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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Kronhelm. Ja, ihn! Aber auch mich! Solls
auch mich beruhigen? -- Gib her! Jch wills wie-
der zerreissen, den verdammten Wisch!

Siegwart. Laß doch, Bruder! Du kannst Ein-
mal nichts anders schreiben. Denk, daß du The-
resen
dabey schonst!

Kronhelm. Nun so seys! Siegl' es zu! Jch
mag mit dem Quark nicht länger umgehn!

Siegwart siegelte den Brief zu, und erbot sich,
ihn des Junker Veits Bedienten zu bringen; denn
er fürchtete, Kronhelm möchte den Brief wieder
zerreissen. Dieser blieb indessen allein auf dem
Zimmer, und verwünschte sein Schicksal. Bald war
er wild und heftig, bald wieder wehmüthig, und
zum tiefsten Schmerz herabgebeugt, wenn er an
Theresen dachte. Siegwart kam bald wieder, und
nun besprachen sie sich über die traurige Geschichte;
Kronhelm war nun äusserst besorgt, was Therese
zu seinem Betragen denken, und ob sie ihn nicht
verachten werde, wenn sie höre, daß er seinem Vater
versprochen habe, ihr nicht mehr zu schreiben?
Siegwart beruhigte ihn aber wieder, indem er ver-
sprach, ihr die Sache im Zusammenhang zu schrei-
ben, und sie zu überzeugen, daß er, nach Erforder-

G g


Kronhelm. Ja, ihn! Aber auch mich! Solls
auch mich beruhigen? — Gib her! Jch wills wie-
der zerreiſſen, den verdammten Wiſch!

Siegwart. Laß doch, Bruder! Du kannſt Ein-
mal nichts anders ſchreiben. Denk, daß du The-
reſen
dabey ſchonſt!

Kronhelm. Nun ſo ſeys! Siegl’ es zu! Jch
mag mit dem Quark nicht laͤnger umgehn!

Siegwart ſiegelte den Brief zu, und erbot ſich,
ihn des Junker Veits Bedienten zu bringen; denn
er fuͤrchtete, Kronhelm moͤchte den Brief wieder
zerreiſſen. Dieſer blieb indeſſen allein auf dem
Zimmer, und verwuͤnſchte ſein Schickſal. Bald war
er wild und heftig, bald wieder wehmuͤthig, und
zum tiefſten Schmerz herabgebeugt, wenn er an
Thereſen dachte. Siegwart kam bald wieder, und
nun beſprachen ſie ſich uͤber die traurige Geſchichte;
Kronhelm war nun aͤuſſerſt beſorgt, was Thereſe
zu ſeinem Betragen denken, und ob ſie ihn nicht
verachten werde, wenn ſie hoͤre, daß er ſeinem Vater
verſprochen habe, ihr nicht mehr zu ſchreiben?
Siegwart beruhigte ihn aber wieder, indem er ver-
ſprach, ihr die Sache im Zuſammenhang zu ſchrei-
ben, und ſie zu uͤberzeugen, daß er, nach Erforder-

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[457/0037] Kronhelm. Ja, ihn! Aber auch mich! Solls auch mich beruhigen? — Gib her! Jch wills wie- der zerreiſſen, den verdammten Wiſch! Siegwart. Laß doch, Bruder! Du kannſt Ein- mal nichts anders ſchreiben. Denk, daß du The- reſen dabey ſchonſt! Kronhelm. Nun ſo ſeys! Siegl’ es zu! Jch mag mit dem Quark nicht laͤnger umgehn! Siegwart ſiegelte den Brief zu, und erbot ſich, ihn des Junker Veits Bedienten zu bringen; denn er fuͤrchtete, Kronhelm moͤchte den Brief wieder zerreiſſen. Dieſer blieb indeſſen allein auf dem Zimmer, und verwuͤnſchte ſein Schickſal. Bald war er wild und heftig, bald wieder wehmuͤthig, und zum tiefſten Schmerz herabgebeugt, wenn er an Thereſen dachte. Siegwart kam bald wieder, und nun beſprachen ſie ſich uͤber die traurige Geſchichte; Kronhelm war nun aͤuſſerſt beſorgt, was Thereſe zu ſeinem Betragen denken, und ob ſie ihn nicht verachten werde, wenn ſie hoͤre, daß er ſeinem Vater verſprochen habe, ihr nicht mehr zu ſchreiben? Siegwart beruhigte ihn aber wieder, indem er ver- ſprach, ihr die Sache im Zuſammenhang zu ſchrei- ben, und ſie zu uͤberzeugen, daß er, nach Erforder- G g

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/37>, abgerufen am 21.11.2024.