Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.nem ehrlichen Mann und wahren Christen wenig daran gelegen: ob dergleichen pharisäische Heiligen einen selig preisen oder verdammen. Denn solche vernehmen doch selbst nicht, was des Geistes GOt- tes ist; oder was von ihrer fleischlich-gesinneten Na- tur und ihren Affecten herkommt. Da sie gemei- niglich von Stoltz, bochmüthigen Eigensinn, Ei- gendünckel, Geitz, Neid, Haß u. d. g. eingenom- men, blind, und Leiter der Blinden sind, welche man nur muß fahren lassen. Alamodan. Wo Herr Modestin diese Worte nicht mit solcher bescheidenen Gelassenheit, in unserer Ge- genwart, mit einer so leutseligen Mine vorbrächte; sollte man dencken, er hegete einen Haß gegen das Ehrwürdige Ministerium. Modestin. Lieber Herr Alamodan ich kann ihm auffrichtig versichern, daß ich wieder keinen Men- schen in der Welt, wer er auch seyn mag, den gering- sten Haß oder Feindschafft hege: und daß ich auch rechtschaffene Theologos, sie seyen von welcher Par- tie wollen; wie auch deren Schrifften recht hoch hal- te, als da sind: Taulerus, a Kempis, Rusbroch, Arnd, Arnold, Hoburg, Weigel, du Moulin, Trelincourt, Tillodson, Baxter u. d. gl. mehr. Wenn wir aber unsern ersten Grundsatz von der Lie- be GOttes und des Nächsten, genauer betrachten und appliciren wollen, würde sich zeigen: daß we- nige in allerley Ständen und Partheyen eine Prü- fung aushalten und bestehen dörfften. Und wie der HErr Christus schon zur Zeit seines Wandels auff Erden gesaget: Daß viele von Morgen und von Abend B 4
nem ehrlichen Mann und wahren Chriſten wenig daran gelegen: ob dergleichen phariſaͤiſche Heiligen einen ſelig preiſen oder verdammen. Denn ſolche vernehmen doch ſelbſt nicht, was des Geiſtes GOt- tes iſt; oder was von ihrer fleiſchlich-geſinneten Na- tur und ihren Affecten herkommt. Da ſie gemei- niglich von Stoltz, bochmuͤthigen Eigenſinn, Ei- genduͤnckel, Geitz, Neid, Haß u. d. g. eingenom- men, blind, und Leiter der Blinden ſind, welche man nur muß fahren laſſen. Alamodan. Wo Herr Modeſtin dieſe Worte nicht mit ſolcher beſcheidenen Gelaſſenheit, in unſerer Ge- genwart, mit einer ſo leutſeligen Mine vorbraͤchte; ſollte man dencken, er hegete einen Haß gegen das Ehrwuͤrdige Miniſterium. Modeſtin. Lieber Herr Alamodan ich kann ihm auffrichtig verſichern, daß ich wieder keinen Men- ſchen in der Welt, wer er auch ſeyn mag, den gering- ſten Haß oder Feindſchafft hege: und daß ich auch rechtſchaffene Theologos, ſie ſeyen von welcher Par- tie wollen; wie auch deren Schrifften recht hoch hal- te, als da ſind: Taulerus, à Kempis, Rusbroch, Arnd, Arnold, Hoburg, Weigel, du Moulin, Trelincourt, Tillodſon, Baxter u. d. gl. mehr. Wenn wir aber unſern erſten Grundſatz von der Lie- be GOttes und des Naͤchſten, genauer betrachten und appliciren wollen, wuͤrde ſich zeigen: daß we- nige in allerley Staͤnden und Partheyen eine Pruͤ- fung aushalten und beſtehen doͤrfften. Und wie der HErr Chriſtus ſchon zur Zeit ſeines Wandels auff Erden geſaget: Daß viele von Morgen und von Abend B 4
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vernehmen doch ſelbſt nicht, was des Geiſtes GOt-
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tur und ihren Affecten herkommt. Da ſie gemei-
niglich von Stoltz, bochmuͤthigen Eigenſinn, Ei-
genduͤnckel, Geitz, Neid, Haß u. d. g. eingenom-
men, blind, und Leiter der Blinden ſind, welche
man nur muß fahren laſſen.
Alamodan. Wo Herr Modeſtin dieſe Worte nicht
mit ſolcher beſcheidenen Gelaſſenheit, in unſerer Ge-
genwart, mit einer ſo leutſeligen Mine vorbraͤchte;
ſollte man dencken, er hegete einen Haß gegen das
Ehrwuͤrdige Miniſterium.
Modeſtin. Lieber Herr Alamodan ich kann ihm
auffrichtig verſichern, daß ich wieder keinen Men-
ſchen in der Welt, wer er auch ſeyn mag, den gering-
ſten Haß oder Feindſchafft hege: und daß ich auch
rechtſchaffene Theologos, ſie ſeyen von welcher Par-
tie wollen; wie auch deren Schrifften recht hoch hal-
te, als da ſind: Taulerus, à Kempis, Rusbroch,
Arnd, Arnold, Hoburg, Weigel, du Moulin,
Trelincourt, Tillodſon, Baxter u. d. gl. mehr.
Wenn wir aber unſern erſten Grundſatz von der Lie-
be GOttes und des Naͤchſten, genauer betrachten
und appliciren wollen, wuͤrde ſich zeigen: daß we-
nige in allerley Staͤnden und Partheyen eine Pruͤ-
fung aushalten und beſtehen doͤrfften. Und wie der
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Zitationshilfe: | Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/29>, abgerufen am 16.07.2024. |