Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Michael sagte hierauf: Du hast die Wahrheit vermuthet. So geneigt, so willig läßt Gott vom rächenden Zorn ab, Ob vor kurzem es gleich ihn wegen der Menschen gereuet, 935Und es ihn im Herzen gekränkt, indem er hinab sah, Und die Erde mit Frevel erfüllt, mit Sünde bedeckt fand, Weil sich alles Feisch in seinem Wege verderbet. Aber nachdem sein Zorn sie vertilgt; wird dieser Gerechte So viel Gnade vor ihm und seinen Augen erlangen, 940Daß er das Menschengeschlecht nicht ganz im Zorne verderbet, Sondern in einem Bunde verspricht [Spaltenumbruch] aa), er wolle die Erde Niemals wieder durch Wasser zerstören; der Ocean solle Niemals seine Gränzen verlassen, noch stürmischer Regen Wieder die sündige Welt mit Menschen und Thieren ersäufen. 945Führt er Wolken über die Erde, so wird er darinne Den dreyfarbichten Bogen setzen, daß, wer ihn erblicket, An aa) Nach 1 B. Mos. IX. 12. etc. Und
Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich gemacht habe zwischen mir und euch, und allem lebendigen Thier bey euch hinfort ewiglich: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken, der soll das Zeichen seyn des Bundes zwischen [Spaltenumbruch] mir und der Erden. Und wenn es kommt, daß ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bo- gen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund -- daß nicht mehr hinfort eine Sündfluth komme, die alles Fleisch verderbe.
Michael ſagte hierauf: Du haſt die Wahrheit vermuthet. So geneigt, ſo willig laͤßt Gott vom raͤchenden Zorn ab, Ob vor kurzem es gleich ihn wegen der Menſchen gereuet, 935Und es ihn im Herzen gekraͤnkt, indem er hinab ſah, Und die Erde mit Frevel erfuͤllt, mit Suͤnde bedeckt fand, Weil ſich alles Feiſch in ſeinem Wege verderbet. Aber nachdem ſein Zorn ſie vertilgt; wird dieſer Gerechte So viel Gnade vor ihm und ſeinen Augen erlangen, 940Daß er das Menſchengeſchlecht nicht ganz im Zorne verderbet, Sondern in einem Bunde verſpricht [Spaltenumbruch] aa), er wolle die Erde Niemals wieder durch Waſſer zerſtoͤren; der Ocean ſolle Niemals ſeine Graͤnzen verlaſſen, noch ſtuͤrmiſcher Regen Wieder die ſuͤndige Welt mit Menſchen und Thieren erſaͤufen. 945Fuͤhrt er Wolken uͤber die Erde, ſo wird er darinne Den dreyfarbichten Bogen ſetzen, daß, wer ihn erblicket, An aa) Nach 1 B. Moſ. IX. 12. ꝛc. Und
Gott ſprach: Das iſt das Zeichen des Bundes, den ich gemacht habe zwiſchen mir und euch, und allem lebendigen Thier bey euch hinfort ewiglich: Meinen Bogen habe ich geſetzt in die Wolken, der ſoll das Zeichen ſeyn des Bundes zwiſchen [Spaltenumbruch] mir und der Erden. Und wenn es kommt, daß ich Wolken über die Erde führe, ſo ſoll man meinen Bo- gen ſehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund — daß nicht mehr hinfort eine Sündfluth komme, die alles Fleiſch verderbe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="47"> <l><pb facs="#f0239" n="215"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Eilfter Geſang.</hi></fw><lb/><note place="left">930</note>Jene fluͤßigen Saͤume der waͤßrichten Wolken zu halten,</l><lb/> <l>Sich nicht von neuem zu loͤſen, und uͤber die Erde zu regnen?</l> </lg><lb/> <lg n="48"> <l><hi rendition="#fr">Michael</hi> ſagte hierauf: Du haſt die Wahrheit vermuthet.</l><lb/> <l>So geneigt, ſo willig laͤßt Gott vom raͤchenden Zorn ab,</l><lb/> <l>Ob vor kurzem es gleich ihn wegen der Menſchen gereuet,<lb/><note place="left">935</note>Und es ihn im Herzen gekraͤnkt, indem er hinab ſah,</l><lb/> <l>Und die Erde mit Frevel erfuͤllt, mit Suͤnde bedeckt fand,</l><lb/> <l>Weil ſich alles Feiſch in ſeinem Wege verderbet.</l><lb/> <l>Aber nachdem ſein Zorn ſie vertilgt; wird dieſer Gerechte</l><lb/> <l>So viel Gnade vor ihm und ſeinen Augen erlangen,<lb/><note place="left">940</note>Daß er das Menſchengeſchlecht nicht ganz im Zorne verderbet,</l><lb/> <l>Sondern in einem Bunde verſpricht <cb/> <note place="foot" n="aa)">Nach 1 B. Moſ. <hi rendition="#aq">IX.</hi> 12. ꝛc. <hi rendition="#fr">Und<lb/> Gott ſprach: Das iſt das Zeichen<lb/> des Bundes, den ich gemacht habe<lb/> zwiſchen mir und euch, und allem<lb/> lebendigen Thier bey euch hinfort<lb/> ewiglich: Meinen Bogen habe ich<lb/> geſetzt in die Wolken, der ſoll das<lb/> Zeichen ſeyn des Bundes zwiſchen<lb/><cb/> mir und der Erden. Und wenn es<lb/> kommt, daß ich Wolken über die<lb/> Erde führe, ſo ſoll man meinen Bo-<lb/> gen ſehen in den Wolken. Alsdann<lb/> will ich gedenken an meinen Bund<lb/> — daß nicht mehr hinfort eine<lb/> Sündfluth komme, die alles Fleiſch<lb/> verderbe.</hi> </note>, er wolle die Erde</l><lb/> <l>Niemals wieder durch Waſſer zerſtoͤren; der Ocean ſolle</l><lb/> <l>Niemals ſeine Graͤnzen verlaſſen, noch ſtuͤrmiſcher Regen</l><lb/> <l>Wieder die ſuͤndige Welt mit Menſchen und Thieren erſaͤufen.<lb/><note place="left">945</note>Fuͤhrt er Wolken uͤber die Erde, ſo wird er darinne</l><lb/> <l>Den dreyfarbichten Bogen ſetzen, daß, wer ihn erblicket,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">An</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [215/0239]
Eilfter Geſang.
Jene fluͤßigen Saͤume der waͤßrichten Wolken zu halten,
Sich nicht von neuem zu loͤſen, und uͤber die Erde zu regnen?
Michael ſagte hierauf: Du haſt die Wahrheit vermuthet.
So geneigt, ſo willig laͤßt Gott vom raͤchenden Zorn ab,
Ob vor kurzem es gleich ihn wegen der Menſchen gereuet,
Und es ihn im Herzen gekraͤnkt, indem er hinab ſah,
Und die Erde mit Frevel erfuͤllt, mit Suͤnde bedeckt fand,
Weil ſich alles Feiſch in ſeinem Wege verderbet.
Aber nachdem ſein Zorn ſie vertilgt; wird dieſer Gerechte
So viel Gnade vor ihm und ſeinen Augen erlangen,
Daß er das Menſchengeſchlecht nicht ganz im Zorne verderbet,
Sondern in einem Bunde verſpricht
aa), er wolle die Erde
Niemals wieder durch Waſſer zerſtoͤren; der Ocean ſolle
Niemals ſeine Graͤnzen verlaſſen, noch ſtuͤrmiſcher Regen
Wieder die ſuͤndige Welt mit Menſchen und Thieren erſaͤufen.
Fuͤhrt er Wolken uͤber die Erde, ſo wird er darinne
Den dreyfarbichten Bogen ſetzen, daß, wer ihn erblicket,
An
aa) Nach 1 B. Moſ. IX. 12. ꝛc. Und
Gott ſprach: Das iſt das Zeichen
des Bundes, den ich gemacht habe
zwiſchen mir und euch, und allem
lebendigen Thier bey euch hinfort
ewiglich: Meinen Bogen habe ich
geſetzt in die Wolken, der ſoll das
Zeichen ſeyn des Bundes zwiſchen
mir und der Erden. Und wenn es
kommt, daß ich Wolken über die
Erde führe, ſo ſoll man meinen Bo-
gen ſehen in den Wolken. Alsdann
will ich gedenken an meinen Bund
— daß nicht mehr hinfort eine
Sündfluth komme, die alles Fleiſch
verderbe.
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