Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



lich wahr; ich will drauf sterben! -- Nun habt
ihrs gnug beschaut? So wollen wir halt allmählich
weiter.

Drauf schleppte er sich, mit vieler Müh,
an seinen Krücken, die Stiege hinunter, und zeig-
te ihnen in der Hausthüre die vielen Hirschge-
weihe, die oben, in der Reihe herum, wie er die
Hirsche geschossen hatte, fest gemacht waren. Mit
vieler Umständlichkeit und tausend Betheurungs-
flüchen erzälte er ihnen die Geschichte jedes Hirsches,
wo und wann er ihn geschossen habe? u. s. w.

Von da giengs zu den Hunden, deren eine
ungeheure Menge war. -- Sa, sa sa! Hurah!
Dax, Dax! rief er, und alle Hunde liefen mit
grossem Gebell herbey; sprangen an ihm hinauf;
hiengen sich an ihn an; und umzingelten ihn so, daß er
aussah, wie der Engländer Wildmann, dem sich,
auf seinen Wink, ein Schwarm von Bienen ins
Gesicht setzt. Nun ließ er sich von seinem Jä-
ger zwo grosse Multen voll derbe Stücken Brod
bringen; gab einem Hund nach dem andern ein
Stück, und erzälte dabey sein Alter, seine Race,
seinen Namen, seine Tugenden und Thaten.
Dies währte über eine Stunde, und im Pferde-
stall giengs eben so. -- Jndem kam der Junker



lich wahr; ich will drauf ſterben! — Nun habt
ihrs gnug beſchaut? So wollen wir halt allmaͤhlich
weiter.

Drauf ſchleppte er ſich, mit vieler Muͤh,
an ſeinen Kruͤcken, die Stiege hinunter, und zeig-
te ihnen in der Hausthuͤre die vielen Hirſchge-
weihe, die oben, in der Reihe herum, wie er die
Hirſche geſchoſſen hatte, feſt gemacht waren. Mit
vieler Umſtaͤndlichkeit und tauſend Betheurungs-
fluͤchen erzaͤlte er ihnen die Geſchichte jedes Hirſches,
wo und wann er ihn geſchoſſen habe? u. ſ. w.

Von da giengs zu den Hunden, deren eine
ungeheure Menge war. — Sa, ſa ſa! Hurah!
Dax, Dax! rief er, und alle Hunde liefen mit
groſſem Gebell herbey; ſprangen an ihm hinauf;
hiengen ſich an ihn an; und umzingelten ihn ſo, daß er
ausſah, wie der Englaͤnder Wildmann, dem ſich,
auf ſeinen Wink, ein Schwarm von Bienen ins
Geſicht ſetzt. Nun ließ er ſich von ſeinem Jaͤ-
ger zwo groſſe Multen voll derbe Stuͤcken Brod
bringen; gab einem Hund nach dem andern ein
Stuͤck, und erzaͤlte dabey ſein Alter, ſeine Race,
ſeinen Namen, ſeine Tugenden und Thaten.
Dies waͤhrte uͤber eine Stunde, und im Pferde-
ſtall giengs eben ſo. — Jndem kam der Junker

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0285" n="281"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
lich wahr; ich will drauf &#x017F;terben! &#x2014; Nun habt<lb/>
ihrs gnug be&#x017F;chaut? So wollen wir halt allma&#x0364;hlich<lb/>
weiter.</p><lb/>
        <p>Drauf &#x017F;chleppte er &#x017F;ich, mit vieler Mu&#x0364;h,<lb/>
an &#x017F;einen Kru&#x0364;cken, die Stiege hinunter, und zeig-<lb/>
te ihnen in der Hausthu&#x0364;re die vielen Hir&#x017F;chge-<lb/>
weihe, die oben, in der Reihe herum, wie er die<lb/>
Hir&#x017F;che ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en hatte, fe&#x017F;t gemacht waren. Mit<lb/>
vieler Um&#x017F;ta&#x0364;ndlichkeit und tau&#x017F;end Betheurungs-<lb/>
flu&#x0364;chen erza&#x0364;lte er ihnen die Ge&#x017F;chichte jedes Hir&#x017F;ches,<lb/>
wo und wann er ihn ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en habe? u. &#x017F;. w.</p><lb/>
        <p>Von da giengs zu den Hunden, deren eine<lb/>
ungeheure Menge war. &#x2014; Sa, &#x017F;a &#x017F;a! Hurah!<lb/>
Dax, Dax! rief er, und alle Hunde liefen mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;em Gebell herbey; &#x017F;prangen an ihm hinauf;<lb/>
hiengen &#x017F;ich an ihn an; und umzingelten ihn &#x017F;o, daß er<lb/>
aus&#x017F;ah, wie der Engla&#x0364;nder <hi rendition="#fr">Wildmann,</hi> dem &#x017F;ich,<lb/>
auf &#x017F;einen Wink, ein Schwarm von Bienen ins<lb/>
Ge&#x017F;icht &#x017F;etzt. Nun ließ er &#x017F;ich von &#x017F;einem Ja&#x0364;-<lb/>
ger zwo gro&#x017F;&#x017F;e Multen voll derbe Stu&#x0364;cken Brod<lb/>
bringen; gab einem Hund nach dem andern ein<lb/>
Stu&#x0364;ck, und erza&#x0364;lte dabey &#x017F;ein Alter, &#x017F;eine Race,<lb/>
&#x017F;einen Namen, &#x017F;eine Tugenden und Thaten.<lb/>
Dies wa&#x0364;hrte u&#x0364;ber eine Stunde, und im Pferde-<lb/>
&#x017F;tall giengs eben &#x017F;o. &#x2014; Jndem kam der Junker<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0285] lich wahr; ich will drauf ſterben! — Nun habt ihrs gnug beſchaut? So wollen wir halt allmaͤhlich weiter. Drauf ſchleppte er ſich, mit vieler Muͤh, an ſeinen Kruͤcken, die Stiege hinunter, und zeig- te ihnen in der Hausthuͤre die vielen Hirſchge- weihe, die oben, in der Reihe herum, wie er die Hirſche geſchoſſen hatte, feſt gemacht waren. Mit vieler Umſtaͤndlichkeit und tauſend Betheurungs- fluͤchen erzaͤlte er ihnen die Geſchichte jedes Hirſches, wo und wann er ihn geſchoſſen habe? u. ſ. w. Von da giengs zu den Hunden, deren eine ungeheure Menge war. — Sa, ſa ſa! Hurah! Dax, Dax! rief er, und alle Hunde liefen mit groſſem Gebell herbey; ſprangen an ihm hinauf; hiengen ſich an ihn an; und umzingelten ihn ſo, daß er ausſah, wie der Englaͤnder Wildmann, dem ſich, auf ſeinen Wink, ein Schwarm von Bienen ins Geſicht ſetzt. Nun ließ er ſich von ſeinem Jaͤ- ger zwo groſſe Multen voll derbe Stuͤcken Brod bringen; gab einem Hund nach dem andern ein Stuͤck, und erzaͤlte dabey ſein Alter, ſeine Race, ſeinen Namen, ſeine Tugenden und Thaten. Dies waͤhrte uͤber eine Stunde, und im Pferde- ſtall giengs eben ſo. — Jndem kam der Junker

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/285
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/285>, abgerufen am 24.11.2024.