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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ihm ausschlug. Er lächelte; Sie auch, und fuhr
ihm sanft mit der Hand über sein Gesicht. Er
umschlang sie. Lieber, lieber Engel, sprach er,
sind Sie wieder mein? Wollen Sie mein bleiben?
Sie lehnte ihr Gesicht an seine Brust, und drückte
seine Hand sanft. Oft sassen sie lange stillschwei-
gend da; Gesicht an Gesicht geschmiegt; Er hörte
ihren Athem, wie er erst langsam, nach und nach
schneller und stärker gieng, und zuletzt ein Seufzer
ward. Dann drückte er sie wieder fester an sein
Herz, seinen Mund an ihren Mund; sog ihren
Kuß, und ihren sanften, reinen Athem ein. --
Lieben Sie mich auch? fragte er ein paarmal
ganz leise. O unendlich! antwortete sie, und ihr
Auge, das so zärtlich und so frey ihn ansah, sag-
te, daß es wahr sey.

Ein paarmal blickte Siegwart zum Himmel.
Der ganze Ausdruck seines Blicks war Dank.
Gott, ach Gott! dachte er; wie unendlich hast du
mich gesegnet! Alles, alles, was du meinem Wunsch
auf Erden geben konntest, die ganze Welt in mei-
nem Arm! Alles andre ist mir nichts; ist Staub!
Laß mir nur Sie, nur Sie! Gott, ach Gott, nur
Sie! Und dann drückte er sie wieder feucrvoller an
sein Herz. -- Warlich! Eine solche Liebe muß die



ihm auſſchlug. Er laͤchelte; Sie auch, und fuhr
ihm ſanft mit der Hand uͤber ſein Geſicht. Er
umſchlang ſie. Lieber, lieber Engel, ſprach er,
ſind Sie wieder mein? Wollen Sie mein bleiben?
Sie lehnte ihr Geſicht an ſeine Bruſt, und druͤckte
ſeine Hand ſanft. Oft ſaſſen ſie lange ſtillſchwei-
gend da; Geſicht an Geſicht geſchmiegt; Er hoͤrte
ihren Athem, wie er erſt langſam, nach und nach
ſchneller und ſtaͤrker gieng, und zuletzt ein Seufzer
ward. Dann druͤckte er ſie wieder feſter an ſein
Herz, ſeinen Mund an ihren Mund; ſog ihren
Kuß, und ihren ſanften, reinen Athem ein. —
Lieben Sie mich auch? fragte er ein paarmal
ganz leiſe. O unendlich! antwortete ſie, und ihr
Auge, das ſo zaͤrtlich und ſo frey ihn anſah, ſag-
te, daß es wahr ſey.

Ein paarmal blickte Siegwart zum Himmel.
Der ganze Ausdruck ſeines Blicks war Dank.
Gott, ach Gott! dachte er; wie unendlich haſt du
mich geſegnet! Alles, alles, was du meinem Wunſch
auf Erden geben konnteſt, die ganze Welt in mei-
nem Arm! Alles andre iſt mir nichts; iſt Staub!
Laß mir nur Sie, nur Sie! Gott, ach Gott, nur
Sie! Und dann druͤckte er ſie wieder feucrvoller an
ſein Herz. — Warlich! Eine ſolche Liebe muß die

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[807/0387] ihm auſſchlug. Er laͤchelte; Sie auch, und fuhr ihm ſanft mit der Hand uͤber ſein Geſicht. Er umſchlang ſie. Lieber, lieber Engel, ſprach er, ſind Sie wieder mein? Wollen Sie mein bleiben? Sie lehnte ihr Geſicht an ſeine Bruſt, und druͤckte ſeine Hand ſanft. Oft ſaſſen ſie lange ſtillſchwei- gend da; Geſicht an Geſicht geſchmiegt; Er hoͤrte ihren Athem, wie er erſt langſam, nach und nach ſchneller und ſtaͤrker gieng, und zuletzt ein Seufzer ward. Dann druͤckte er ſie wieder feſter an ſein Herz, ſeinen Mund an ihren Mund; ſog ihren Kuß, und ihren ſanften, reinen Athem ein. — Lieben Sie mich auch? fragte er ein paarmal ganz leiſe. O unendlich! antwortete ſie, und ihr Auge, das ſo zaͤrtlich und ſo frey ihn anſah, ſag- te, daß es wahr ſey. Ein paarmal blickte Siegwart zum Himmel. Der ganze Ausdruck ſeines Blicks war Dank. Gott, ach Gott! dachte er; wie unendlich haſt du mich geſegnet! Alles, alles, was du meinem Wunſch auf Erden geben konnteſt, die ganze Welt in mei- nem Arm! Alles andre iſt mir nichts; iſt Staub! Laß mir nur Sie, nur Sie! Gott, ach Gott, nur Sie! Und dann druͤckte er ſie wieder feucrvoller an ſein Herz. — Warlich! Eine ſolche Liebe muß die

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/387>, abgerufen am 22.11.2024.