreibet:
Nullas Germanorum urbes habitari, ſatis notum eſt: ne pati quidem inter ſe junctas ſe-
des: Colunt diſcreti ac diverſi, ut fons, ut campus, nemus placuit. Vicos locant non in
noſtrum morem, connexis & cohærentibus ædificiis. Suam quiſq́; domum ſpacio
circumdat, ſive adverſus caſus ignis remedium, ſive inſcitia ædificandi. Ne cæmento-
rum quidem apud illos aut tegularum uſus. Materia ad omnia utuntur informi & ex-
tra ſpeciemaut delectationem.
Darauß iſt abzunehmen/ das die alten Teutſchen keine
bemawrete Staͤdte gehabt/ weil ſie nicht einmahl den gebrauch des Kalckes vnd des Lei-
mens zun Ziegeln gewuſt haben. Welches gleichwol nicht alſo zu verſtehen/ als wenn
gar keine Leute in Communen vnd Gemeinen bey einander gewohnet hetten. Dann es
ſaget ja Cæſar außdruͤcklich lib. 4. vnd 6. das ſie oppida gehabt/ dahin ſie zu Kriegeszei-
ten das Vieh auffm Felde zuſammen getrieben/ oder ſo ſie den Ort wieder den Feind
nicht halten koͤnten/ jhre Weib vnd Kind/ vnd alle das jhrige/ in die Waͤlder verborgen
haben. Vnd Ptolomæus rechnet wol xc. oppida auff diſſeyt des Reines/ biß an die Weiſ-
ſel. Dieſe Oppida, wie geſagt/ ſind nicht bemawret/ ſondern offene Hagen geweſen/
doch mit Graben vnd Pfaͤlen in etwas verwahret. Derowegen wir auch nirgends
leſen/ das die Roͤmer fuͤr einiger Veſtung oder Stadt ſich haben duͤrffen auffhalten/
ſolche zu gewinnen/ da ſie zwiſchen dem Reine vnd der Elbe lange Zeit Kriege in Teutſch-
land fuͤhreten. Die Gemeinen aber/ ſo ſich in den Hagen (dann ſo nenneten ſie jhre
Oppida) zuſammen hielten/ ſind offtmahlen ſehr groß geweſen/ vnd haben etliche Tau-
ſend Mann herauß geben koͤnnen. Wann ſie dann nun einen Zug auſſer Landes vor-
hetten/ ſo zuͤndeten ſie/ wie die Helvetii zun Zeiten Cæſaris gethan haben/ jhre Hagen
vnd die Gebaͤwde drinnen an/ vnd ſucheten beſſere Wohnung/ da ſie ſich mit Weib vnd
Kind niederlieſſen. Gleichwol haben offtmahlen die Orter vnd Plaͤtze/ da ſie vorhin

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[0004] Vorꝛede riſche Arbeit dermaſſen angeſehen werden/ das Jch dabey jhre wolgeneigenheit vnd guͤnſtige Affection zu verſpuͤren habe. Es wird zweiffels ohne E. E. W. vnd G. nicht vn- angenehm ſein/ das Jch in dieſer meiner Arbeit dargethan habe/ wie in dieſem Lande/ da jhre wollerbawete Staͤdte gelegen ſein/ die Tapffreſte Helden der Teutſchen Nation vormahls gewohnet haben. Vnd ob wol etliche an ſolcher Relation einen zweiffel faſſen moͤchten/ ſo iſt ſie doch mit ſolchen Hiſtoriſchen vnd Geographiſchen Gruͤnden beleget/ daran ein Liebhaber der Antiquitaͤten woll kan begnuͤget ſein. Das moͤchte wol einem einen wiedrigen Gedancken machen/ wann in dieſem Lande zuvorn Teutſche Voͤlcker gewohnet/ wie dann ein ſolch gantz Land ſeine erſte Mutterſprache hette verlie- ren koͤnnen. Aber wenn dieſes nicht in anderen Laͤndern auch geſchehen were/ auch noch heutiges Tages nicht geſchehe/ ſo moͤchte ſolcher Einwurff etwas gelten. Jſt nicht das Koͤnigreich Boͤhmen gleichſam cortotius Germaniæ? Noch hat die Sarma- tiſche Sprache ſich daſelbſt ſo feſte gegruͤndet/ das ſie annoch vernacula iſt. Ein eben- meſſiges koͤnte faſt in allen Laͤndern der gantzen Welt erwieſen werden. Wie es aber mit vnſerem Lande/ bey veraͤnderung der Sprache/ daher gegangen/ iſt leicht abzuneh- men/ wenn man nur den Zuſtand des alten Teutſchlandes bedencket. Tacitus ſchreibet: Nullas Germanorum urbes habitari, ſatis notum eſt: ne pati quidem inter ſe junctas ſe- des: Colunt diſcreti ac diverſi, ut fons, ut campus, nemus placuit. Vicos locant non in noſtrum morem, connexis & cohærentibus ædificiis. Suam quiſq́; domum ſpacio circumdat, ſive adverſus caſus ignis remedium, ſive inſcitia ædificandi. Ne cæmento- rum quidem apud illos aut tegularum uſus. Materia ad omnia utuntur informi & ex- tra ſpeciemaut delectationem. Darauß iſt abzunehmen/ das die alten Teutſchen keine bemawrete Staͤdte gehabt/ weil ſie nicht einmahl den gebrauch des Kalckes vnd des Lei- mens zun Ziegeln gewuſt haben. Welches gleichwol nicht alſo zu verſtehen/ als wenn gar keine Leute in Communen vnd Gemeinen bey einander gewohnet hetten. Dann es ſaget ja Cæſar außdruͤcklich lib. 4. vnd 6. das ſie oppida gehabt/ dahin ſie zu Kriegeszei- ten das Vieh auffm Felde zuſammen getrieben/ oder ſo ſie den Ort wieder den Feind nicht halten koͤnten/ jhre Weib vnd Kind/ vnd alle das jhrige/ in die Waͤlder verborgen haben. Vnd Ptolomæus rechnet wol xc. oppida auff diſſeyt des Reines/ biß an die Weiſ- ſel. Dieſe Oppida, wie geſagt/ ſind nicht bemawret/ ſondern offene Hagen geweſen/ doch mit Graben vnd Pfaͤlen in etwas verwahret. Derowegen wir auch nirgends leſen/ das die Roͤmer fuͤr einiger Veſtung oder Stadt ſich haben duͤrffen auffhalten/ ſolche zu gewinnen/ da ſie zwiſchen dem Reine vnd der Elbe lange Zeit Kriege in Teutſch- land fuͤhreten. Die Gemeinen aber/ ſo ſich in den Hagen (dann ſo nenneten ſie jhre Oppida) zuſammen hielten/ ſind offtmahlen ſehr groß geweſen/ vnd haben etliche Tau- ſend Mann herauß geben koͤnnen. Wann ſie dann nun einen Zug auſſer Landes vor- hetten/ ſo zuͤndeten ſie/ wie die Helvetii zun Zeiten Cæſaris gethan haben/ jhre Hagen vnd die Gebaͤwde drinnen an/ vnd ſucheten beſſere Wohnung/ da ſie ſich mit Weib vnd Kind niederlieſſen. Gleichwol haben offtmahlen die Orter vnd Plaͤtze/ da ſie vorhin gewoh-

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Ander Theil Deß Dritten Buches Vom Alten Sächsischen PommerLand. Bd. 3, 2. Stettin, 1639, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland04_1639/4>, abgerufen am 09.11.2024.