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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ling; die Fischerin ist ein stolzes Mensch, die so
jüngferlich thut, als ob sie nicht fünfe zählen könn-
te, und einen ehrlichen Kerl über die Achsel an-
sieht. Schön ist sie, das kann man ihr nicht neh-
men; aber eben deswegen sollte sie mehr mit unser
einem umgehn. Narr! sie hat doch auch Fleisch und
Blut! Aber du siehst sie immer als einen Engel
an. Wenn ein Mädel nicht mit Studenten um-
geht, so wird ihr Lebetag nichts rechts aus ihr! --
Schöne Moral! sagte Gutfried. -- Moral hin,
Moral her! versetzte Kirner, um der Moral wil-
len bin ich nicht nach Jngolstadt gegangen. Das
kanst du doch nicht leugnen, Gutfried, daß die
Fischerin mit all ihrem glatten runden Gesicht ein
dummes, hoffärtiges Ding ist! Jch wollte letzt-
hin mit ihr im Schlitten fahren; da zog sie die
Nase in die Höhe, und sagte, sie müss' es sich ver-
bitten. -- Verbitt du den Henker und seine Groß-
mutter! Gelt, wenn der feine Herr von Kronhelm
kommt, da reicht sie gleich ihr Pfötchen her, weil
er eine goldbeschlagene Jack' an hat. Das sind
mir die rechten Menscher! Jch bekümmre mich
viel um ihre feine Haut.

Das Mädel lob ich mir allein,
Das Leib und Seele kann erfreun:



ling; die Fiſcherin iſt ein ſtolzes Menſch, die ſo
juͤngferlich thut, als ob ſie nicht fuͤnfe zaͤhlen koͤnn-
te, und einen ehrlichen Kerl uͤber die Achſel an-
ſieht. Schoͤn iſt ſie, das kann man ihr nicht neh-
men; aber eben deswegen ſollte ſie mehr mit unſer
einem umgehn. Narr! ſie hat doch auch Fleiſch und
Blut! Aber du ſiehſt ſie immer als einen Engel
an. Wenn ein Maͤdel nicht mit Studenten um-
geht, ſo wird ihr Lebetag nichts rechts aus ihr! —
Schoͤne Moral! ſagte Gutfried. — Moral hin,
Moral her! verſetzte Kirner, um der Moral wil-
len bin ich nicht nach Jngolſtadt gegangen. Das
kanſt du doch nicht leugnen, Gutfried, daß die
Fiſcherin mit all ihrem glatten runden Geſicht ein
dummes, hoffaͤrtiges Ding iſt! Jch wollte letzt-
hin mit ihr im Schlitten fahren; da zog ſie die
Naſe in die Hoͤhe, und ſagte, ſie muͤſſ’ es ſich ver-
bitten. — Verbitt du den Henker und ſeine Groß-
mutter! Gelt, wenn der feine Herr von Kronhelm
kommt, da reicht ſie gleich ihr Pfoͤtchen her, weil
er eine goldbeſchlagene Jack’ an hat. Das ſind
mir die rechten Menſcher! Jch bekuͤmmre mich
viel um ihre feine Haut.

Das Maͤdel lob ich mir allein,
Das Leib und Seele kann erfreun:
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[547/0127] ling; die Fiſcherin iſt ein ſtolzes Menſch, die ſo juͤngferlich thut, als ob ſie nicht fuͤnfe zaͤhlen koͤnn- te, und einen ehrlichen Kerl uͤber die Achſel an- ſieht. Schoͤn iſt ſie, das kann man ihr nicht neh- men; aber eben deswegen ſollte ſie mehr mit unſer einem umgehn. Narr! ſie hat doch auch Fleiſch und Blut! Aber du ſiehſt ſie immer als einen Engel an. Wenn ein Maͤdel nicht mit Studenten um- geht, ſo wird ihr Lebetag nichts rechts aus ihr! — Schoͤne Moral! ſagte Gutfried. — Moral hin, Moral her! verſetzte Kirner, um der Moral wil- len bin ich nicht nach Jngolſtadt gegangen. Das kanſt du doch nicht leugnen, Gutfried, daß die Fiſcherin mit all ihrem glatten runden Geſicht ein dummes, hoffaͤrtiges Ding iſt! Jch wollte letzt- hin mit ihr im Schlitten fahren; da zog ſie die Naſe in die Hoͤhe, und ſagte, ſie muͤſſ’ es ſich ver- bitten. — Verbitt du den Henker und ſeine Groß- mutter! Gelt, wenn der feine Herr von Kronhelm kommt, da reicht ſie gleich ihr Pfoͤtchen her, weil er eine goldbeſchlagene Jack’ an hat. Das ſind mir die rechten Menſcher! Jch bekuͤmmre mich viel um ihre feine Haut. Das Maͤdel lob ich mir allein, Das Leib und Seele kann erfreun:

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/127>, abgerufen am 27.11.2024.