Kronhelm. Ja, der stirbt nicht! -- Grosser Gott! was ich da für Gedanken habe! -- Ja, wenn er stürbe! -- Wenn er aber auch nicht stürbe ...?
Siegwart. Du hast doch indessen eine Aus- flucht. Sonst hast du gar keine.
Kronhelm. Gar keine! -- Das ist schreck- lich! -- Bey Gott! schrecklich! -- Kann ich ihm denn sonst gar nichts schreiben?
Siegwart. Jch weiß nichts, wenn du sei- nem Zorn entgehen willst, und wenns nicht mei- ne Schwester und mein Vater mit entgelten sollen.
Kronhelm. Wie das?
Siegwart. Er droht ja, daß er sie umbrin- gen will. Hasts nicht gelesen?
Kronhelm. Ja, das ist wahr! Ja, ich muß schreiben; Siegwart, ich muß!
Siegwart. Aber nur behutsam, Bruder! ich bitte dich. Wenn du trotzen willst, so gehts nicht. Jetzt must du nachgeben, so viel du kannst.
Kronhelm. Ja, wenn man nur so könnte. Denk einmal, in so was nachgeben! -- Hätt er nur nicht Theresen gedroht! Mir möcht er dro- hen wie er wollte! Jch achte nichts. -- Aber ich weiß, wie er ist; sie wär nicht sicher vor ihm.
Kronhelm. Ja, der ſtirbt nicht! — Groſſer Gott! was ich da fuͤr Gedanken habe! — Ja, wenn er ſtuͤrbe! — Wenn er aber auch nicht ſtuͤrbe …?
Siegwart. Du haſt doch indeſſen eine Aus- flucht. Sonſt haſt du gar keine.
Kronhelm. Gar keine! — Das iſt ſchreck- lich! — Bey Gott! ſchrecklich! — Kann ich ihm denn ſonſt gar nichts ſchreiben?
Siegwart. Jch weiß nichts, wenn du ſei- nem Zorn entgehen willſt, und wenns nicht mei- ne Schweſter und mein Vater mit entgelten ſollen.
Kronhelm. Wie das?
Siegwart. Er droht ja, daß er ſie umbrin- gen will. Haſts nicht geleſen?
Kronhelm. Ja, das iſt wahr! Ja, ich muß ſchreiben; Siegwart, ich muß!
Siegwart. Aber nur behutſam, Bruder! ich bitte dich. Wenn du trotzen willſt, ſo gehts nicht. Jetzt muſt du nachgeben, ſo viel du kannſt.
Kronhelm. Ja, wenn man nur ſo koͤnnte. Denk einmal, in ſo was nachgeben! — Haͤtt er nur nicht Thereſen gedroht! Mir moͤcht er dro- hen wie er wollte! Jch achte nichts. — Aber ich weiß, wie er iſt; ſie waͤr nicht ſicher vor ihm.
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Kronhelm. Ja, der ſtirbt nicht! — Groſſer
Gott! was ich da fuͤr Gedanken habe! — Ja,
wenn er ſtuͤrbe! — Wenn er aber auch nicht
ſtuͤrbe …?
Siegwart. Du haſt doch indeſſen eine Aus-
flucht. Sonſt haſt du gar keine.
Kronhelm. Gar keine! — Das iſt ſchreck-
lich! — Bey Gott! ſchrecklich! — Kann ich
ihm denn ſonſt gar nichts ſchreiben?
Siegwart. Jch weiß nichts, wenn du ſei-
nem Zorn entgehen willſt, und wenns nicht mei-
ne Schweſter und mein Vater mit entgelten ſollen.
Kronhelm. Wie das?
Siegwart. Er droht ja, daß er ſie umbrin-
gen will. Haſts nicht geleſen?
Kronhelm. Ja, das iſt wahr! Ja, ich muß
ſchreiben; Siegwart, ich muß!
Siegwart. Aber nur behutſam, Bruder! ich
bitte dich. Wenn du trotzen willſt, ſo gehts nicht.
Jetzt muſt du nachgeben, ſo viel du kannſt.
Kronhelm. Ja, wenn man nur ſo koͤnnte.
Denk einmal, in ſo was nachgeben! — Haͤtt er
nur nicht Thereſen gedroht! Mir moͤcht er dro-
hen wie er wollte! Jch achte nichts. — Aber
ich weiß, wie er iſt; ſie waͤr nicht ſicher vor ihm.
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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