Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.hör ich Gott .. und meinem Engel .. und es wird bald ausgeweint seyn. .. -- Hier konnt er vor Schluchzen nicht weiter reden. Allen wars, als ob das Herz ihnen bersten wollte .. Siegwart nahm ein Glas mit Wein, und sagte: Seht! meine Thränen fliessen in den Wein. Es sind Thränen der Freundschaft, der Trennung und des Danks. Jedes trink' und wein' in das Glas! Trink, mein Kronhelm, und du, meine Schwester, und du, mein Rothsels! ... Gebt nun mir das Glas, und laßt michs vollends leeren! .. Und nun gebt mirs mit, daß es mir heilig sey bis an mein En- de! ... O, Gott segn euch, meine Lieben, für die vielen Thränen! .. Kronhelm, du begleitest mich, das weis ich .. Und dich, meine Schwe- ster, seh ich wieder. Du besuchst mich, wenn du stärker bist: und auch meinen Rothfels seh ich wie- der. Vielleicht zieht sich noch mein Leben ein paar Jahre hin. Jch bin nah bey euch, und seh euch wieder. .. Darum weint jetzt nicht so sehr! .. Therese, morgen küß' ich noch einmal dein Kind, wenn es schläft. Allen Segen des Himmels will ich ihm erflehen. .. Jch bitte dich, sieh mich mor- gen nicht mehr! Du bist schwach, und ich muß stark seyn, denn ich geh ja ein ins Land der Ruhe. -- hoͤr ich Gott .. und meinem Engel .. und es wird bald ausgeweint ſeyn. .. — Hier konnt er vor Schluchzen nicht weiter reden. Allen wars, als ob das Herz ihnen berſten wollte .. Siegwart nahm ein Glas mit Wein, und ſagte: Seht! meine Thraͤnen flieſſen in den Wein. Es ſind Thraͤnen der Freundſchaft, der Trennung und des Danks. Jedes trink’ und wein’ in das Glas! Trink, mein Kronhelm, und du, meine Schweſter, und du, mein Rothſels! … Gebt nun mir das Glas, und laßt michs vollends leeren! .. Und nun gebt mirs mit, daß es mir heilig ſey bis an mein En- de! … O, Gott ſegn euch, meine Lieben, fuͤr die vielen Thraͤnen! .. Kronhelm, du begleiteſt mich, das weis ich .. Und dich, meine Schwe- ſter, ſeh ich wieder. Du beſuchſt mich, wenn du ſtaͤrker biſt: und auch meinen Rothfels ſeh ich wie- der. Vielleicht zieht ſich noch mein Leben ein paar Jahre hin. Jch bin nah bey euch, und ſeh euch wieder. .. Darum weint jetzt nicht ſo ſehr! .. Thereſe, morgen kuͤß’ ich noch einmal dein Kind, wenn es ſchlaͤft. Allen Segen des Himmels will ich ihm erflehen. .. Jch bitte dich, ſieh mich mor- gen nicht mehr! Du biſt ſchwach, und ich muß ſtark ſeyn, denn ich geh ja ein ins Land der Ruhe. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0603" n="1023"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> hoͤr ich Gott .. und meinem Engel .. und es wird<lb/> bald ausgeweint ſeyn. .. — Hier konnt er vor<lb/> Schluchzen nicht weiter reden. Allen wars, als ob<lb/> das Herz ihnen berſten wollte .. Siegwart nahm<lb/> ein Glas mit Wein, und ſagte: Seht! meine<lb/> Thraͤnen flieſſen in den Wein. Es ſind Thraͤnen<lb/> der Freundſchaft, der Trennung und des Danks.<lb/> Jedes trink’ und wein’ in das Glas! Trink, mein<lb/> Kronhelm, und du, meine Schweſter, und du,<lb/> mein Rothſels! … Gebt nun mir das Glas,<lb/> und laßt michs vollends leeren! .. Und nun gebt<lb/> mirs mit, daß es mir heilig ſey bis an mein En-<lb/> de! … O, Gott ſegn euch, meine Lieben, fuͤr<lb/> die vielen Thraͤnen! .. Kronhelm, du begleiteſt<lb/> mich, das weis ich .. Und dich, meine Schwe-<lb/> ſter, ſeh ich wieder. Du beſuchſt mich, wenn du<lb/> ſtaͤrker biſt: und auch meinen Rothfels ſeh ich wie-<lb/> der. Vielleicht zieht ſich noch mein Leben ein paar<lb/> Jahre hin. Jch bin nah bey euch, und ſeh euch<lb/> wieder. .. Darum weint jetzt nicht ſo ſehr! ..<lb/> Thereſe, morgen kuͤß’ ich noch einmal dein Kind,<lb/> wenn es ſchlaͤft. Allen Segen des Himmels will<lb/> ich ihm erflehen. .. Jch bitte dich, ſieh mich mor-<lb/> gen nicht mehr! Du biſt ſchwach, und ich muß<lb/> ſtark ſeyn, denn ich geh ja ein ins Land der Ruhe. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [1023/0603]
hoͤr ich Gott .. und meinem Engel .. und es wird
bald ausgeweint ſeyn. .. — Hier konnt er vor
Schluchzen nicht weiter reden. Allen wars, als ob
das Herz ihnen berſten wollte .. Siegwart nahm
ein Glas mit Wein, und ſagte: Seht! meine
Thraͤnen flieſſen in den Wein. Es ſind Thraͤnen
der Freundſchaft, der Trennung und des Danks.
Jedes trink’ und wein’ in das Glas! Trink, mein
Kronhelm, und du, meine Schweſter, und du,
mein Rothſels! … Gebt nun mir das Glas,
und laßt michs vollends leeren! .. Und nun gebt
mirs mit, daß es mir heilig ſey bis an mein En-
de! … O, Gott ſegn euch, meine Lieben, fuͤr
die vielen Thraͤnen! .. Kronhelm, du begleiteſt
mich, das weis ich .. Und dich, meine Schwe-
ſter, ſeh ich wieder. Du beſuchſt mich, wenn du
ſtaͤrker biſt: und auch meinen Rothfels ſeh ich wie-
der. Vielleicht zieht ſich noch mein Leben ein paar
Jahre hin. Jch bin nah bey euch, und ſeh euch
wieder. .. Darum weint jetzt nicht ſo ſehr! ..
Thereſe, morgen kuͤß’ ich noch einmal dein Kind,
wenn es ſchlaͤft. Allen Segen des Himmels will
ich ihm erflehen. .. Jch bitte dich, ſieh mich mor-
gen nicht mehr! Du biſt ſchwach, und ich muß
ſtark ſeyn, denn ich geh ja ein ins Land der Ruhe. —
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