Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.der Sache gar nicht, sagte Kronhelm. Jch habe das alles, und noch mehr von Jhnen erwartet. Sie machtens meiner Frau und mir ehedem nicht besser. -- Und überdieß ist es nicht so ausge- macht, daß der selige Mann sich drüber nicht erklärt hat; wenigstens schrieb er meiner Frau: in seinem Pult werde man eine schriftliche Erklärung finden, wenn sein Sohn erst nach seinem Tod ankommen würde. Hier blaßte die Schwägerin ab. Doch wir wollen die verdrießlichen Sachen fahren lassen, fuhr er fort. Jch mußte Jhnen nur auf Einmal meine Meynung sagen. Jch denke, jetzt wäre kei- ne Zeit zu zanken, da wir alle so gerührt sind, oder doch seyn sollten. -- Drauf wendete er sich zu Siegwart, und sprach mit ihm von dem Ende sei- nes Vaters. Dieser war noch zu bestürzt über die unvermuthete Wendung seines Schicksals, und die Großmuth seines Freundes, als daß er viel hätte reden können. Das Gespräch ward wieder allge- meiner. Man sprach von der Erbschaftstheilung, Kronhelm erklärte sich: Was das Hausgeräthe an- belange, sey er damit zum Ueberfluß versehen, und würd es auch nicht gut wegbringen können. Auch den übrigen Antheil am Erbe woll er ihnen über- assen, weil er Gottlob! hinlänglich gesegnet sey, der Sache gar nicht, ſagte Kronhelm. Jch habe das alles, und noch mehr von Jhnen erwartet. Sie machtens meiner Frau und mir ehedem nicht beſſer. — Und uͤberdieß iſt es nicht ſo ausge- macht, daß der ſelige Mann ſich druͤber nicht erklaͤrt hat; wenigſtens ſchrieb er meiner Frau: in ſeinem Pult werde man eine ſchriftliche Erklaͤrung finden, wenn ſein Sohn erſt nach ſeinem Tod ankommen wuͤrde. Hier blaßte die Schwaͤgerin ab. Doch wir wollen die verdrießlichen Sachen fahren laſſen, fuhr er fort. Jch mußte Jhnen nur auf Einmal meine Meynung ſagen. Jch denke, jetzt waͤre kei- ne Zeit zu zanken, da wir alle ſo geruͤhrt ſind, oder doch ſeyn ſollten. — Drauf wendete er ſich zu Siegwart, und ſprach mit ihm von dem Ende ſei- nes Vaters. Dieſer war noch zu beſtuͤrzt uͤber die unvermuthete Wendung ſeines Schickſals, und die Großmuth ſeines Freundes, als daß er viel haͤtte reden koͤnnen. Das Geſpraͤch ward wieder allge- meiner. Man ſprach von der Erbſchaftstheilung, Kronhelm erklaͤrte ſich: Was das Hausgeraͤthe an- belange, ſey er damit zum Ueberfluß verſehen, und wuͤrd es auch nicht gut wegbringen koͤnnen. Auch den uͤbrigen Antheil am Erbe woll er ihnen uͤber- aſſen, weil er Gottlob! hinlaͤnglich geſegnet ſey, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0471" n="891"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> der Sache gar nicht, ſagte Kronhelm. Jch habe<lb/> das alles, und noch mehr von Jhnen erwartet.<lb/> Sie machtens meiner Frau und mir ehedem nicht<lb/> beſſer. — Und uͤberdieß iſt es nicht ſo ausge-<lb/> macht, daß der ſelige Mann ſich druͤber nicht erklaͤrt<lb/> hat; wenigſtens ſchrieb er meiner Frau: in ſeinem<lb/> Pult werde man eine ſchriftliche Erklaͤrung finden,<lb/> wenn ſein Sohn erſt nach ſeinem Tod ankommen<lb/> wuͤrde. Hier blaßte die Schwaͤgerin ab. Doch<lb/> wir wollen die verdrießlichen Sachen fahren laſſen,<lb/> fuhr er fort. Jch mußte Jhnen nur auf Einmal<lb/> meine Meynung ſagen. Jch denke, jetzt waͤre kei-<lb/> ne Zeit zu zanken, da wir alle ſo geruͤhrt ſind, oder<lb/> doch ſeyn ſollten. — Drauf wendete er ſich zu<lb/> Siegwart, und ſprach mit ihm von dem Ende ſei-<lb/> nes Vaters. Dieſer war noch zu beſtuͤrzt uͤber die<lb/> unvermuthete Wendung ſeines Schickſals, und die<lb/> Großmuth ſeines Freundes, als daß er viel haͤtte<lb/> reden koͤnnen. Das Geſpraͤch ward wieder allge-<lb/> meiner. Man ſprach von der Erbſchaftstheilung,<lb/> Kronhelm erklaͤrte ſich: Was das Hausgeraͤthe an-<lb/> belange, ſey er damit zum Ueberfluß verſehen, und<lb/> wuͤrd es auch nicht gut wegbringen koͤnnen. Auch<lb/> den uͤbrigen Antheil am Erbe woll er ihnen uͤber-<lb/> aſſen, weil er Gottlob! hinlaͤnglich geſegnet ſey,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [891/0471]
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das alles, und noch mehr von Jhnen erwartet.
Sie machtens meiner Frau und mir ehedem nicht
beſſer. — Und uͤberdieß iſt es nicht ſo ausge-
macht, daß der ſelige Mann ſich druͤber nicht erklaͤrt
hat; wenigſtens ſchrieb er meiner Frau: in ſeinem
Pult werde man eine ſchriftliche Erklaͤrung finden,
wenn ſein Sohn erſt nach ſeinem Tod ankommen
wuͤrde. Hier blaßte die Schwaͤgerin ab. Doch
wir wollen die verdrießlichen Sachen fahren laſſen,
fuhr er fort. Jch mußte Jhnen nur auf Einmal
meine Meynung ſagen. Jch denke, jetzt waͤre kei-
ne Zeit zu zanken, da wir alle ſo geruͤhrt ſind, oder
doch ſeyn ſollten. — Drauf wendete er ſich zu
Siegwart, und ſprach mit ihm von dem Ende ſei-
nes Vaters. Dieſer war noch zu beſtuͤrzt uͤber die
unvermuthete Wendung ſeines Schickſals, und die
Großmuth ſeines Freundes, als daß er viel haͤtte
reden koͤnnen. Das Geſpraͤch ward wieder allge-
meiner. Man ſprach von der Erbſchaftstheilung,
Kronhelm erklaͤrte ſich: Was das Hausgeraͤthe an-
belange, ſey er damit zum Ueberfluß verſehen, und
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Zitationshilfe: | Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 891. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/471>, abgerufen am 16.07.2024. |