Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.unerfahrnen, noch zu leichtgläubigen Jüngling. Beym Essen erzälte Xaver, wo er gewesen sey? Was er gesehen, und wie die Gegend ihm ge- fallen habe? Die Piaristen schienen sehr mit ihm zufrieden zu seyn, und sprachen viel mit ihm. Als er nach Tisch mit Kreutznern auf sein Zim- mer kam, zog dieser hinter dem Bücherschrank ein paar Pfeiffen hervor, und wollte Xavern überre- den, auch mit zu rauchen. Er verbat es aber, theils, weil er das Rauchen nicht gewohnt war; theils, weil ers -- mit Recht -- auf der Schu- le für verboten hielt. Kreutzner wunderte sich drüber, und sagte, daß er mit seinem vorigen Stubenkammeraden alle Abende geraucht ha- be, Hierauf kriegte er ein Kartenspiel, das er unter eine losgegangne Diehle versteckt hatte; und Xaver mußte, ob er sich gleich anfangs weigerte, mitspielen. Er war zu gefällig, und widersprach nicht gerne. Man müsse doch was zu thun ha- ben, sagte Kreutzner, und könne nicht stets studie- ren; die Professoren machten auch wol ein Spiel- chen; es sey blos zum Zeitvertreib; sie wollten daher nur eine Kleinigkeit einsetzen, u. s. w. Dem ungeachtet verlohr Xaver über einen halben Gul- den; denn er spielte ehrlich, und Kreutzner be- unerfahrnen, noch zu leichtglaͤubigen Juͤngling. Beym Eſſen erzaͤlte Xaver, wo er geweſen ſey? Was er geſehen, und wie die Gegend ihm ge- fallen habe? Die Piariſten ſchienen ſehr mit ihm zufrieden zu ſeyn, und ſprachen viel mit ihm. Als er nach Tiſch mit Kreutznern auf ſein Zim- mer kam, zog dieſer hinter dem Buͤcherſchrank ein paar Pfeiffen hervor, und wollte Xavern uͤberre- den, auch mit zu rauchen. Er verbat es aber, theils, weil er das Rauchen nicht gewohnt war; theils, weil ers — mit Recht — auf der Schu- le fuͤr verboten hielt. Kreutzner wunderte ſich druͤber, und ſagte, daß er mit ſeinem vorigen Stubenkammeraden alle Abende geraucht ha- be, Hierauf kriegte er ein Kartenſpiel, das er unter eine losgegangne Diehle verſteckt hatte; und Xaver mußte, ob er ſich gleich anfangs weigerte, mitſpielen. Er war zu gefaͤllig, und widerſprach nicht gerne. Man muͤſſe doch was zu thun ha- ben, ſagte Kreutzner, und koͤnne nicht ſtets ſtudie- ren; die Profeſſoren machten auch wol ein Spiel- chen; es ſey blos zum Zeitvertreib; ſie wollten daher nur eine Kleinigkeit einſetzen, u. ſ. w. Dem ungeachtet verlohr Xaver uͤber einen halben Gul- den; denn er ſpielte ehrlich, und Kreutzner be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0186" n="182"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> unerfahrnen, noch zu leichtglaͤubigen Juͤngling.<lb/> Beym Eſſen erzaͤlte <hi rendition="#fr">Xaver,</hi> wo er geweſen ſey?<lb/> Was er geſehen, und wie die Gegend ihm ge-<lb/> fallen habe? Die Piariſten ſchienen ſehr mit ihm<lb/> zufrieden zu ſeyn, und ſprachen viel mit ihm.<lb/> Als er nach Tiſch mit <hi rendition="#fr">Kreutznern</hi> auf ſein Zim-<lb/> mer kam, zog dieſer hinter dem Buͤcherſchrank ein<lb/> paar Pfeiffen hervor, und wollte <hi rendition="#fr">Xavern</hi> uͤberre-<lb/> den, auch mit zu rauchen. Er verbat es aber,<lb/> theils, weil er das Rauchen nicht gewohnt war;<lb/> theils, weil ers — mit Recht — auf der Schu-<lb/> le fuͤr verboten hielt. <hi rendition="#fr">Kreutzner</hi> wunderte ſich<lb/> druͤber, und ſagte, daß er mit ſeinem vorigen<lb/> Stubenkammeraden alle Abende geraucht ha-<lb/> be, Hierauf kriegte er ein Kartenſpiel, das er<lb/> unter eine losgegangne Diehle verſteckt hatte; und<lb/> Xaver mußte, ob er ſich gleich anfangs weigerte,<lb/> mitſpielen. Er war zu gefaͤllig, und widerſprach<lb/> nicht gerne. Man muͤſſe doch was zu thun ha-<lb/> ben, ſagte <hi rendition="#fr">Kreutzner,</hi> und koͤnne nicht ſtets ſtudie-<lb/> ren; die Profeſſoren machten auch wol ein Spiel-<lb/> chen; es ſey blos zum Zeitvertreib; ſie wollten<lb/> daher nur eine Kleinigkeit einſetzen, u. ſ. w. Dem<lb/> ungeachtet verlohr <hi rendition="#fr">Xaver</hi> uͤber einen halben Gul-<lb/> den; denn er ſpielte ehrlich, und <hi rendition="#fr">Kreutzner</hi> be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0186]
unerfahrnen, noch zu leichtglaͤubigen Juͤngling.
Beym Eſſen erzaͤlte Xaver, wo er geweſen ſey?
Was er geſehen, und wie die Gegend ihm ge-
fallen habe? Die Piariſten ſchienen ſehr mit ihm
zufrieden zu ſeyn, und ſprachen viel mit ihm.
Als er nach Tiſch mit Kreutznern auf ſein Zim-
mer kam, zog dieſer hinter dem Buͤcherſchrank ein
paar Pfeiffen hervor, und wollte Xavern uͤberre-
den, auch mit zu rauchen. Er verbat es aber,
theils, weil er das Rauchen nicht gewohnt war;
theils, weil ers — mit Recht — auf der Schu-
le fuͤr verboten hielt. Kreutzner wunderte ſich
druͤber, und ſagte, daß er mit ſeinem vorigen
Stubenkammeraden alle Abende geraucht ha-
be, Hierauf kriegte er ein Kartenſpiel, das er
unter eine losgegangne Diehle verſteckt hatte; und
Xaver mußte, ob er ſich gleich anfangs weigerte,
mitſpielen. Er war zu gefaͤllig, und widerſprach
nicht gerne. Man muͤſſe doch was zu thun ha-
ben, ſagte Kreutzner, und koͤnne nicht ſtets ſtudie-
ren; die Profeſſoren machten auch wol ein Spiel-
chen; es ſey blos zum Zeitvertreib; ſie wollten
daher nur eine Kleinigkeit einſetzen, u. ſ. w. Dem
ungeachtet verlohr Xaver uͤber einen halben Gul-
den; denn er ſpielte ehrlich, und Kreutzner be-
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Zitationshilfe: | Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/186>, abgerufen am 16.02.2025. |