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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
Der den erwählten Saamen zuerst gelehrt [Spaltenumbruch] b), wie im Anfang
10Himmel und Erde c) dem Chaos entsprang; -- doch gefällt dir der Hügel
Sions mehr, und der Bach Siloah d), der nah am Orakel
Gottes vorbey fließt: so ruf ich von da zu dem kühnen Gesange
Deine Hülfe herunter, der mit nicht gewöhnlichem Fluge
Ueber den hohen Aonischen Berg e) sich zu schwingen gedenket,
15Und die geheiligte Spur von großen Dingen verfolget,
Die sonst niemand vor mir in Prosa noch Reimen f) versucht hat.

Und du besonders, o Geist g), du Schöpfer erhabner Gedanken,
Der du allen Tempeln ein Herz, das aufrichtig und rein ist,
Vorziehst; unterrichte du mich, denn du weißt es h); du warest
Gegen-
b) Denn Moses hütete der Schaa-
fe Jethro, seines Schwähers.
Jm
2 B. Mos. III, 1. Es wird sehr eigent-
lich von ihm gesagt, daß er den erwähl-
ten Saamen zuerst gelehrt, weil er
nicht nur der älteste Schriftsteller der
Juden, sondern der älteste von allen ist,
von denen uns noch etwas aufbehalten
worden. N.
c) Nach den ersten Worten des er-
sten Buchs Mose. N.
d) Siloah war ein kleiner Bach, der
nahe am Tempel Jerusalems vorbey floß.
Er wird erwähnt Jes. VIII, 6. Daß
Milton also in der That die himmlische
Muse anruft, welche den König Da-
vid und die Propheten auf dem Berge
Sion, und zu Jerusalem begeistert, so
wie Mosen auf dem Berge Sinai. N.
e) Die Gebirge von Böotien, wel-
ches vor Alters Aonien genannt wurde,
waren der Sitz der Musen; obgleich
diese Gegend auch sonst, ich weis nicht
durch was für ein Schicksal, wegen der
[Spaltenumbruch] Dummheit ihrer Einwohner berühmt
war. N.
f) Milton versteht hier unter Rei-
men, Verse überhaupt. Verse ohne
ein Beywort schien ihm vermuthlich
nicht edel genug. Ariosto sagt beynahe
mit den nämlichen Worten:
Cosa, non detta in prosa mai, ne
in rima.

Eine Sache, die niemals in Prosa,
noch Reimen, gesagt war.
Pearce.
g) Milton konnte zu seinem Werke
gar wohl den heiligen Geist anrufen, da
nach Jacobi I, 17. alle gute und alle
vollkommene Gabe von oben her-
ab kömmt, von dem Vater des
Lichts.
Er scheint sich aber für einen
wirklich begeisterten Mann gehalten zu
haben, wie seine hinterlassene Wittwe
oftmals erzählt. N.
h) Theokrit. Jdyll. XXII, 116.
[fremdsprachliches Material - 1 Zeile fehlt] etc.
Sage Göttinn, du weißt es etc. N.

Das verlohrne Paradies.
Der den erwaͤhlten Saamen zuerſt gelehrt [Spaltenumbruch] b), wie im Anfang
10Himmel und Erde c) dem Chaos entſprang; — doch gefaͤllt dir der Huͤgel
Sions mehr, und der Bach Siloah d), der nah am Orakel
Gottes vorbey fließt: ſo ruf ich von da zu dem kuͤhnen Geſange
Deine Huͤlfe herunter, der mit nicht gewoͤhnlichem Fluge
Ueber den hohen Aoniſchen Berg e) ſich zu ſchwingen gedenket,
15Und die geheiligte Spur von großen Dingen verfolget,
Die ſonſt niemand vor mir in Proſa noch Reimen f) verſucht hat.

Und du beſonders, o Geiſt g), du Schoͤpfer erhabner Gedanken,
Der du allen Tempeln ein Herz, das aufrichtig und rein iſt,
Vorziehſt; unterrichte du mich, denn du weißt es h); du wareſt
Gegen-
b) Denn Moſes hütete der Schaa-
fe Jethro, ſeines Schwähers.
Jm
2 B. Moſ. III, 1. Es wird ſehr eigent-
lich von ihm geſagt, daß er den erwaͤhl-
ten Saamen zuerſt gelehrt, weil er
nicht nur der aͤlteſte Schriftſteller der
Juden, ſondern der aͤlteſte von allen iſt,
von denen uns noch etwas aufbehalten
worden. N.
c) Nach den erſten Worten des er-
ſten Buchs Moſe. N.
d) Siloah war ein kleiner Bach, der
nahe am Tempel Jeruſalems vorbey floß.
Er wird erwaͤhnt Jeſ. VIII, 6. Daß
Milton alſo in der That die himmliſche
Muſe anruft, welche den Koͤnig Da-
vid und die Propheten auf dem Berge
Sion, und zu Jeruſalem begeiſtert, ſo
wie Moſen auf dem Berge Sinai. N.
e) Die Gebirge von Boͤotien, wel-
ches vor Alters Aonien genannt wurde,
waren der Sitz der Muſen; obgleich
dieſe Gegend auch ſonſt, ich weis nicht
durch was fuͤr ein Schickſal, wegen der
[Spaltenumbruch] Dummheit ihrer Einwohner beruͤhmt
war. N.
f) Milton verſteht hier unter Rei-
men, Verſe uͤberhaupt. Verſe ohne
ein Beywort ſchien ihm vermuthlich
nicht edel genug. Arioſto ſagt beynahe
mit den naͤmlichen Worten:
Coſa, non detta in proſa mai, ne
in rima.

Eine Sache, die niemals in Proſa,
noch Reimen, geſagt war.
Pearce.
g) Milton konnte zu ſeinem Werke
gar wohl den heiligen Geiſt anrufen, da
nach Jacobi I, 17. alle gute und alle
vollkommene Gabe von oben her-
ab kömmt, von dem Vater des
Lichts.
Er ſcheint ſich aber fuͤr einen
wirklich begeiſterten Mann gehalten zu
haben, wie ſeine hinterlaſſene Wittwe
oftmals erzaͤhlt. N.
h) Theokrit. Jdyll. XXII, 116.
[fremdsprachliches Material – 1 Zeile fehlt] etc.
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[4/0018] Das verlohrne Paradies. Der den erwaͤhlten Saamen zuerſt gelehrt b), wie im Anfang Himmel und Erde c) dem Chaos entſprang; — doch gefaͤllt dir der Huͤgel Sions mehr, und der Bach Siloah d), der nah am Orakel Gottes vorbey fließt: ſo ruf ich von da zu dem kuͤhnen Geſange Deine Huͤlfe herunter, der mit nicht gewoͤhnlichem Fluge Ueber den hohen Aoniſchen Berg e) ſich zu ſchwingen gedenket, Und die geheiligte Spur von großen Dingen verfolget, Die ſonſt niemand vor mir in Proſa noch Reimen f) verſucht hat. Und du beſonders, o Geiſt g), du Schoͤpfer erhabner Gedanken, Der du allen Tempeln ein Herz, das aufrichtig und rein iſt, Vorziehſt; unterrichte du mich, denn du weißt es h); du wareſt Gegen- b) Denn Moſes hütete der Schaa- fe Jethro, ſeines Schwähers. Jm 2 B. Moſ. III, 1. Es wird ſehr eigent- lich von ihm geſagt, daß er den erwaͤhl- ten Saamen zuerſt gelehrt, weil er nicht nur der aͤlteſte Schriftſteller der Juden, ſondern der aͤlteſte von allen iſt, von denen uns noch etwas aufbehalten worden. N. c) Nach den erſten Worten des er- ſten Buchs Moſe. N. d) Siloah war ein kleiner Bach, der nahe am Tempel Jeruſalems vorbey floß. Er wird erwaͤhnt Jeſ. VIII, 6. Daß Milton alſo in der That die himmliſche Muſe anruft, welche den Koͤnig Da- vid und die Propheten auf dem Berge Sion, und zu Jeruſalem begeiſtert, ſo wie Moſen auf dem Berge Sinai. N. e) Die Gebirge von Boͤotien, wel- ches vor Alters Aonien genannt wurde, waren der Sitz der Muſen; obgleich dieſe Gegend auch ſonſt, ich weis nicht durch was fuͤr ein Schickſal, wegen der Dummheit ihrer Einwohner beruͤhmt war. N. f) Milton verſteht hier unter Rei- men, Verſe uͤberhaupt. Verſe ohne ein Beywort ſchien ihm vermuthlich nicht edel genug. Arioſto ſagt beynahe mit den naͤmlichen Worten: Coſa, non detta in proſa mai, ne in rima. Eine Sache, die niemals in Proſa, noch Reimen, geſagt war. Pearce. g) Milton konnte zu ſeinem Werke gar wohl den heiligen Geiſt anrufen, da nach Jacobi I, 17. alle gute und alle vollkommene Gabe von oben her- ab kömmt, von dem Vater des Lichts. Er ſcheint ſich aber fuͤr einen wirklich begeiſterten Mann gehalten zu haben, wie ſeine hinterlaſſene Wittwe oftmals erzaͤhlt. N. h) Theokrit. Jdyll. XXII, 116. _ etc. Sage Goͤttinn, du weißt es ꝛc. N.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/18>, abgerufen am 21.11.2024.