Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. Theogenes. Das will ihnen gerne eröffnen, und wo ich etwas vergessen oder auslassen sollte: wird Herr Modestin so gut seyn es zu ersetzen: Da ich ohnedeme auch nicht gerne alleine das Wort führen will. Modestin. Unser lieber Herr Theogenes ist von solcher Modestie, Bescheidenheit, Complaisence und so unintereßirten Wesen: daß er zweiffels ohne wohl vieles, was zu seinem Vortheil der Tugend dienen möchte, auslassen wird. Theogenes. Der liebe Herr Modestin beschämet mich recht mit seinen Lobreden, welche mir nicht zukommen. Alleine zur Sache selbst zu schreiten. Es fügte sich, daß wir auf einer gewissen Universi- tät studierens halben zusammen kamen; und zwar erstlich in denen Collegiis bekannt wurden, nach- gehends auch an einem Tische zu Kost gingen. Und da unser Herr Professor einigen unter seinen Audito- ribus ins besondere recommendiret hatte, wöchent- lich ein oder zweymahl zusammen zu kommen, uns nach Gefälligkeit über eine oder andere gelehrte Materien zu unterreden; es seye von Philosophi- schen, Medicinischen, Juristischen oder Theologi- schen Sachen, nach der Maaß unsers Begriffs. Und wo Dubia vorkämen, daraus wir uns selbsten nicht helffen oder auswickeln würden können, da wollte er uns behülfflich seyn. Bey dieser Gele- genheit geschahe es, daß wir öffters einige Moral- Discourse
Theogenes. Das will ihnen gerne eroͤffnen, und wo ich etwas vergeſſen oder auslaſſen ſollte: wird Herr Modeſtin ſo gut ſeyn es zu erſetzen: Da ich ohnedeme auch nicht gerne alleine das Wort fuͤhren will. Modeſtin. Unſer lieber Herr Theogenes iſt von ſolcher Modeſtie, Beſcheidenheit, Complaiſence und ſo unintereßirten Weſen: daß er zweiffels ohne wohl vieles, was zu ſeinem Vortheil der Tugend dienen moͤchte, auslaſſen wird. Theogenes. Der liebe Herr Modeſtin beſchaͤmet mich recht mit ſeinen Lobreden, welche mir nicht zukommen. Alleine zur Sache ſelbſt zu ſchreiten. Es fuͤgte ſich, daß wir auf einer gewiſſen Univerſi- taͤt ſtudierens halben zuſammen kamen; und zwar erſtlich in denen Collegiis bekannt wurden, nach- gehends auch an einem Tiſche zu Koſt gingen. Und da unſer Herr Profeſſor einigen unter ſeinen Audito- ribus ins beſondere recommendiret hatte, woͤchent- lich ein oder zweymahl zuſammen zu kommen, uns nach Gefaͤlligkeit uͤber eine oder andere gelehrte Materien zu unterreden; es ſeye von Philoſophi- ſchen, Mediciniſchen, Juriſtiſchen oder Theologi- ſchen Sachen, nach der Maaß unſers Begriffs. Und wo Dubia vorkaͤmen, daraus wir uns ſelbſten nicht helffen oder auswickeln wuͤrden koͤnnen, da wollte er uns behuͤlfflich ſeyn. Bey dieſer Gele- genheit geſchahe es, daß wir oͤffters einige Moral- Diſcourſe
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Theogenes. Das will ihnen gerne eroͤffnen, und
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ohnedeme auch nicht gerne alleine das Wort
fuͤhren will.
Modeſtin. Unſer lieber Herr Theogenes iſt von
ſolcher Modeſtie, Beſcheidenheit, Complaiſence und
ſo unintereßirten Weſen: daß er zweiffels ohne
wohl vieles, was zu ſeinem Vortheil der Tugend
dienen moͤchte, auslaſſen wird.
Theogenes. Der liebe Herr Modeſtin beſchaͤmet
mich recht mit ſeinen Lobreden, welche mir nicht
zukommen. Alleine zur Sache ſelbſt zu ſchreiten.
Es fuͤgte ſich, daß wir auf einer gewiſſen Univerſi-
taͤt ſtudierens halben zuſammen kamen; und zwar
erſtlich in denen Collegiis bekannt wurden, nach-
gehends auch an einem Tiſche zu Koſt gingen. Und
da unſer Herr Profeſſor einigen unter ſeinen Audito-
ribus ins beſondere recommendiret hatte, woͤchent-
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nach Gefaͤlligkeit uͤber eine oder andere gelehrte
Materien zu unterreden; es ſeye von Philoſophi-
ſchen, Mediciniſchen, Juriſtiſchen oder Theologi-
ſchen Sachen, nach der Maaß unſers Begriffs.
Und wo Dubia vorkaͤmen, daraus wir uns ſelbſten
nicht helffen oder auswickeln wuͤrden koͤnnen, da
wollte er uns behuͤlfflich ſeyn. Bey dieſer Gele-
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