Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.himmlische Musik von allen Jnstrumenten, die sie zum Theil sehr gut spielten. Dazwischen hörte er ihre silberreine und melodische Stimmen. Dieß that auf ihn eine ganz erstaunliche Wir- kung. Er hörte eine zaubrische Musik, wie vom Himmel herab, und sah nichts. Er glaubte die Chöre der Engel anzuhören und träumte sich über unsre Welt hinaus. Die Nonnen schienen ihm die heiligsten und beneidenswürdigsten Geschöpfe zu seyn. Er gieng nun fast alle acht Tage in ih- re Kirche, und nährte sich mit Jdeen von Heilig- keit und Vollkommenheit. Kronhelm sah diesen Schwung seiner Einbildungskraft nicht gerne, der ihn aufs neue in die Mystik hinein, und von der Welt abbrachte. Nach einiger Zeit ward eine Nonne installirt, himmliſche Muſik von allen Jnſtrumenten, die ſie zum Theil ſehr gut ſpielten. Dazwiſchen hoͤrte er ihre ſilberreine und melodiſche Stimmen. Dieß that auf ihn eine ganz erſtaunliche Wir- kung. Er hoͤrte eine zaubriſche Muſik, wie vom Himmel herab, und ſah nichts. Er glaubte die Choͤre der Engel anzuhoͤren und traͤumte ſich uͤber unſre Welt hinaus. Die Nonnen ſchienen ihm die heiligſten und beneidenswuͤrdigſten Geſchoͤpfe zu ſeyn. Er gieng nun faſt alle acht Tage in ih- re Kirche, und naͤhrte ſich mit Jdeen von Heilig- keit und Vollkommenheit. Kronhelm ſah dieſen Schwung ſeiner Einbildungskraft nicht gerne, der ihn aufs neue in die Myſtik hinein, und von der Welt abbrachte. Nach einiger Zeit ward eine Nonne inſtallirt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0324" n="320"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> himmliſche Muſik von allen Jnſtrumenten, die ſie<lb/> zum Theil ſehr gut ſpielten. Dazwiſchen hoͤrte<lb/> er ihre ſilberreine und melodiſche Stimmen.<lb/> Dieß that auf ihn eine ganz erſtaunliche Wir-<lb/> kung. Er hoͤrte eine zaubriſche Muſik, wie vom<lb/> Himmel herab, und ſah nichts. Er glaubte die<lb/> Choͤre der Engel anzuhoͤren und traͤumte ſich uͤber<lb/> unſre Welt hinaus. Die Nonnen ſchienen ihm<lb/> die heiligſten und beneidenswuͤrdigſten Geſchoͤpfe<lb/> zu ſeyn. Er gieng nun faſt alle acht Tage in ih-<lb/> re Kirche, und naͤhrte ſich mit Jdeen von Heilig-<lb/> keit und Vollkommenheit. <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> ſah dieſen<lb/> Schwung ſeiner Einbildungskraft nicht gerne, der<lb/> ihn aufs neue in die Myſtik hinein, und von<lb/> der Welt abbrachte.</p><lb/> <p>Nach einiger Zeit ward eine Nonne inſtallirt,<lb/> wobey <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> auch gegenwaͤrtig war. Das<lb/> Opfer war eine junge, engelſchoͤne Baroneſſinn<lb/> von 19 oder 20 Jahren. Sie ſtund in ihrem<lb/> Brautſchmuck vor dem Altar, und legte, durch den<lb/> heiligen Pomp erhitzt, das Geluͤbde mit vieler<lb/> Freundlichkeit ab. Unſerm <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> gieng es<lb/> durch die Seele, als ſie der Welt, allen Freuden,<lb/> ihren Eltern und Verwandten, die mit gegenwaͤrtig<lb/> waren, auf ewig abſagte; ſich auf die Erde, als<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [320/0324]
himmliſche Muſik von allen Jnſtrumenten, die ſie
zum Theil ſehr gut ſpielten. Dazwiſchen hoͤrte
er ihre ſilberreine und melodiſche Stimmen.
Dieß that auf ihn eine ganz erſtaunliche Wir-
kung. Er hoͤrte eine zaubriſche Muſik, wie vom
Himmel herab, und ſah nichts. Er glaubte die
Choͤre der Engel anzuhoͤren und traͤumte ſich uͤber
unſre Welt hinaus. Die Nonnen ſchienen ihm
die heiligſten und beneidenswuͤrdigſten Geſchoͤpfe
zu ſeyn. Er gieng nun faſt alle acht Tage in ih-
re Kirche, und naͤhrte ſich mit Jdeen von Heilig-
keit und Vollkommenheit. Kronhelm ſah dieſen
Schwung ſeiner Einbildungskraft nicht gerne, der
ihn aufs neue in die Myſtik hinein, und von
der Welt abbrachte.
Nach einiger Zeit ward eine Nonne inſtallirt,
wobey Siegwart auch gegenwaͤrtig war. Das
Opfer war eine junge, engelſchoͤne Baroneſſinn
von 19 oder 20 Jahren. Sie ſtund in ihrem
Brautſchmuck vor dem Altar, und legte, durch den
heiligen Pomp erhitzt, das Geluͤbde mit vieler
Freundlichkeit ab. Unſerm Kronhelm gieng es
durch die Seele, als ſie der Welt, allen Freuden,
ihren Eltern und Verwandten, die mit gegenwaͤrtig
waren, auf ewig abſagte; ſich auf die Erde, als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |