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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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den ich mit der grösten Ehrsurcht liebe. Sey ein
Mann, Bruder, und kämpf! Die Siegerkrone
kann dir nicht fehlen. Du wirst sagen: der hat gut
trösten, weil ihm nichts mehr auf Erden übrig ist,
zu wünschen; und da hast du freylich Recht.

Leb
wohl, Bester, und sey glücklich! Jch bin ganz
Dein treuer Schwager Kronhelm.

Siegwart war nun wieder von allen Seiten
glücklich. Die Wünsche seiner liebsten Freunde wa-
ren ganz erfüllt; er besaß die Liebe seiner theuren
Mariane ganz, und die Furcht, sie zu verlieren,
war wieder gröstentheils zerstreut. Nur der Ge-
danke an das Geständniß, das er nun bald seinem
Vater thun sollte, trübte noch zuweilen seine Ruhe.
Aber in den vielen Freuden, die er hatte, suchte
er ihn zu betäuben und einzuschläfern; er schrieb
an seinen Schwager und an seine Schwester nach
Steinseld; theilte mit ihnen ihre große Freude,
und erzählte ihnen auch die Hofnungen, die er für
sich und seine Liebe hatte. Jm nächsten Konzert
sang er mit Marianen ein paar Arien, die die
Wiedervereinigung zweyer Liebenden zum Jnhalt
hatten. Mit welchem Ausdruck sie und er gesun-
gen haben mögen, kann sich jedes gefühlvolle Herz
vorstellen. Jeder Zuhörer war bewegt, und klatsch-



den ich mit der groͤſten Ehrſurcht liebe. Sey ein
Mann, Bruder, und kaͤmpf! Die Siegerkrone
kann dir nicht fehlen. Du wirſt ſagen: der hat gut
troͤſten, weil ihm nichts mehr auf Erden uͤbrig iſt,
zu wuͤnſchen; und da haſt du freylich Recht.

Leb
wohl, Beſter, und ſey gluͤcklich! Jch bin ganz
Dein treuer Schwager Kronhelm.

Siegwart war nun wieder von allen Seiten
gluͤcklich. Die Wuͤnſche ſeiner liebſten Freunde wa-
ren ganz erfuͤllt; er beſaß die Liebe ſeiner theuren
Mariane ganz, und die Furcht, ſie zu verlieren,
war wieder groͤſtentheils zerſtreut. Nur der Ge-
danke an das Geſtaͤndniß, das er nun bald ſeinem
Vater thun ſollte, truͤbte noch zuweilen ſeine Ruhe.
Aber in den vielen Freuden, die er hatte, ſuchte
er ihn zu betaͤuben und einzuſchlaͤfern; er ſchrieb
an ſeinen Schwager und an ſeine Schweſter nach
Steinſeld; theilte mit ihnen ihre große Freude,
und erzaͤhlte ihnen auch die Hofnungen, die er fuͤr
ſich und ſeine Liebe hatte. Jm naͤchſten Konzert
ſang er mit Marianen ein paar Arien, die die
Wiedervereinigung zweyer Liebenden zum Jnhalt
hatten. Mit welchem Ausdruck ſie und er geſun-
gen haben moͤgen, kann ſich jedes gefuͤhlvolle Herz
vorſtellen. Jeder Zuhoͤrer war bewegt, und klatſch-

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[814/0394] den ich mit der groͤſten Ehrſurcht liebe. Sey ein Mann, Bruder, und kaͤmpf! Die Siegerkrone kann dir nicht fehlen. Du wirſt ſagen: der hat gut troͤſten, weil ihm nichts mehr auf Erden uͤbrig iſt, zu wuͤnſchen; und da haſt du freylich Recht. Leb wohl, Beſter, und ſey gluͤcklich! Jch bin ganz Dein treuer Schwager Kronhelm. Siegwart war nun wieder von allen Seiten gluͤcklich. Die Wuͤnſche ſeiner liebſten Freunde wa- ren ganz erfuͤllt; er beſaß die Liebe ſeiner theuren Mariane ganz, und die Furcht, ſie zu verlieren, war wieder groͤſtentheils zerſtreut. Nur der Ge- danke an das Geſtaͤndniß, das er nun bald ſeinem Vater thun ſollte, truͤbte noch zuweilen ſeine Ruhe. Aber in den vielen Freuden, die er hatte, ſuchte er ihn zu betaͤuben und einzuſchlaͤfern; er ſchrieb an ſeinen Schwager und an ſeine Schweſter nach Steinſeld; theilte mit ihnen ihre große Freude, und erzaͤhlte ihnen auch die Hofnungen, die er fuͤr ſich und ſeine Liebe hatte. Jm naͤchſten Konzert ſang er mit Marianen ein paar Arien, die die Wiedervereinigung zweyer Liebenden zum Jnhalt hatten. Mit welchem Ausdruck ſie und er geſun- gen haben moͤgen, kann ſich jedes gefuͤhlvolle Herz vorſtellen. Jeder Zuhoͤrer war bewegt, und klatſch-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 814. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/394>, abgerufen am 22.11.2024.