Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



wenns Gotts Will ist. Freylich giengs ein bißchen
hart her. Die kaiserlichen Werber wollten mich mit
Gewalt wegnehmen, weil ich keinen Paß hatt', und
mir sechzig baare Thaler geben; aber ich rankte
michz hinaus; und weil ich meinen Herrn nicht
auftreiben konnte, da fiel mirs erst ein, daß ich
mich bey Jhnen Raths erholen wollte; Sie
würden schon Bescheid wissen. Gottlob! daß ich
auf den Einfall kam. Nun bitt ich gar schön, sa-
gen Sie mir gleich, wo er ist? Daß ich mich
morgen mit dem frühesten auf den Weg machen
kann.

Siegwart sagte ihm, wo Kronhelm wäre.
Ey, Ey! sagte er, das ist ein bißchen weit ohne
Paß. Jch hätte wohl eine Bitte, ob Sie mir
ein kleines Briefchen mit gäben, wo drinn stünde,
daß ich ein ehrlicher Kerl sey. Jch fürchte die
Soldaten, wie den Henker. Siegwart gab
ihm einen kleinen Brief an Kronhelm, und ein
offnes Zeugniß seines Wohlverhaltens. Der Kerl
küßte ihm die Hand -- Aber, fuhr er fort, und
kratzte sich hinter den Ohren. Nun hätt ich noch
eine Bitte! Sie ist zwar groß, ich weis nicht,
ob Sies mir nicht abschlagen? Sie wissen
schon so, wie's auf Reisen geht! Das Geld



wenns Gotts Will iſt. Freylich giengs ein bißchen
hart her. Die kaiſerlichen Werber wollten mich mit
Gewalt wegnehmen, weil ich keinen Paß hatt’, und
mir ſechzig baare Thaler geben; aber ich rankte
michz hinaus; und weil ich meinen Herrn nicht
auftreiben konnte, da fiel mirs erſt ein, daß ich
mich bey Jhnen Raths erholen wollte; Sie
wuͤrden ſchon Beſcheid wiſſen. Gottlob! daß ich
auf den Einfall kam. Nun bitt ich gar ſchoͤn, ſa-
gen Sie mir gleich, wo er iſt? Daß ich mich
morgen mit dem fruͤheſten auf den Weg machen
kann.

Siegwart ſagte ihm, wo Kronhelm waͤre.
Ey, Ey! ſagte er, das iſt ein bißchen weit ohne
Paß. Jch haͤtte wohl eine Bitte, ob Sie mir
ein kleines Briefchen mit gaͤben, wo drinn ſtuͤnde,
daß ich ein ehrlicher Kerl ſey. Jch fuͤrchte die
Soldaten, wie den Henker. Siegwart gab
ihm einen kleinen Brief an Kronhelm, und ein
offnes Zeugniß ſeines Wohlverhaltens. Der Kerl
kuͤßte ihm die Hand — Aber, fuhr er fort, und
kratzte ſich hinter den Ohren. Nun haͤtt ich noch
eine Bitte! Sie iſt zwar groß, ich weis nicht,
ob Sies mir nicht abſchlagen? Sie wiſſen
ſchon ſo, wie’s auf Reiſen geht! Das Geld

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0383" n="803"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wenns Gotts Will i&#x017F;t. Freylich giengs ein bißchen<lb/>
hart her. Die kai&#x017F;erlichen Werber wollten mich mit<lb/>
Gewalt wegnehmen, weil ich keinen Paß hatt&#x2019;, und<lb/>
mir &#x017F;echzig baare Thaler geben; aber ich rankte<lb/>
michz hinaus; und weil ich meinen Herrn nicht<lb/>
auftreiben konnte, da fiel mirs er&#x017F;t ein, daß ich<lb/>
mich bey Jhnen Raths erholen wollte; Sie<lb/>
wu&#x0364;rden &#x017F;chon Be&#x017F;cheid wi&#x017F;&#x017F;en. Gottlob! daß ich<lb/>
auf den Einfall kam. Nun bitt ich gar &#x017F;cho&#x0364;n, &#x017F;a-<lb/>
gen Sie mir gleich, wo er i&#x017F;t? Daß ich mich<lb/>
morgen mit dem fru&#x0364;he&#x017F;ten auf den Weg machen<lb/>
kann.</p><lb/>
        <p>Siegwart &#x017F;agte ihm, wo Kronhelm wa&#x0364;re.<lb/>
Ey, Ey! &#x017F;agte er, das i&#x017F;t ein bißchen weit ohne<lb/>
Paß. Jch ha&#x0364;tte wohl eine Bitte, ob Sie mir<lb/>
ein kleines Briefchen mit ga&#x0364;ben, wo drinn &#x017F;tu&#x0364;nde,<lb/>
daß ich ein ehrlicher Kerl &#x017F;ey. Jch fu&#x0364;rchte die<lb/>
Soldaten, wie den Henker. Siegwart gab<lb/>
ihm einen kleinen Brief an Kronhelm, und ein<lb/>
offnes Zeugniß &#x017F;eines Wohlverhaltens. Der Kerl<lb/>
ku&#x0364;ßte ihm die Hand &#x2014; Aber, fuhr er fort, und<lb/>
kratzte &#x017F;ich hinter den Ohren. Nun ha&#x0364;tt ich noch<lb/>
eine Bitte! Sie i&#x017F;t zwar groß, ich weis nicht,<lb/>
ob Sies mir nicht ab&#x017F;chlagen? Sie wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;o, wie&#x2019;s auf Rei&#x017F;en geht! Das Geld<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[803/0383] wenns Gotts Will iſt. Freylich giengs ein bißchen hart her. Die kaiſerlichen Werber wollten mich mit Gewalt wegnehmen, weil ich keinen Paß hatt’, und mir ſechzig baare Thaler geben; aber ich rankte michz hinaus; und weil ich meinen Herrn nicht auftreiben konnte, da fiel mirs erſt ein, daß ich mich bey Jhnen Raths erholen wollte; Sie wuͤrden ſchon Beſcheid wiſſen. Gottlob! daß ich auf den Einfall kam. Nun bitt ich gar ſchoͤn, ſa- gen Sie mir gleich, wo er iſt? Daß ich mich morgen mit dem fruͤheſten auf den Weg machen kann. Siegwart ſagte ihm, wo Kronhelm waͤre. Ey, Ey! ſagte er, das iſt ein bißchen weit ohne Paß. Jch haͤtte wohl eine Bitte, ob Sie mir ein kleines Briefchen mit gaͤben, wo drinn ſtuͤnde, daß ich ein ehrlicher Kerl ſey. Jch fuͤrchte die Soldaten, wie den Henker. Siegwart gab ihm einen kleinen Brief an Kronhelm, und ein offnes Zeugniß ſeines Wohlverhaltens. Der Kerl kuͤßte ihm die Hand — Aber, fuhr er fort, und kratzte ſich hinter den Ohren. Nun haͤtt ich noch eine Bitte! Sie iſt zwar groß, ich weis nicht, ob Sies mir nicht abſchlagen? Sie wiſſen ſchon ſo, wie’s auf Reiſen geht! Das Geld

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/383
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 803. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/383>, abgerufen am 22.11.2024.