nun in lautes Schluchzen aus, als Kronhelm weg war. -- Gott! was bin ich für ein Scheusal! dachte er; wie hab ich meinem besten liebsten Kron- helm Unrecht gethan! -- Er ist ein Engel, und ich bin ein Teufel! -- Ach, ich bin seiner Liebe nicht werth! ... Vergib mir, Gott! Vergib mir, Kronhelm! ... Ach, ich bin ein Teufel! . . Er meynts so redlich mit mir, und ich bin so treu- los! ... Bin so scheuslich undankbar! ... Vergib mir, Lieber, wenn dirs möglich ist! -- Mariane hat nach mir gefragt! ... Das ist mehr, als ich verdiene! . . Ach, daß ich so ein schändli- cher Kerl bin! . . Vergib mir, Gott! ... Ma- riane, Mariane! O du Engel! . . Wenn ich dei- ner werth wäre! . . O vergib mir, Gott, daß ich so hart war gegen meinen lieben, sanften, freund- schaftlichen Kronhelm!
Jndem kam Kronhelm wieder aufs Zimmer, und sahs noch, wie sein Freund sich die Augen wischte. Er umarmte ihn stillschweigend. Arm in Arm, und Brust an Brust, blieben sie lang so stehen, und giengen endlich mit einander zu Gutfried. Sie trafen ihn sehr bestürzt an. Er hatte einen Brief vor sich liegen, und lehnte sich, mit weinenden Au- gen, über ihn hin. Nun soll ich fort! sagte er.
nun in lautes Schluchzen aus, als Kronhelm weg war. — Gott! was bin ich fuͤr ein Scheuſal! dachte er; wie hab ich meinem beſten liebſten Kron- helm Unrecht gethan! — Er iſt ein Engel, und ich bin ein Teufel! — Ach, ich bin ſeiner Liebe nicht werth! … Vergib mir, Gott! Vergib mir, Kronhelm! … Ach, ich bin ein Teufel! . . Er meynts ſo redlich mit mir, und ich bin ſo treu- los! … Bin ſo ſcheuslich undankbar! … Vergib mir, Lieber, wenn dirs moͤglich iſt! — Mariane hat nach mir gefragt! … Das iſt mehr, als ich verdiene! . . Ach, daß ich ſo ein ſchaͤndli- cher Kerl bin! . . Vergib mir, Gott! … Ma- riane, Mariane! O du Engel! . . Wenn ich dei- ner werth waͤre! . . O vergib mir, Gott, daß ich ſo hart war gegen meinen lieben, ſanften, freund- ſchaftlichen Kronhelm!
Jndem kam Kronhelm wieder aufs Zimmer, und ſahs noch, wie ſein Freund ſich die Augen wiſchte. Er umarmte ihn ſtillſchweigend. Arm in Arm, und Bruſt an Bruſt, blieben ſie lang ſo ſtehen, und giengen endlich mit einander zu Gutfried. Sie trafen ihn ſehr beſtuͤrzt an. Er hatte einen Brief vor ſich liegen, und lehnte ſich, mit weinenden Au- gen, uͤber ihn hin. Nun ſoll ich fort! ſagte er.
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nun in lautes Schluchzen aus, als Kronhelm weg
war. — Gott! was bin ich fuͤr ein Scheuſal!
dachte er; wie hab ich meinem beſten liebſten Kron-
helm Unrecht gethan! — Er iſt ein Engel, und
ich bin ein Teufel! — Ach, ich bin ſeiner Liebe
nicht werth! … Vergib mir, Gott! Vergib
mir, Kronhelm! … Ach, ich bin ein Teufel! . .
Er meynts ſo redlich mit mir, und ich bin ſo treu-
los! … Bin ſo ſcheuslich undankbar! …
Vergib mir, Lieber, wenn dirs moͤglich iſt! —
Mariane hat nach mir gefragt! … Das iſt mehr,
als ich verdiene! . . Ach, daß ich ſo ein ſchaͤndli-
cher Kerl bin! . . Vergib mir, Gott! … Ma-
riane, Mariane! O du Engel! . . Wenn ich dei-
ner werth waͤre! . . O vergib mir, Gott, daß ich
ſo hart war gegen meinen lieben, ſanften, freund-
ſchaftlichen Kronhelm!
Jndem kam Kronhelm wieder aufs Zimmer, und
ſahs noch, wie ſein Freund ſich die Augen wiſchte.
Er umarmte ihn ſtillſchweigend. Arm in Arm,
und Bruſt an Bruſt, blieben ſie lang ſo ſtehen, und
giengen endlich mit einander zu Gutfried. Sie
trafen ihn ſehr beſtuͤrzt an. Er hatte einen Brief
vor ſich liegen, und lehnte ſich, mit weinenden Au-
gen, uͤber ihn hin. Nun ſoll ich fort! ſagte er.
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/202>, abgerufen am 05.12.2024.
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