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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ist! Das ist alles, was ich sagen, was ich preisen
kann.

Eben wollt ich fort in Günzburg. Ein Trans-
port Recruten, den wir noch erwarteten, hatt' uns
länger aufgehalten. Da kam der Engel meiner
Liebe, der mich retten sollte, und mir Freude brin-
gen über Alles. Mein Onkel kam, der theure
Gottesmann, und sagte, daß ich nicht sterben soll-
te, sondern leben; daß Therese mein sey, daß die
Leiden sich geendigt haben mit dem Tode meines
Vaters. Gott sey seiner Seele gnädig! Er warf
Blut aus nach dem Sturz vom Pferd, und starb.
Daß Therese mein sey, dieß, sonst nichts, konnt ich
begreifen, und auch dieß nur wenig. Nach drey
Tagen sank ich ihr ans Herz, und glaubte zu ver-
gehen. -- O Bruder, wenn du fühlen kannst,
was das heisse: Das zu finden, was man schon
verlohren gab, so fühls! Jch weis nicht, ob ich
lebe? Das nur weis ich, lieber, theurer Schwa-
ger! daß sie mein ist.

Jn sechs Tagen wird uns, die wir lang schon
Eins sind, auch des Priesters Hand vereinigen.
O Schwager, daß du hier wärst, und mit uns
dich freuen könntest! Freue dich mit Marianen!
Du wirst auch glücklich werden; denn es ist nicht



iſt! Das iſt alles, was ich ſagen, was ich preiſen
kann.

Eben wollt ich fort in Guͤnzburg. Ein Trans-
port Recruten, den wir noch erwarteten, hatt’ uns
laͤnger aufgehalten. Da kam der Engel meiner
Liebe, der mich retten ſollte, und mir Freude brin-
gen uͤber Alles. Mein Onkel kam, der theure
Gottesmann, und ſagte, daß ich nicht ſterben ſoll-
te, ſondern leben; daß Thereſe mein ſey, daß die
Leiden ſich geendigt haben mit dem Tode meines
Vaters. Gott ſey ſeiner Seele gnaͤdig! Er warf
Blut aus nach dem Sturz vom Pferd, und ſtarb.
Daß Thereſe mein ſey, dieß, ſonſt nichts, konnt ich
begreifen, und auch dieß nur wenig. Nach drey
Tagen ſank ich ihr ans Herz, und glaubte zu ver-
gehen. — O Bruder, wenn du fuͤhlen kannſt,
was das heiſſe: Das zu finden, was man ſchon
verlohren gab, ſo fuͤhls! Jch weis nicht, ob ich
lebe? Das nur weis ich, lieber, theurer Schwa-
ger! daß ſie mein iſt.

Jn ſechs Tagen wird uns, die wir lang ſchon
Eins ſind, auch des Prieſters Hand vereinigen.
O Schwager, daß du hier waͤrſt, und mit uns
dich freuen koͤnnteſt! Freue dich mit Marianen!
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[792/0372] iſt! Das iſt alles, was ich ſagen, was ich preiſen kann. Eben wollt ich fort in Guͤnzburg. Ein Trans- port Recruten, den wir noch erwarteten, hatt’ uns laͤnger aufgehalten. Da kam der Engel meiner Liebe, der mich retten ſollte, und mir Freude brin- gen uͤber Alles. Mein Onkel kam, der theure Gottesmann, und ſagte, daß ich nicht ſterben ſoll- te, ſondern leben; daß Thereſe mein ſey, daß die Leiden ſich geendigt haben mit dem Tode meines Vaters. Gott ſey ſeiner Seele gnaͤdig! Er warf Blut aus nach dem Sturz vom Pferd, und ſtarb. Daß Thereſe mein ſey, dieß, ſonſt nichts, konnt ich begreifen, und auch dieß nur wenig. Nach drey Tagen ſank ich ihr ans Herz, und glaubte zu ver- gehen. — O Bruder, wenn du fuͤhlen kannſt, was das heiſſe: Das zu finden, was man ſchon verlohren gab, ſo fuͤhls! Jch weis nicht, ob ich lebe? Das nur weis ich, lieber, theurer Schwa- ger! daß ſie mein iſt. Jn ſechs Tagen wird uns, die wir lang ſchon Eins ſind, auch des Prieſters Hand vereinigen. O Schwager, daß du hier waͤrſt, und mit uns dich freuen koͤnnteſt! Freue dich mit Marianen! Du wirſt auch gluͤcklich werden; denn es iſt nicht

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 792. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/372>, abgerufen am 22.11.2024.