Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Sich x) Das hornichte Schilf stand unter den andern niedrigen Gewächsen der Er- de, wie ein Wald von Lanzen, oder wie eine Kriegesschaar mit aufgerichteten Spießen. Virgil Aen. III, 22. braucht gleichfalls corneus von etwas, das wie Horn aussieht. Forte fuit juxta tumulus, quo cornea summo Virgulta etc. Hume. y) Milton war bemüht, alles, was
Moses von der Schöpfung geschrieben, in sein Gedicht einzuweben, dieß ist nicht [Spaltenumbruch] aus dem ersten, sondern dem zweyten Ca- pitel des ersten Buchs Mose v. 4. 5. 6. genommen. Zu der Zeit, da Gott der Herr Erde und Himmel machte. Und allerley Bäume auf dem Felde, die zuvor nie gewesen waren, auf Erden, und allerley Kraut auf dem Felde, das zuvor nie gewachsen war. Denn Gott der Herr hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und war kein Mensch, der das Land bäuete, aber ein Nebel gieng auf von der Erde, und feuchtete alles Land.
Sich x) Das hornichte Schilf ſtand unter den andern niedrigen Gewaͤchſen der Er- de, wie ein Wald von Lanzen, oder wie eine Kriegesſchaar mit aufgerichteten Spießen. Virgil Aen. III, 22. braucht gleichfalls corneus von etwas, das wie Horn ausſieht. Forte fuit juxta tumulus, quo cornea ſummo Virgulta etc. Hume. y) Milton war bemuͤht, alles, was
Moſes von der Schoͤpfung geſchrieben, in ſein Gedicht einzuweben, dieß iſt nicht [Spaltenumbruch] aus dem erſten, ſondern dem zweyten Ca- pitel des erſten Buchs Moſe v. 4. 5. 6. genommen. Zu der Zeit, da Gott der Herr Erde und Himmel machte. Und allerley Bäume auf dem Felde, die zuvor nie geweſen waren, auf Erden, und allerley Kraut auf dem Felde, das zuvor nie gewachſen war. Denn Gott der Herr hatte noch nicht regnen laſſen auf Erden, und war kein Menſch, der das Land baͤuete, aber ein Nebel gieng auf von der Erde, und feuchtete alles Land. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="14"> <l><pb facs="#f0034" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi></fw><lb/><note place="left">310</note>Als der Weinſtock bereits, mit purpurnen Trauben belaſtet,</l><lb/> <l>Fortwuchs, und die ſchwellende Gurk’ am Boden dahin kroch.</l><lb/> <l>Wie ein Lanzenwald ſtand das ſchlanke hornichte Schilf <cb/> <note place="foot" n="x)">Das hornichte Schilf ſtand unter<lb/> den andern niedrigen Gewaͤchſen der Er-<lb/> de, wie ein Wald von Lanzen, oder wie<lb/> eine Kriegesſchaar mit aufgerichteten<lb/> Spießen. Virgil Aen. <hi rendition="#aq">III,</hi> 22. braucht<lb/> gleichfalls <hi rendition="#aq">corneus</hi> von etwas, das wie<lb/> Horn ausſieht.<lb/><hi rendition="#aq">Forte fuit juxta tumulus, quo <hi rendition="#i">cornea</hi><lb/><hi rendition="#et">ſummo</hi><lb/> Virgulta etc.</hi> <hi rendition="#fr">Hume.</hi></note> auf,</l><lb/> <l>Und der niedrige Strauch, und der Buſch mit verwickelten Haaren.</l><lb/> <l>Endlich traten, als wie im Tanz, die praͤchtigen Baͤume<lb/><note place="left">315</note>Majeſtaͤtiſch hervor, und ſtreckten die laubichten Aeſte</l><lb/> <l>Weit in die Luft; ſie waren zum Theil mit Fruͤchten beladen,</l><lb/> <l>Oder ſie ſtießen auch Bluͤthen heraus. Mit waldichten Hainen</l><lb/> <l>Wurden die Huͤgel bekroͤnt, und mit Gebuͤſchen die Thaͤler,</l><lb/> <l>Und der Rand des murmelnden Quells, und die Ufer der Fluͤſſe.<lb/><note place="left">320</note>So daß itzo die Erde dem Himmel gleich ſchien, wo Goͤtter</l><lb/> <l>Haͤtten wohnen, und mit Vergnuͤgen in heiligen Schatten</l><lb/> <l>Wandeln koͤnnen, obgleich noch nicht Gott uͤber die Erde</l><lb/> <l>Regnen laſſen <note place="foot" n="y)">Milton war bemuͤht, alles, was<lb/> Moſes von der Schoͤpfung geſchrieben,<lb/> in ſein Gedicht einzuweben, dieß iſt nicht<lb/><cb/> aus dem erſten, ſondern dem zweyten Ca-<lb/> pitel des erſten Buchs Moſe v. 4. 5. 6.<lb/> genommen. <hi rendition="#fr">Zu der Zeit, da Gott der<lb/> Herr Erde und Himmel machte.<lb/> Und allerley Bäume auf dem Felde,<lb/> die zuvor nie geweſen waren, auf<lb/> Erden, und allerley Kraut auf dem<lb/> Felde, das zuvor nie gewachſen war.<lb/> Denn Gott der Herr hatte noch nicht<lb/> regnen laſſen auf Erden, und war<lb/> kein Menſch, der das Land baͤuete,<lb/> aber ein Nebel gieng auf von der<lb/> Erde, und feuchtete alles Land.</hi></note>, und niemand noch war, der die Fluren gebauet.</l><lb/> <l>Doch ein thauender Nebel ſtieg auf von der Erde, der traͤnkte<lb/><note place="left">325</note>Alles Land, die Pflanzen des Feldes, und alle die Kraͤuter,</l><lb/> <l>Welche der Schoͤpfer gemacht, eh in der Erden ihr Samen</l><lb/> <l>Noch vorhanden geweſen, und von dem gruͤnenden <hi rendition="#fr">Stengel</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sich</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [18/0034]
Das verlohrne Paradies.
Als der Weinſtock bereits, mit purpurnen Trauben belaſtet,
Fortwuchs, und die ſchwellende Gurk’ am Boden dahin kroch.
Wie ein Lanzenwald ſtand das ſchlanke hornichte Schilf
x) auf,
Und der niedrige Strauch, und der Buſch mit verwickelten Haaren.
Endlich traten, als wie im Tanz, die praͤchtigen Baͤume
Majeſtaͤtiſch hervor, und ſtreckten die laubichten Aeſte
Weit in die Luft; ſie waren zum Theil mit Fruͤchten beladen,
Oder ſie ſtießen auch Bluͤthen heraus. Mit waldichten Hainen
Wurden die Huͤgel bekroͤnt, und mit Gebuͤſchen die Thaͤler,
Und der Rand des murmelnden Quells, und die Ufer der Fluͤſſe.
So daß itzo die Erde dem Himmel gleich ſchien, wo Goͤtter
Haͤtten wohnen, und mit Vergnuͤgen in heiligen Schatten
Wandeln koͤnnen, obgleich noch nicht Gott uͤber die Erde
Regnen laſſen y), und niemand noch war, der die Fluren gebauet.
Doch ein thauender Nebel ſtieg auf von der Erde, der traͤnkte
Alles Land, die Pflanzen des Feldes, und alle die Kraͤuter,
Welche der Schoͤpfer gemacht, eh in der Erden ihr Samen
Noch vorhanden geweſen, und von dem gruͤnenden Stengel
Sich
x) Das hornichte Schilf ſtand unter
den andern niedrigen Gewaͤchſen der Er-
de, wie ein Wald von Lanzen, oder wie
eine Kriegesſchaar mit aufgerichteten
Spießen. Virgil Aen. III, 22. braucht
gleichfalls corneus von etwas, das wie
Horn ausſieht.
Forte fuit juxta tumulus, quo cornea
ſummo
Virgulta etc. Hume.
y) Milton war bemuͤht, alles, was
Moſes von der Schoͤpfung geſchrieben,
in ſein Gedicht einzuweben, dieß iſt nicht
aus dem erſten, ſondern dem zweyten Ca-
pitel des erſten Buchs Moſe v. 4. 5. 6.
genommen. Zu der Zeit, da Gott der
Herr Erde und Himmel machte.
Und allerley Bäume auf dem Felde,
die zuvor nie geweſen waren, auf
Erden, und allerley Kraut auf dem
Felde, das zuvor nie gewachſen war.
Denn Gott der Herr hatte noch nicht
regnen laſſen auf Erden, und war
kein Menſch, der das Land baͤuete,
aber ein Nebel gieng auf von der
Erde, und feuchtete alles Land.
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