weich und mitleidig, daß man alles Böse drüber vergesse u. s. w. Kronhelm und Siegwart hörten seiner Beschreibung mit Vergnügen zu. Kron- helm gab ihm Taschengeld, und versprach ihm auch, ihm in Jngolstadt eine neue Livree machen zu las- sen; der arme Kerl war so dankbar, daß er vor Freuden weinte, und sagte: Er möchte nur wissen, wie er bey Gott ein so grosses Glück verdient habe? --
Kronhelm ließ ihn weggehn, und theilte nun mit seinem Siegwart seine Freude über die frohen Aus- sichten, die er jetzt, in Absicht auf Theresen hatte. Er machte schon Entwürfe, wie er sein künftiges Leben einrichten wollte. Wenn mein Vater sich nicht zu- frieden geben will, sagte er, so zieh ich auf das Land- guth, wo wir mit unsrer seligen Mutter lebten. Jch weis, daß Therese sich mit Wenigem vergnügt, und mein Onkel wird schon auch für uns sorgen. Wir sind uns an jedem Ort genug, und brauchen keinen Ueberfluß, wenn uns nur die Liebe mit Zufrieden- heit segnet; und das wird sie thun, so lang wir le- ben. Siegwart gab ihm völlig Beyfall, und sagte, so denk er auch in Absicht auf seine Mariane. Kronhelm mochte ihn noch nicht fragen, welchen Plan er sich gemacht habe, und welche Lebensart er
weich und mitleidig, daß man alles Boͤſe druͤber vergeſſe u. ſ. w. Kronhelm und Siegwart hoͤrten ſeiner Beſchreibung mit Vergnuͤgen zu. Kron- helm gab ihm Taſchengeld, und verſprach ihm auch, ihm in Jngolſtadt eine neue Livree machen zu laſ- ſen; der arme Kerl war ſo dankbar, daß er vor Freuden weinte, und ſagte: Er moͤchte nur wiſſen, wie er bey Gott ein ſo groſſes Gluͤck verdient habe? —
Kronhelm ließ ihn weggehn, und theilte nun mit ſeinem Siegwart ſeine Freude uͤber die frohen Aus- ſichten, die er jetzt, in Abſicht auf Thereſen hatte. Er machte ſchon Entwuͤrfe, wie er ſein kuͤnftiges Leben einrichten wollte. Wenn mein Vater ſich nicht zu- frieden geben will, ſagte er, ſo zieh ich auf das Land- guth, wo wir mit unſrer ſeligen Mutter lebten. Jch weis, daß Thereſe ſich mit Wenigem vergnuͤgt, und mein Onkel wird ſchon auch fuͤr uns ſorgen. Wir ſind uns an jedem Ort genug, und brauchen keinen Ueberfluß, wenn uns nur die Liebe mit Zufrieden- heit ſegnet; und das wird ſie thun, ſo lang wir le- ben. Siegwart gab ihm voͤllig Beyfall, und ſagte, ſo denk er auch in Abſicht auf ſeine Mariane. Kronhelm mochte ihn noch nicht fragen, welchen Plan er ſich gemacht habe, und welche Lebensart er
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0312"n="732"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
weich und mitleidig, daß man alles Boͤſe druͤber<lb/>
vergeſſe u. ſ. w. Kronhelm und Siegwart hoͤrten<lb/>ſeiner Beſchreibung mit Vergnuͤgen zu. Kron-<lb/>
helm gab ihm Taſchengeld, und verſprach ihm auch,<lb/>
ihm in <hirendition="#fr">Jngolſtadt</hi> eine neue Livree machen zu laſ-<lb/>ſen; der arme Kerl war ſo dankbar, daß er vor<lb/>
Freuden weinte, und ſagte: Er moͤchte nur wiſſen,<lb/>
wie er bey Gott ein ſo groſſes Gluͤck verdient<lb/>
habe? —</p><lb/><p>Kronhelm ließ ihn weggehn, und theilte nun mit<lb/>ſeinem Siegwart ſeine Freude uͤber die frohen Aus-<lb/>ſichten, die er jetzt, in Abſicht auf Thereſen hatte.<lb/>
Er machte ſchon Entwuͤrfe, wie er ſein kuͤnftiges Leben<lb/>
einrichten wollte. Wenn mein Vater ſich nicht zu-<lb/>
frieden geben will, ſagte er, ſo zieh ich auf das Land-<lb/>
guth, wo wir mit unſrer ſeligen Mutter lebten. Jch<lb/>
weis, daß Thereſe ſich mit Wenigem vergnuͤgt, und<lb/>
mein Onkel wird ſchon auch fuͤr uns ſorgen. Wir<lb/>ſind uns an jedem Ort genug, und brauchen keinen<lb/>
Ueberfluß, wenn uns nur die Liebe mit Zufrieden-<lb/>
heit ſegnet; und das wird ſie thun, ſo lang wir le-<lb/>
ben. Siegwart gab ihm voͤllig Beyfall, und ſagte,<lb/>ſo denk er auch in Abſicht auf ſeine Mariane.<lb/>
Kronhelm mochte ihn noch nicht fragen, welchen<lb/>
Plan er ſich gemacht habe, und welche Lebensart er<lb/></p></div></body></text></TEI>
[732/0312]
weich und mitleidig, daß man alles Boͤſe druͤber
vergeſſe u. ſ. w. Kronhelm und Siegwart hoͤrten
ſeiner Beſchreibung mit Vergnuͤgen zu. Kron-
helm gab ihm Taſchengeld, und verſprach ihm auch,
ihm in Jngolſtadt eine neue Livree machen zu laſ-
ſen; der arme Kerl war ſo dankbar, daß er vor
Freuden weinte, und ſagte: Er moͤchte nur wiſſen,
wie er bey Gott ein ſo groſſes Gluͤck verdient
habe? —
Kronhelm ließ ihn weggehn, und theilte nun mit
ſeinem Siegwart ſeine Freude uͤber die frohen Aus-
ſichten, die er jetzt, in Abſicht auf Thereſen hatte.
Er machte ſchon Entwuͤrfe, wie er ſein kuͤnftiges Leben
einrichten wollte. Wenn mein Vater ſich nicht zu-
frieden geben will, ſagte er, ſo zieh ich auf das Land-
guth, wo wir mit unſrer ſeligen Mutter lebten. Jch
weis, daß Thereſe ſich mit Wenigem vergnuͤgt, und
mein Onkel wird ſchon auch fuͤr uns ſorgen. Wir
ſind uns an jedem Ort genug, und brauchen keinen
Ueberfluß, wenn uns nur die Liebe mit Zufrieden-
heit ſegnet; und das wird ſie thun, ſo lang wir le-
ben. Siegwart gab ihm voͤllig Beyfall, und ſagte,
ſo denk er auch in Abſicht auf ſeine Mariane.
Kronhelm mochte ihn noch nicht fragen, welchen
Plan er ſich gemacht habe, und welche Lebensart er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/312>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.