person dabey ist. Auch gut! sagte Siegwart; alles, wie Sie wollen! Es fielen noch hundert spöttische Re- den vor, und um fünf Uhr gieng Siegwart weg.
Nun fühlte er erst, was er an seinem Vater verlohren hatte. Er gieng auf sein Grab, und weinte bitterlich. O, du Heiliger, rief er, sieh her- ab, wie mir Unrecht geschieht, und erbarme dich meiner! Bitte Gott und die heilige Jungfrau, daß sie mich nicht ganz verlassen! O Mutter, Vater, die ihr hier ruht, vergeßt eures armen Kindes nicht! Und du, Vater im Himmel! Gott und Vater, sieh auf eine arme Waise! Sieh herab, und sende Trost, oder laß mich auch ins Grab zu ih- nen sinken! O Mariane, Mariane! rief er beym Weggehn, was steht uns bevor! O du Engel, wenn du wüstest, was ich leide! Gott, ach Gott, verlaß uns nicht!
Er gieng nach Haus auf sein Zimmer; und da fiel ihm ein, seinem Kronhelm und seiner Therese seine. Noth zu klagen. Vielleicht, dacht er, ha- ben diese für mich Trost; wenigstens werden sie Mitleid mit mir haben. Er schrieb an sie beyde einen sehr rührenden Brief, und es ward ihm ganz leicht dabey. Er brachte den Brief dem Postver- walter, und fragte zugleich, wenn die Briefpost
perſon dabey iſt. Auch gut! ſagte Siegwart; alles, wie Sie wollen! Es fielen noch hundert ſpoͤttiſche Re- den vor, und um fuͤnf Uhr gieng Siegwart weg.
Nun fuͤhlte er erſt, was er an ſeinem Vater verlohren hatte. Er gieng auf ſein Grab, und weinte bitterlich. O, du Heiliger, rief er, ſieh her- ab, wie mir Unrecht geſchieht, und erbarme dich meiner! Bitte Gott und die heilige Jungfrau, daß ſie mich nicht ganz verlaſſen! O Mutter, Vater, die ihr hier ruht, vergeßt eures armen Kindes nicht! Und du, Vater im Himmel! Gott und Vater, ſieh auf eine arme Waiſe! Sieh herab, und ſende Troſt, oder laß mich auch ins Grab zu ih- nen ſinken! O Mariane, Mariane! rief er beym Weggehn, was ſteht uns bevor! O du Engel, wenn du wuͤſteſt, was ich leide! Gott, ach Gott, verlaß uns nicht!
Er gieng nach Haus auf ſein Zimmer; und da fiel ihm ein, ſeinem Kronhelm und ſeiner Thereſe ſeine. Noth zu klagen. Vielleicht, dacht er, ha- ben dieſe fuͤr mich Troſt; wenigſtens werden ſie Mitleid mit mir haben. Er ſchrieb an ſie beyde einen ſehr ruͤhrenden Brief, und es ward ihm ganz leicht dabey. Er brachte den Brief dem Poſtver- walter, und fragte zugleich, wenn die Briefpoſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0467"n="887"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
perſon dabey iſt. Auch gut! ſagte Siegwart; alles,<lb/>
wie Sie wollen! Es fielen noch hundert ſpoͤttiſche Re-<lb/>
den vor, und um fuͤnf Uhr gieng Siegwart weg.</p><lb/><p>Nun fuͤhlte er erſt, was er an ſeinem Vater<lb/>
verlohren hatte. Er gieng auf ſein Grab, und<lb/>
weinte bitterlich. O, du Heiliger, rief er, ſieh her-<lb/>
ab, wie mir Unrecht geſchieht, und erbarme dich<lb/>
meiner! Bitte Gott und die heilige Jungfrau, daß<lb/>ſie mich nicht ganz verlaſſen! O Mutter, Vater,<lb/>
die ihr hier ruht, vergeßt eures armen Kindes<lb/>
nicht! Und du, Vater im Himmel! Gott und<lb/>
Vater, ſieh auf eine arme Waiſe! Sieh herab, und<lb/>ſende Troſt, oder laß mich auch ins Grab zu ih-<lb/>
nen ſinken! O Mariane, Mariane! rief er beym<lb/>
Weggehn, was ſteht uns bevor! O du Engel,<lb/>
wenn du wuͤſteſt, was ich leide! Gott, ach Gott,<lb/>
verlaß uns nicht!</p><lb/><p>Er gieng nach Haus auf ſein Zimmer; und da<lb/>
fiel ihm ein, ſeinem Kronhelm und ſeiner Thereſe<lb/>ſeine. Noth zu klagen. Vielleicht, dacht er, ha-<lb/>
ben dieſe fuͤr mich Troſt; wenigſtens werden ſie<lb/>
Mitleid mit mir haben. Er ſchrieb an ſie beyde<lb/>
einen ſehr ruͤhrenden Brief, und es ward ihm ganz<lb/>
leicht dabey. Er brachte den Brief dem Poſtver-<lb/>
walter, und fragte zugleich, wenn die Briefpoſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[887/0467]
perſon dabey iſt. Auch gut! ſagte Siegwart; alles,
wie Sie wollen! Es fielen noch hundert ſpoͤttiſche Re-
den vor, und um fuͤnf Uhr gieng Siegwart weg.
Nun fuͤhlte er erſt, was er an ſeinem Vater
verlohren hatte. Er gieng auf ſein Grab, und
weinte bitterlich. O, du Heiliger, rief er, ſieh her-
ab, wie mir Unrecht geſchieht, und erbarme dich
meiner! Bitte Gott und die heilige Jungfrau, daß
ſie mich nicht ganz verlaſſen! O Mutter, Vater,
die ihr hier ruht, vergeßt eures armen Kindes
nicht! Und du, Vater im Himmel! Gott und
Vater, ſieh auf eine arme Waiſe! Sieh herab, und
ſende Troſt, oder laß mich auch ins Grab zu ih-
nen ſinken! O Mariane, Mariane! rief er beym
Weggehn, was ſteht uns bevor! O du Engel,
wenn du wuͤſteſt, was ich leide! Gott, ach Gott,
verlaß uns nicht!
Er gieng nach Haus auf ſein Zimmer; und da
fiel ihm ein, ſeinem Kronhelm und ſeiner Thereſe
ſeine. Noth zu klagen. Vielleicht, dacht er, ha-
ben dieſe fuͤr mich Troſt; wenigſtens werden ſie
Mitleid mit mir haben. Er ſchrieb an ſie beyde
einen ſehr ruͤhrenden Brief, und es ward ihm ganz
leicht dabey. Er brachte den Brief dem Poſtver-
walter, und fragte zugleich, wenn die Briefpoſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/467>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.