Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Rein erklärt, und eingen befiehlt, und allen erlaubet.750Gott will unsre Vermehrung, und wer gebietet Enthaltung? Niemand, als unser Zerstörer, der Feind von Gott und dem Menschen. Heil dir! ehliche Liebe! Geheimnißreiches Gesetze! Wahre Quelle der Nachkommenschaft des Menschen; du einzges Eigenthümliches Gut im Paradiese, wo alles 755Außer dir sonst gemeinschaftlich war; ehbrechrische Lüste Wurden durch dich von den Menschen verbannt, in den Heerden der Thiere Umzuschweifen. Durch dich, gerecht, und rein, und vernünftig, Wurden die theuren Verwandschaften erst von Sohn, und von Vater, Und von Bruder bekannt. Fern sey es, daß ich dich Sünde 760Nenne, viel minder dich tadle, noch zu dem heiligsten Orte Ungeziemend dich halte, dich, o du beständige Quelle Aller häuslichen Freuden! Rein ist dein Lager, für heilig Ward es beständig gehalten von Patriarchen und Frommen. Jhre güldenen Pfeile gebraucht hier die Liebe; hier leuchtet 765Jhre beständige Lampe, hier schwingt sie die purpurnen Flügel; Herrscht und belustigt sich hier; nicht in dem erkauften Lächeln Eitler Dirnen, im leeren zufälligen thierschen Genuße Ohne Liebe; noch auch im Liebesverständniß der Höfe, Oder vermischten Tänzen, und mitternächtlichen Bällen, 770Oder in Mummereyen, und Serenaten, in welchen Seiner stolzen Gebiethrinn der klagende Liebhaber singet, Die er am besten mit stolzer Verachtung verlassen sollte. Diese beyden lagen nunmehr, sich zärtlich umarmend, Eingesungen von Nachtigallen. Die blumichte Decke Goß
Das verlohrne Paradies. Rein erklaͤrt, und eingen befiehlt, und allen erlaubet.750Gott will unſre Vermehrung, und wer gebietet Enthaltung? Niemand, als unſer Zerſtoͤrer, der Feind von Gott und dem Menſchen. Heil dir! ehliche Liebe! Geheimnißreiches Geſetze! Wahre Quelle der Nachkommenſchaft des Menſchen; du einzges Eigenthuͤmliches Gut im Paradieſe, wo alles 755Außer dir ſonſt gemeinſchaftlich war; ehbrechriſche Luͤſte Wurden durch dich von den Menſchen verbannt, in den Heerden der Thiere Umzuſchweifen. Durch dich, gerecht, und rein, und vernuͤnftig, Wurden die theuren Verwandſchaften erſt von Sohn, und von Vater, Und von Bruder bekannt. Fern ſey es, daß ich dich Suͤnde 760Nenne, viel minder dich tadle, noch zu dem heiligſten Orte Ungeziemend dich halte, dich, o du beſtaͤndige Quelle Aller haͤuslichen Freuden! Rein iſt dein Lager, fuͤr heilig Ward es beſtaͤndig gehalten von Patriarchen und Frommen. Jhre guͤldenen Pfeile gebraucht hier die Liebe; hier leuchtet 765Jhre beſtaͤndige Lampe, hier ſchwingt ſie die purpurnen Fluͤgel; Herrſcht und beluſtigt ſich hier; nicht in dem erkauften Laͤcheln Eitler Dirnen, im leeren zufaͤlligen thierſchen Genuße Ohne Liebe; noch auch im Liebesverſtaͤndniß der Hoͤfe, Oder vermiſchten Taͤnzen, und mitternaͤchtlichen Baͤllen, 770Oder in Mummereyen, und Serenaten, in welchen Seiner ſtolzen Gebiethrinn der klagende Liebhaber ſinget, Die er am beſten mit ſtolzer Verachtung verlaſſen ſollte. Dieſe beyden lagen nunmehr, ſich zaͤrtlich umarmend, Eingeſungen von Nachtigallen. Die blumichte Decke Goß
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Das verlohrne Paradies.
Rein erklaͤrt, und eingen befiehlt, und allen erlaubet.
Gott will unſre Vermehrung, und wer gebietet Enthaltung?
Niemand, als unſer Zerſtoͤrer, der Feind von Gott und dem Menſchen.
Heil dir! ehliche Liebe! Geheimnißreiches Geſetze!
Wahre Quelle der Nachkommenſchaft des Menſchen; du einzges
Eigenthuͤmliches Gut im Paradieſe, wo alles
Außer dir ſonſt gemeinſchaftlich war; ehbrechriſche Luͤſte
Wurden durch dich von den Menſchen verbannt, in den Heerden der Thiere
Umzuſchweifen. Durch dich, gerecht, und rein, und vernuͤnftig,
Wurden die theuren Verwandſchaften erſt von Sohn, und von Vater,
Und von Bruder bekannt. Fern ſey es, daß ich dich Suͤnde
Nenne, viel minder dich tadle, noch zu dem heiligſten Orte
Ungeziemend dich halte, dich, o du beſtaͤndige Quelle
Aller haͤuslichen Freuden! Rein iſt dein Lager, fuͤr heilig
Ward es beſtaͤndig gehalten von Patriarchen und Frommen.
Jhre guͤldenen Pfeile gebraucht hier die Liebe; hier leuchtet
Jhre beſtaͤndige Lampe, hier ſchwingt ſie die purpurnen Fluͤgel;
Herrſcht und beluſtigt ſich hier; nicht in dem erkauften Laͤcheln
Eitler Dirnen, im leeren zufaͤlligen thierſchen Genuße
Ohne Liebe; noch auch im Liebesverſtaͤndniß der Hoͤfe,
Oder vermiſchten Taͤnzen, und mitternaͤchtlichen Baͤllen,
Oder in Mummereyen, und Serenaten, in welchen
Seiner ſtolzen Gebiethrinn der klagende Liebhaber ſinget,
Die er am beſten mit ſtolzer Verachtung verlaſſen ſollte.
Dieſe beyden lagen nunmehr, ſich zaͤrtlich umarmend,
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