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Micraelius, Johann: Fünfftes Buch Der Pommerschen Jahr-Geschichten. Bd. 5. Stettin, 1639.

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An. 1629. Der Pommerschen Jahr Geschichten.
vngetäufft war/ ohne gesang vnd klang/ dennoch auff dem Kirch-
hoff zu Sanct Peter solte begraben werden/ wolten da mit seine
Landsleute nicht zufrieden seyn/ vnd liessen jhn zu Schiffe weg-
führen. Einem getauffeten Moren aber/ der in der Stadt ei-
nem Burger bißher auffgewartet/ weil Er getauffet war/ sind
die Ceremonien nicht versaget/ da er starb. Es stirbet auch ein
vornehmer Pommerscher von Adel/ Aßmus Glasenapp/ wel-
chen dieses Land im Defension werck/ wie auch hernach der Kö-
nig aus Schweden zum Obristen gebraucht. Seine Leiche ist erst-
lich im mdcxxxj. Jahr mit grosser Solennität/ vnd klingenden
Trompeten vnd Heerpaucken zu S. Marien beygesetzet/ vnd sein
Harnisch vnd Wapen sind allda noch zusehen.

Sonst ist dieses Jahr eine grosse Tewrung in Pommern12.
Grosse Thew-
rung in Pom-
mern.

entstanden/ vnd weil der Vorrath des Proviants verzehret war/
sind etliche Persohnen bey Belgard vnd andern Ortern hun-
gers gestorben. Bey Cammin haben die Leute aus mangel
der Speise aus einem Kalckberge/ kleine kalckichte staub Erde
für Meel geschetzet/ vnd Brod davon gebacket/ dessen Probe vie-
leglaubwürdige Leute gesthen vnd gekostet haben. Man sagt/
wenn diese art Brodtes solche Leute/ die noch etwas im vermö-
gen gehabt/ haben essen wollen/ so sey es vnschmackhafftig gewe-
sen. Aber den Armen Leuten sey es wol bekommen/ sonder-
lich wann sie vnter einen scheffel guth Meel/ einen halben scheffel
darin gethan haben. Auch ist in der Jnsull Rügen bey weh-
render blocquirung der Stadt Stralsund/ grosse Hungersnoth
gewesen/ vnd mancher Soldat hat seinen Mitgenossen vmb ein
stücklein Brodts erstochen. Die Einwohner haben das Graß
vnd andere Feldkreuter in saltzem Meerwasser gekochet/ vnd
gegessen. Viele sind an den Zeunen todt gefunden/ welche Graß
im Munde gehabt. Die nach Stralsund überlieffen/ waren
gar schwartz vom erlittenen Hunger anzusehen/ vnd wenn sie

Spei-
H h iij

An. 1629. Der Pommerſchen Jahr Geſchichten.
vngetaͤufft war/ ohne geſang vñ klang/ dennoch auff dem Kirch-
hoff zu Sanct Peter ſolte begraben werden/ wolten da mit ſeine
Landsleute nicht zufrieden ſeyn/ vnd lieſſen jhn zu Schiffe weg-
fuͤhren. Einem getauffeten Moren aber/ der in der Stadt ei-
nem Burger bißher auffgewartet/ weil Er getauffet war/ ſind
die Ceremonien nicht verſaget/ da er ſtarb. Es ſtirbet auch ein
vornehmer Pommerſcher von Adel/ Aßmus Glaſenapp/ wel-
chen dieſes Land im Defenſion werck/ wie auch hernach der Koͤ-
nig aus Schwedẽ zum Obriſten gebraucht. Seine Leiche iſt erſt-
lich im mdcxxxj. Jahr mit groſſer Solennitaͤt/ vnd klingenden
Trompeten vnd Heerpauckẽ zu S. Marien beygeſetzet/ vnd ſein
Harniſch vnd Wapen ſind allda noch zuſehen.

Sonſt iſt dieſes Jahr eine groſſe Tewrung in Pommern12.
Groſſe Thew-
rung in Pom-
mern.

entſtanden/ vñ weil der Vorrath des Proviants verzehret war/
ſind etliche Perſohnen bey Belgard vnd andern Ortern hun-
gers geſtorben. Bey Cammin haben die Leute aus mangel
der Speiſe aus einem Kalckberge/ kleine kalckichte ſtaub Erde
fuͤr Meel geſchetzet/ vnd Brod davon gebacket/ deſſen Probe vie-
leglaubwuͤrdige Leute geſthen vnd gekoſtet haben. Man ſagt/
wenn dieſe art Brodtes ſolche Leute/ die noch etwas im vermoͤ-
gen gehabt/ haben eſſen wollen/ ſo ſey es vnſchmackhafftig gewe-
ſen. Aber den Armen Leuten ſey es wol bekommen/ ſonder-
lich wann ſie vnter einen ſcheffel guth Meel/ einen halben ſcheffel
darin gethan haben. Auch iſt in der Jnſull Ruͤgen bey weh-
render blocquirung der Stadt Stralſund/ groſſe Hungersnoth
geweſen/ vnd mancher Soldat hat ſeinen Mitgenoſſen vmb ein
ſtuͤcklein Brodts erſtochen. Die Einwohner haben das Graß
vnd andere Feldkreuter in ſaltzem Meerwaſſer gekochet/ vnd
gegeſſen. Viele ſind an den Zeunen todt gefunden/ welche Graß
im Munde gehabt. Die nach Stralſund uͤberlieffen/ waren
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[236[237]/0069] An. 1629. Der Pommerſchen Jahr Geſchichten. vngetaͤufft war/ ohne geſang vñ klang/ dennoch auff dem Kirch- hoff zu Sanct Peter ſolte begraben werden/ wolten da mit ſeine Landsleute nicht zufrieden ſeyn/ vnd lieſſen jhn zu Schiffe weg- fuͤhren. Einem getauffeten Moren aber/ der in der Stadt ei- nem Burger bißher auffgewartet/ weil Er getauffet war/ ſind die Ceremonien nicht verſaget/ da er ſtarb. Es ſtirbet auch ein vornehmer Pommerſcher von Adel/ Aßmus Glaſenapp/ wel- chen dieſes Land im Defenſion werck/ wie auch hernach der Koͤ- nig aus Schwedẽ zum Obriſten gebraucht. Seine Leiche iſt erſt- lich im mdcxxxj. Jahr mit groſſer Solennitaͤt/ vnd klingenden Trompeten vnd Heerpauckẽ zu S. Marien beygeſetzet/ vnd ſein Harniſch vnd Wapen ſind allda noch zuſehen. Sonſt iſt dieſes Jahr eine groſſe Tewrung in Pommern entſtanden/ vñ weil der Vorrath des Proviants verzehret war/ ſind etliche Perſohnen bey Belgard vnd andern Ortern hun- gers geſtorben. Bey Cammin haben die Leute aus mangel der Speiſe aus einem Kalckberge/ kleine kalckichte ſtaub Erde fuͤr Meel geſchetzet/ vnd Brod davon gebacket/ deſſen Probe vie- leglaubwuͤrdige Leute geſthen vnd gekoſtet haben. Man ſagt/ wenn dieſe art Brodtes ſolche Leute/ die noch etwas im vermoͤ- gen gehabt/ haben eſſen wollen/ ſo ſey es vnſchmackhafftig gewe- ſen. Aber den Armen Leuten ſey es wol bekommen/ ſonder- lich wann ſie vnter einen ſcheffel guth Meel/ einen halben ſcheffel darin gethan haben. Auch iſt in der Jnſull Ruͤgen bey weh- render blocquirung der Stadt Stralſund/ groſſe Hungersnoth geweſen/ vnd mancher Soldat hat ſeinen Mitgenoſſen vmb ein ſtuͤcklein Brodts erſtochen. Die Einwohner haben das Graß vnd andere Feldkreuter in ſaltzem Meerwaſſer gekochet/ vnd gegeſſen. Viele ſind an den Zeunen todt gefunden/ welche Graß im Munde gehabt. Die nach Stralſund uͤberlieffen/ waren gar ſchwartz vom erlittenen Hunger anzuſehen/ vnd wenn ſie Spei- 12. Groſſe Thew- rung in Pom- mern. H h iij

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Fünfftes Buch Der Pommerschen Jahr-Geschichten. Bd. 5. Stettin, 1639, S. 236[237]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland06_1639/69>, abgerufen am 21.11.2024.