Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Veit. Ey, was Musik? Da schier' ich mich
einen Teufel drum! Jch kann keine Musik lei-
den; das Gefiedel und Gewinsel und Gekratz
möcht einen rappelköpfisch machen! Ja, wenns
noch 's Hifthorn ist, und mein Liedel drauf:
Das Jagen ist mein größte Lust, das läßt sich
noch hören! Aber sonst sag ich Jhnen, als ein
guter Freund, alle andre Musik ist pur lautres
Nichts.

Silberling. Sie mögen Recht haben! Aber
der Gout ist eben sehr verschieden. Mir macht
ein Koncert, und besonders eine Oper ein gar
göttliches Plaisir. Doch, vergeben Sie! Jch
wollte nicht die Jmpertinence begehen, Jhnen zu
widersprechen. -- Sie beliebten gestern schon,
und auch heute wieder von München zu spre-
chen. Darf ich mir die Freyheit nehmen Sie
zu fragen, wenn Sie da gewesen sind? Und
was für Virtuosen sich damals am Hof aufgehal-
ten haben?

Veit. Da gewesen bin ich; Anno acht
und dreyssig; aber von den Virtuosen weiß ich
keinen Pfifferling; da hatt ich mehr zu thun, als
mich darum zu bekümmern. Sehn Sie, ich war
beym Oberjägermeister im Hause; das war auch



Veit. Ey, was Muſik? Da ſchier’ ich mich
einen Teufel drum! Jch kann keine Muſik lei-
den; das Gefiedel und Gewinſel und Gekratz
moͤcht einen rappelkoͤpfiſch machen! Ja, wenns
noch ’s Hifthorn iſt, und mein Liedel drauf:
Das Jagen iſt mein groͤßte Luſt, das laͤßt ſich
noch hoͤren! Aber ſonſt ſag ich Jhnen, als ein
guter Freund, alle andre Muſik iſt pur lautres
Nichts.

Silberling. Sie moͤgen Recht haben! Aber
der Gout iſt eben ſehr verſchieden. Mir macht
ein Koncert, und beſonders eine Oper ein gar
goͤttliches Plaiſir. Doch, vergeben Sie! Jch
wollte nicht die Jmpertinence begehen, Jhnen zu
widerſprechen. — Sie beliebten geſtern ſchon,
und auch heute wieder von Muͤnchen zu ſpre-
chen. Darf ich mir die Freyheit nehmen Sie
zu fragen, wenn Sie da geweſen ſind? Und
was fuͤr Virtuoſen ſich damals am Hof aufgehal-
ten haben?

Veit. Da geweſen bin ich; Anno acht
und dreyſſig; aber von den Virtuoſen weiß ich
keinen Pfifferling; da hatt ich mehr zu thun, als
mich darum zu bekuͤmmern. Sehn Sie, ich war
beym Oberjaͤgermeiſter im Hauſe; das war auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0273" n="269"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Veit.</hi> Ey, was Mu&#x017F;ik? Da &#x017F;chier&#x2019; ich mich<lb/>
einen Teufel drum! Jch kann keine Mu&#x017F;ik lei-<lb/>
den; das Gefiedel und Gewin&#x017F;el und Gekratz<lb/>
mo&#x0364;cht einen rappelko&#x0364;pfi&#x017F;ch machen! Ja, wenns<lb/>
noch &#x2019;s Hifthorn i&#x017F;t, und mein Liedel drauf:<lb/>
Das Jagen i&#x017F;t mein gro&#x0364;ßte Lu&#x017F;t, das la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
noch ho&#x0364;ren! Aber &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ag ich Jhnen, als ein<lb/>
guter Freund, alle andre Mu&#x017F;ik i&#x017F;t pur lautres<lb/>
Nichts.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Silberling.</hi> Sie mo&#x0364;gen Recht haben! Aber<lb/>
der Gout i&#x017F;t eben &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden. Mir macht<lb/>
ein Koncert, und be&#x017F;onders eine Oper ein gar<lb/>
go&#x0364;ttliches Plai&#x017F;ir. Doch, vergeben Sie! Jch<lb/>
wollte nicht die Jmpertinence begehen, Jhnen zu<lb/>
wider&#x017F;prechen. &#x2014; Sie beliebten ge&#x017F;tern &#x017F;chon,<lb/>
und auch heute wieder von <hi rendition="#fr">Mu&#x0364;nchen</hi> zu &#x017F;pre-<lb/>
chen. Darf ich mir die Freyheit nehmen Sie<lb/>
zu fragen, wenn Sie da gewe&#x017F;en &#x017F;ind? Und<lb/>
was fu&#x0364;r Virtuo&#x017F;en &#x017F;ich damals am Hof aufgehal-<lb/>
ten haben?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Veit.</hi> Da gewe&#x017F;en bin ich; Anno acht<lb/>
und drey&#x017F;&#x017F;ig; aber von den Virtuo&#x017F;en weiß ich<lb/>
keinen Pfifferling; da hatt ich mehr zu thun, als<lb/>
mich darum zu beku&#x0364;mmern. Sehn Sie, ich war<lb/>
beym Oberja&#x0364;germei&#x017F;ter im Hau&#x017F;e; das war auch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0273] Veit. Ey, was Muſik? Da ſchier’ ich mich einen Teufel drum! Jch kann keine Muſik lei- den; das Gefiedel und Gewinſel und Gekratz moͤcht einen rappelkoͤpfiſch machen! Ja, wenns noch ’s Hifthorn iſt, und mein Liedel drauf: Das Jagen iſt mein groͤßte Luſt, das laͤßt ſich noch hoͤren! Aber ſonſt ſag ich Jhnen, als ein guter Freund, alle andre Muſik iſt pur lautres Nichts. Silberling. Sie moͤgen Recht haben! Aber der Gout iſt eben ſehr verſchieden. Mir macht ein Koncert, und beſonders eine Oper ein gar goͤttliches Plaiſir. Doch, vergeben Sie! Jch wollte nicht die Jmpertinence begehen, Jhnen zu widerſprechen. — Sie beliebten geſtern ſchon, und auch heute wieder von Muͤnchen zu ſpre- chen. Darf ich mir die Freyheit nehmen Sie zu fragen, wenn Sie da geweſen ſind? Und was fuͤr Virtuoſen ſich damals am Hof aufgehal- ten haben? Veit. Da geweſen bin ich; Anno acht und dreyſſig; aber von den Virtuoſen weiß ich keinen Pfifferling; da hatt ich mehr zu thun, als mich darum zu bekuͤmmern. Sehn Sie, ich war beym Oberjaͤgermeiſter im Hauſe; das war auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/273
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/273>, abgerufen am 24.11.2024.