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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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mal mein Gut kriegt, so werden ihm d' Säu
's Haus umwühlen, und d' Hirsch in d' Kam-
mer lauffen. Wie ein Kind doch so schnell
aus der Art schlagen kann! 's ist ein rechtes
Elend!

Als Junker Jobst sah, wieviel Veit auf
Siegwart hielt, so ward er ganz gnädig gegen
ihn, denn er trank bey Veit so manches herrliches
Glas Wein, daß er ohne seine Gunst nicht leben
konnte. Regina ward ganz traurig, als sie sah,
wie sehr der junge Kronhelm von seinem Vater
mishandelt wurde; denn sie nahm an ihm schon
vielen Antheil, und ward nur noch mehr für ihn
eingenommen, als sie seine Geduld und Gelassen-
heit sah. Silberling war scharfsichtig genug, die-
ses wahrzunehmen, und machte eine gar traurige
Figur. Er bot allen seinen Witz, und seine gan-
ze Artigkeit auf, Reginens Aufmerksamkeit wie-
der auf sich zu ziehen; aber vergeblich! Jhr Aug,
und ihre ganze Seele hieng an Kronhelm.

Endlich sagte Kunigunde zum Junker Veit:
es werde nun wol Zeit seyn, endlich aufzubrechen;
und es war auch würklich schon um Eilf Uhr.
Die Gesellschaft taumelte auf, und Veit mit seinen
Leuten nahm Abschied, die andern blieben alle bey



mal mein Gut kriegt, ſo werden ihm d’ Saͤu
’s Haus umwuͤhlen, und d’ Hirſch in d’ Kam-
mer lauffen. Wie ein Kind doch ſo ſchnell
aus der Art ſchlagen kann! ’s iſt ein rechtes
Elend!

Als Junker Jobſt ſah, wieviel Veit auf
Siegwart hielt, ſo ward er ganz gnaͤdig gegen
ihn, denn er trank bey Veit ſo manches herrliches
Glas Wein, daß er ohne ſeine Gunſt nicht leben
konnte. Regina ward ganz traurig, als ſie ſah,
wie ſehr der junge Kronhelm von ſeinem Vater
mishandelt wurde; denn ſie nahm an ihm ſchon
vielen Antheil, und ward nur noch mehr fuͤr ihn
eingenommen, als ſie ſeine Geduld und Gelaſſen-
heit ſah. Silberling war ſcharfſichtig genug, die-
ſes wahrzunehmen, und machte eine gar traurige
Figur. Er bot allen ſeinen Witz, und ſeine gan-
ze Artigkeit auf, Reginens Aufmerkſamkeit wie-
der auf ſich zu ziehen; aber vergeblich! Jhr Aug,
und ihre ganze Seele hieng an Kronhelm.

Endlich ſagte Kunigunde zum Junker Veit:
es werde nun wol Zeit ſeyn, endlich aufzubrechen;
und es war auch wuͤrklich ſchon um Eilf Uhr.
Die Geſellſchaft taumelte auf, und Veit mit ſeinen
Leuten nahm Abſchied, die andern blieben alle bey

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[256/0260] mal mein Gut kriegt, ſo werden ihm d’ Saͤu ’s Haus umwuͤhlen, und d’ Hirſch in d’ Kam- mer lauffen. Wie ein Kind doch ſo ſchnell aus der Art ſchlagen kann! ’s iſt ein rechtes Elend! Als Junker Jobſt ſah, wieviel Veit auf Siegwart hielt, ſo ward er ganz gnaͤdig gegen ihn, denn er trank bey Veit ſo manches herrliches Glas Wein, daß er ohne ſeine Gunſt nicht leben konnte. Regina ward ganz traurig, als ſie ſah, wie ſehr der junge Kronhelm von ſeinem Vater mishandelt wurde; denn ſie nahm an ihm ſchon vielen Antheil, und ward nur noch mehr fuͤr ihn eingenommen, als ſie ſeine Geduld und Gelaſſen- heit ſah. Silberling war ſcharfſichtig genug, die- ſes wahrzunehmen, und machte eine gar traurige Figur. Er bot allen ſeinen Witz, und ſeine gan- ze Artigkeit auf, Reginens Aufmerkſamkeit wie- der auf ſich zu ziehen; aber vergeblich! Jhr Aug, und ihre ganze Seele hieng an Kronhelm. Endlich ſagte Kunigunde zum Junker Veit: es werde nun wol Zeit ſeyn, endlich aufzubrechen; und es war auch wuͤrklich ſchon um Eilf Uhr. Die Geſellſchaft taumelte auf, und Veit mit ſeinen Leuten nahm Abſchied, die andern blieben alle bey

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/260>, abgerufen am 24.11.2024.