Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.verschlafen? D' Hirsch sind doch schon wieder all im Bette. Wir müssen heut nur auf d' Hüh- nerjagd. Hurtig, aus der Ruh, daß wir aufbre- chen können! -- Die beyden Jünglinge zogen sich schnell an, und kamen zu Junker Veit, der schon angezogen und gestiefelt war. Jedem ward ein Glas Brandwein gegeben, denn Veit sagte, dieß sey des Waidmanns wahres Leben. Drauf stopfte er seine Pfeife. Nun, wie? 'raus mit der Pfeife! sagte er zu Siegwart und zu Kron- helm. Als er hörte, daß sie gar nicht rauchten, ward er ganz böse. Seyd ihr auch Kerls? Wollt auf d' Jagd gehn, und nicht rauchen? Jch hab, meiner Seel! noch keinen rechtschaffenen Waid- mann kannt, der nicht den ganzen gschlagnen Tag seine Pfeife im Mund g'habt hätt; das sind Narrheiten, die man in der Stadt lernt! Was brauchts da viel Umständ? Sibylle, hol du von meiner Kammer die zwey Pfeifen, die gleich bey der Thür hangen; es sind Meerschaumköpfe. -- Jhr müßt rauchen, und wenn alles grün und gelb um euch her wird! 'S ist nur um ein paarmal zu thun, so seyd ihrs gleich gewohnt. -- Sibyl- le brachte die Pfeifen. -- Seht ihr, das sind Meerschäum, die ich von Wien kriegt hab; die verſchlafen? D’ Hirſch ſind doch ſchon wieder all im Bette. Wir muͤſſen heut nur auf d’ Huͤh- nerjagd. Hurtig, aus der Ruh, daß wir aufbre- chen koͤnnen! — Die beyden Juͤnglinge zogen ſich ſchnell an, und kamen zu Junker Veit, der ſchon angezogen und geſtiefelt war. Jedem ward ein Glas Brandwein gegeben, denn Veit ſagte, dieß ſey des Waidmanns wahres Leben. Drauf ſtopfte er ſeine Pfeife. Nun, wie? ’raus mit der Pfeife! ſagte er zu Siegwart und zu Kron- helm. Als er hoͤrte, daß ſie gar nicht rauchten, ward er ganz boͤſe. Seyd ihr auch Kerls? Wollt auf d’ Jagd gehn, und nicht rauchen? Jch hab, meiner Seel! noch keinen rechtſchaffenen Waid- mann kannt, der nicht den ganzen gſchlagnen Tag ſeine Pfeife im Mund g’habt haͤtt; das ſind Narrheiten, die man in der Stadt lernt! Was brauchts da viel Umſtaͤnd? Sibylle, hol du von meiner Kammer die zwey Pfeifen, die gleich bey der Thuͤr hangen; es ſind Meerſchaumkoͤpfe. — Jhr muͤßt rauchen, und wenn alles gruͤn und gelb um euch her wird! ’S iſt nur um ein paarmal zu thun, ſo ſeyd ihrs gleich gewohnt. — Sibyl- le brachte die Pfeifen. — Seht ihr, das ſind Meerſchaͤum, die ich von Wien kriegt hab; die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0262" n="258"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> verſchlafen? D’ Hirſch ſind doch ſchon wieder<lb/> all im Bette. Wir muͤſſen heut nur auf d’ Huͤh-<lb/> nerjagd. Hurtig, aus der Ruh, daß wir aufbre-<lb/> chen koͤnnen! — Die beyden Juͤnglinge zogen<lb/> ſich ſchnell an, und kamen zu Junker <hi rendition="#fr">Veit,</hi> der<lb/> ſchon angezogen und geſtiefelt war. Jedem ward<lb/> ein Glas Brandwein gegeben, denn <hi rendition="#fr">Veit</hi> ſagte,<lb/> dieß ſey des Waidmanns wahres Leben. Drauf<lb/> ſtopfte er ſeine Pfeife. Nun, wie? ’raus mit<lb/> der Pfeife! ſagte er zu <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> und zu <hi rendition="#fr">Kron-<lb/> helm.</hi> Als er hoͤrte, daß ſie gar nicht rauchten,<lb/> ward er ganz boͤſe. Seyd ihr auch Kerls? Wollt<lb/> auf d’ Jagd gehn, und nicht rauchen? Jch hab,<lb/> meiner Seel! noch keinen rechtſchaffenen Waid-<lb/> mann kannt, der nicht den ganzen gſchlagnen Tag<lb/> ſeine Pfeife im Mund g’habt haͤtt; das ſind<lb/> Narrheiten, die man in der Stadt lernt! Was<lb/> brauchts da viel Umſtaͤnd? Sibylle, hol du von<lb/> meiner Kammer die zwey Pfeifen, die gleich bey<lb/> der Thuͤr hangen; es ſind Meerſchaumkoͤpfe. —<lb/> Jhr muͤßt rauchen, und wenn alles gruͤn und gelb<lb/> um euch her wird! ’S iſt nur um ein paarmal<lb/> zu thun, ſo ſeyd ihrs gleich gewohnt. — Sibyl-<lb/> le brachte die Pfeifen. — Seht ihr, das ſind<lb/> Meerſchaͤum, die ich von Wien kriegt hab; die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0262]
verſchlafen? D’ Hirſch ſind doch ſchon wieder
all im Bette. Wir muͤſſen heut nur auf d’ Huͤh-
nerjagd. Hurtig, aus der Ruh, daß wir aufbre-
chen koͤnnen! — Die beyden Juͤnglinge zogen
ſich ſchnell an, und kamen zu Junker Veit, der
ſchon angezogen und geſtiefelt war. Jedem ward
ein Glas Brandwein gegeben, denn Veit ſagte,
dieß ſey des Waidmanns wahres Leben. Drauf
ſtopfte er ſeine Pfeife. Nun, wie? ’raus mit
der Pfeife! ſagte er zu Siegwart und zu Kron-
helm. Als er hoͤrte, daß ſie gar nicht rauchten,
ward er ganz boͤſe. Seyd ihr auch Kerls? Wollt
auf d’ Jagd gehn, und nicht rauchen? Jch hab,
meiner Seel! noch keinen rechtſchaffenen Waid-
mann kannt, der nicht den ganzen gſchlagnen Tag
ſeine Pfeife im Mund g’habt haͤtt; das ſind
Narrheiten, die man in der Stadt lernt! Was
brauchts da viel Umſtaͤnd? Sibylle, hol du von
meiner Kammer die zwey Pfeifen, die gleich bey
der Thuͤr hangen; es ſind Meerſchaumkoͤpfe. —
Jhr muͤßt rauchen, und wenn alles gruͤn und gelb
um euch her wird! ’S iſt nur um ein paarmal
zu thun, ſo ſeyd ihrs gleich gewohnt. — Sibyl-
le brachte die Pfeifen. — Seht ihr, das ſind
Meerſchaͤum, die ich von Wien kriegt hab; die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |