Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.zu einer aufrichtigen Freundschafft haben; zumah- len wo es durch die Gnade GOttes, oder besondere Liebe zur Tugend rectificiret, und gleichsam puri- ficiret und exaltiret wird. Da hingegen andere Natureile so unglücklich sind, oder eine so unartige Gemüths-Disposition haben, daß es natürlicher Weise fast unmöglich ist: daß dergleichen Leute einen wahrhafftigen treu-beständigen Freund er- langen und erhalten könten. Modestin. Unter solche ungeschickte Tempera- mente zur vertraulichen Hertzens-Freundschafft sind Zweiffels ohne alle diejenige zu zehlen: welche zu Argwohn, Mißtrauen, Furcht, Hochmuth, heff- tigen nachtragenden Zorn, Geitz und dergleichen Affecten sehr ergeben sind. Welches lauter Ge- gensätze einer wahren Tugend, eines liebreichen, bescheidenen, sanfftmüthigen, gefälligen Wesens sind, als welche Tugenden unumgänglich zur Er- langung und Beybehaltung einer vertraulichen Freundschafft erfodert werden. Nicander. Es ist wahr: daß ein Geitz-Halß, ein murrischer Saturnus, und ein hoffärtiger Eigen- sinniger, sich über andere immer Erhebender, und allzeit vor andern etwas voraushaben Wollender, keine geschickte Subjecta zu einer intimen Freund- schafft seyen: Da die Seele der Freundschafft in einer wechselsweisen Hochachtung, gleicher Liebe und aufrichtigen hertzlichen Vertrauen beruhet. Da-
zu einer aufrichtigen Freundſchafft haben; zumah- len wo es durch die Gnade GOttes, oder beſondere Liebe zur Tugend rectificiret, und gleichſam puri- ficiret und exaltiret wird. Da hingegen andere Natureile ſo ungluͤcklich ſind, oder eine ſo unartige Gemuͤths-Diſpoſition haben, daß es natuͤrlicher Weiſe faſt unmoͤglich iſt: daß dergleichen Leute einen wahrhafftigen treu-beſtaͤndigen Freund er- langen und erhalten koͤnten. Modeſtin. Unter ſolche ungeſchickte Tempera- mente zur vertraulichen Hertzens-Freundſchafft ſind Zweiffels ohne alle diejenige zu zehlen: welche zu Argwohn, Mißtrauen, Furcht, Hochmuth, heff- tigen nachtragenden Zorn, Geitz und dergleichen Affecten ſehr ergeben ſind. Welches lauter Ge- genſaͤtze einer wahren Tugend, eines liebreichen, beſcheidenen, ſanfftmuͤthigen, gefaͤlligen Weſens ſind, als welche Tugenden unumgaͤnglich zur Er- langung und Beybehaltung einer vertraulichen Freundſchafft erfodert werden. Nicander. Es iſt wahr: daß ein Geitz-Halß, ein murriſcher Saturnus, und ein hoffaͤrtiger Eigen- ſinniger, ſich uͤber andere immer Erhebender, und allzeit vor andern etwas voraushaben Wollender, keine geſchickte Subjecta zu einer intimen Freund- ſchafft ſeyen: Da die Seele der Freundſchafft in einer wechſelsweiſen Hochachtung, gleicher Liebe und aufrichtigen hertzlichen Vertrauen beruhet. Da-
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zu einer aufrichtigen Freundſchafft haben; zumah-
len wo es durch die Gnade GOttes, oder beſondere
Liebe zur Tugend rectificiret, und gleichſam puri-
ficiret und exaltiret wird. Da hingegen andere
Natureile ſo ungluͤcklich ſind, oder eine ſo unartige
Gemuͤths-Diſpoſition haben, daß es natuͤrlicher
Weiſe faſt unmoͤglich iſt: daß dergleichen Leute
einen wahrhafftigen treu-beſtaͤndigen Freund er-
langen und erhalten koͤnten.
Modeſtin. Unter ſolche ungeſchickte Tempera-
mente zur vertraulichen Hertzens-Freundſchafft
ſind Zweiffels ohne alle diejenige zu zehlen: welche
zu Argwohn, Mißtrauen, Furcht, Hochmuth, heff-
tigen nachtragenden Zorn, Geitz und dergleichen
Affecten ſehr ergeben ſind. Welches lauter Ge-
genſaͤtze einer wahren Tugend, eines liebreichen,
beſcheidenen, ſanfftmuͤthigen, gefaͤlligen Weſens
ſind, als welche Tugenden unumgaͤnglich zur Er-
langung und Beybehaltung einer vertraulichen
Freundſchafft erfodert werden.
Nicander. Es iſt wahr: daß ein Geitz-Halß,
ein murriſcher Saturnus, und ein hoffaͤrtiger Eigen-
ſinniger, ſich uͤber andere immer Erhebender, und
allzeit vor andern etwas voraushaben Wollender,
keine geſchickte Subjecta zu einer intimen Freund-
ſchafft ſeyen: Da die Seele der Freundſchafft in
einer wechſelsweiſen Hochachtung, gleicher Liebe
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