Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.nur befremdet es uns sehr, wie er an ein solches Kloster gerathen ist, wie das zu Füllendorf; (so hieß P. An- tons Kloster,) da wäre ja das unsrige weit besser! Jn jenem ist gar nichts zu machen. Der Prior ist ein harter Mann, und die Patres sind einfältige Leute. Tret er dafür zu uns! Es soll ihn gewiß nicht gereuen. Es sind hier in der Stadt viel ver- mögliche Leute, die uns oft zu essen schicken. An- statt, daß wir herumsammeln müssen, wird es uns zugetragen. Wir haben täglich wenigstens acht Messen zu lesen, und an Festtagen wol zwan- zig. Sieht er, das trägt ein, da kann man be- quem leben. Z. E. Diesen Wein hier hat uns erst heut der Postverwalter zugeschickt. So gibts fast alle Tage etwas. Sey er klug, und versprech er uns, zu uns zu kommen! Siegwart gab voll Befremdung zur Antwort: Es sey ihm, bey sei- nem Entschluß, nicht um gut Essen und Trinken zu thun, und er habe den andern Paters schon sein Wort gegeben. Die Kapuziner lachten über seine Bedenklichkeiten, und sagten: Man müß' es nicht so genau nehmen! Als all ihr Zureden bey ihm nichts vermochte, so liessen ihn die Paters mit ziemlicher Verachtung und Gleichgültigkeit von sich. Er gieng mismuthig weg, und ärgerte nur befremdet es uns ſehr, wie er an ein ſolches Kloſter gerathen iſt, wie das zu Fuͤllendorf; (ſo hieß P. An- tons Kloſter,) da waͤre ja das unſrige weit beſſer! Jn jenem iſt gar nichts zu machen. Der Prior iſt ein harter Mann, und die Patres ſind einfaͤltige Leute. Tret er dafuͤr zu uns! Es ſoll ihn gewiß nicht gereuen. Es ſind hier in der Stadt viel ver- moͤgliche Leute, die uns oft zu eſſen ſchicken. An- ſtatt, daß wir herumſammeln muͤſſen, wird es uns zugetragen. Wir haben taͤglich wenigſtens acht Meſſen zu leſen, und an Feſttagen wol zwan- zig. Sieht er, das traͤgt ein, da kann man be- quem leben. Z. E. Dieſen Wein hier hat uns erſt heut der Poſtverwalter zugeſchickt. So gibts faſt alle Tage etwas. Sey er klug, und verſprech er uns, zu uns zu kommen! Siegwart gab voll Befremdung zur Antwort: Es ſey ihm, bey ſei- nem Entſchluß, nicht um gut Eſſen und Trinken zu thun, und er habe den andern Paters ſchon ſein Wort gegeben. Die Kapuziner lachten uͤber ſeine Bedenklichkeiten, und ſagten: Man muͤß’ es nicht ſo genau nehmen! Als all ihr Zureden bey ihm nichts vermochte, ſo lieſſen ihn die Paters mit ziemlicher Verachtung und Gleichguͤltigkeit von ſich. Er gieng mismuthig weg, und aͤrgerte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0322" n="318"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nur befremdet es uns ſehr, wie er an ein ſolches Kloſter<lb/> gerathen iſt, wie das zu <hi rendition="#fr">Fuͤllendorf;</hi> (ſo hieß P. <hi rendition="#fr">An-<lb/> tons</hi> Kloſter,) da waͤre ja das unſrige weit beſſer! Jn<lb/> jenem iſt gar nichts zu machen. Der Prior iſt ein<lb/> harter Mann, und die Patres ſind einfaͤltige Leute.<lb/> Tret er dafuͤr zu uns! Es ſoll ihn gewiß nicht<lb/> gereuen. Es ſind hier in der Stadt viel ver-<lb/> moͤgliche Leute, die uns oft zu eſſen ſchicken. An-<lb/> ſtatt, daß wir herumſammeln muͤſſen, wird es<lb/> uns zugetragen. Wir haben taͤglich wenigſtens<lb/> acht Meſſen zu leſen, und an Feſttagen wol zwan-<lb/> zig. Sieht er, das traͤgt ein, da kann man be-<lb/> quem leben. Z. E. Dieſen Wein hier hat uns<lb/> erſt heut der Poſtverwalter zugeſchickt. So gibts<lb/> faſt alle Tage etwas. Sey er klug, und verſprech<lb/> er uns, zu uns zu kommen! <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> gab voll<lb/> Befremdung zur Antwort: Es ſey ihm, bey ſei-<lb/> nem Entſchluß, nicht um gut Eſſen und Trinken<lb/> zu thun, und er habe den andern Paters ſchon<lb/> ſein Wort gegeben. Die Kapuziner lachten uͤber<lb/> ſeine Bedenklichkeiten, und ſagten: Man muͤß’ es<lb/> nicht ſo genau nehmen! Als all ihr Zureden bey<lb/> ihm nichts vermochte, ſo lieſſen ihn die Paters<lb/> mit ziemlicher Verachtung und Gleichguͤltigkeit<lb/> von ſich. Er gieng mismuthig weg, und aͤrgerte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [318/0322]
nur befremdet es uns ſehr, wie er an ein ſolches Kloſter
gerathen iſt, wie das zu Fuͤllendorf; (ſo hieß P. An-
tons Kloſter,) da waͤre ja das unſrige weit beſſer! Jn
jenem iſt gar nichts zu machen. Der Prior iſt ein
harter Mann, und die Patres ſind einfaͤltige Leute.
Tret er dafuͤr zu uns! Es ſoll ihn gewiß nicht
gereuen. Es ſind hier in der Stadt viel ver-
moͤgliche Leute, die uns oft zu eſſen ſchicken. An-
ſtatt, daß wir herumſammeln muͤſſen, wird es
uns zugetragen. Wir haben taͤglich wenigſtens
acht Meſſen zu leſen, und an Feſttagen wol zwan-
zig. Sieht er, das traͤgt ein, da kann man be-
quem leben. Z. E. Dieſen Wein hier hat uns
erſt heut der Poſtverwalter zugeſchickt. So gibts
faſt alle Tage etwas. Sey er klug, und verſprech
er uns, zu uns zu kommen! Siegwart gab voll
Befremdung zur Antwort: Es ſey ihm, bey ſei-
nem Entſchluß, nicht um gut Eſſen und Trinken
zu thun, und er habe den andern Paters ſchon
ſein Wort gegeben. Die Kapuziner lachten uͤber
ſeine Bedenklichkeiten, und ſagten: Man muͤß’ es
nicht ſo genau nehmen! Als all ihr Zureden bey
ihm nichts vermochte, ſo lieſſen ihn die Paters
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