Vielleicht daß Liebe noch dir lacht, Und dich mit Freuden kränzet.
Jetzt scheiden unter Seufzern wir, Und treuen Herzenszähren; Jetzt muß ich ohne Trost von dir, Allein, zurücke kehren.
Doch kurze Zeit, so werd ich dich, Geliebter, neu umfangen; O möchtest du getröstet mich Und froher dann empfangen!
Siegwart schrieb das Gedicht unter Thränen ab, und legte es auf den Tisch, hierauf las er etwas im Geßner. Um vier Uhr wachte Kronhelm wie- der auf. Einigemal gieng er schweigend im Zim- mer auf und ab. Das Gedicht fiel ihm in die Au- gen, er las es, und sank an die Brust seines Freun- des. Wie kann ich dir dafür danken, Xaver? sagte er. Nimms zum Andenken! antwortete Siegwart; ich hab nichts bessers. Sey standhaft, Lieber! Jn einem Jahr bin ich wieder bey dir. Dann solls besser mit dir stehen, hoff ich. -- Ach, wie kann das? sagte Kronhelm. Wenn du nur gleich mit mir reistest! Wie werd ich das allein aus- halten können? Grüß mir Theresen! Segne sie
Vielleicht daß Liebe noch dir lacht, Und dich mit Freuden kraͤnzet.
Jetzt ſcheiden unter Seufzern wir, Und treuen Herzenszaͤhren; Jetzt muß ich ohne Troſt von dir, Allein, zuruͤcke kehren.
Doch kurze Zeit, ſo werd ich dich, Geliebter, neu umfangen; O moͤchteſt du getroͤſtet mich Und froher dann empfangen!
Siegwart ſchrieb das Gedicht unter Thraͤnen ab, und legte es auf den Tiſch, hierauf las er etwas im Geßner. Um vier Uhr wachte Kronhelm wie- der auf. Einigemal gieng er ſchweigend im Zim- mer auf und ab. Das Gedicht fiel ihm in die Au- gen, er las es, und ſank an die Bruſt ſeines Freun- des. Wie kann ich dir dafuͤr danken, Xaver? ſagte er. Nimms zum Andenken! antwortete Siegwart; ich hab nichts beſſers. Sey ſtandhaft, Lieber! Jn einem Jahr bin ich wieder bey dir. Dann ſolls beſſer mit dir ſtehen, hoff ich. — Ach, wie kann das? ſagte Kronhelm. Wenn du nur gleich mit mir reiſteſt! Wie werd ich das allein aus- halten koͤnnen? Gruͤß mir Thereſen! Segne ſie
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Vielleicht daß Liebe noch dir lacht,
Und dich mit Freuden kraͤnzet.
Jetzt ſcheiden unter Seufzern wir,
Und treuen Herzenszaͤhren;
Jetzt muß ich ohne Troſt von dir,
Allein, zuruͤcke kehren.
Doch kurze Zeit, ſo werd ich dich,
Geliebter, neu umfangen;
O moͤchteſt du getroͤſtet mich
Und froher dann empfangen!
Siegwart ſchrieb das Gedicht unter Thraͤnen ab,
und legte es auf den Tiſch, hierauf las er etwas
im Geßner. Um vier Uhr wachte Kronhelm wie-
der auf. Einigemal gieng er ſchweigend im Zim-
mer auf und ab. Das Gedicht fiel ihm in die Au-
gen, er las es, und ſank an die Bruſt ſeines Freun-
des. Wie kann ich dir dafuͤr danken, Xaver?
ſagte er. Nimms zum Andenken! antwortete
Siegwart; ich hab nichts beſſers. Sey ſtandhaft,
Lieber! Jn einem Jahr bin ich wieder bey dir.
Dann ſolls beſſer mit dir ſtehen, hoff ich. — Ach,
wie kann das? ſagte Kronhelm. Wenn du nur
gleich mit mir reiſteſt! Wie werd ich das allein aus-
halten koͤnnen? Gruͤß mir Thereſen! Segne ſie
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/59>, abgerufen am 21.11.2024.
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